von öffentlichen Geldern erhalten werden und sitzen demnach dem gemeinen Wesen zur Last. Ja es kan auch wohl gar ge- schehen, daß einer über dem langwierigen Sitzen seines Lebens überdrüßig wird und endlich einmahl des Verdrusses loß zuwer- den bekennet, was er doch nicht gethan hat. Was ferner die Civil-Sachen be- trifft, so ist der Streit entweder umb Ver- mögen, oder wegen Injurien. Jm ersten Falle wird es demjenigen beschweerlich, wenn er das seine nicht haben kan, so er von dem andern praetendiret, absonder- lich wenn er es selbst brauchet, und öffters dadurch umb sein gantzes zeitliches Glück gebracht wird, wenn er es entbehren muß. Jm andern Falle dauret die Feindschafft so lange, als die injurien-Klage nicht ge- endiget ist, und, da Feinde einander has- sen (§. 778. Mor.), derjenige aber, welcher den andern hasset, bereit ist sich aus sei- nem Unglück zu vergnügen (§. 454. Met.); so entspinnet sich daraus vieles Unheil, we- nigstens wird wehrender Zeit die Gelegen- heit versäumet, da einer dem andern helf- fen könnte. Aus diesen und noch anderen Ursachen, die sich noch in besonderen Fäl- len auf verschiedene Weise ereignen kön- nen, sol die Obrigkeit ihr angelegen seyn lassen alle Proceße, so viel nur immer mög- lich ist zu beschleunigen. Da nun bey den
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der hohen Landes-Obrigkeit.
von oͤffentlichen Geldern erhalten werden und ſitzen demnach dem gemeinen Weſen zur Laſt. Ja es kan auch wohl gar ge- ſchehen, daß einer uͤber dem langwierigen Sitzen ſeines Lebens uͤberdruͤßig wird und endlich einmahl des Verdruſſes loß zuwer- den bekennet, was er doch nicht gethan hat. Was ferner die Civil-Sachen be- trifft, ſo iſt der Streit entweder umb Ver- moͤgen, oder wegen Injurien. Jm erſten Falle wird es demjenigen beſchweerlich, wenn er das ſeine nicht haben kan, ſo er von dem andern prætendiret, abſonder- lich wenn er es ſelbſt brauchet, und oͤffters dadurch umb ſein gantzes zeitliches Gluͤck gebracht wird, wenn er es entbehren muß. Jm andern Falle dauret die Feindſchafft ſo lange, als die injurien-Klage nicht ge- endiget iſt, und, da Feinde einander haſ- ſen (§. 778. Mor.), derjenige aber, welcher den andern haſſet, bereit iſt ſich aus ſei- nem Ungluͤck zu vergnuͤgen (§. 454. Met.); ſo entſpinnet ſich daraus vieles Unheil, we- nigſtens wird wehrender Zeit die Gelegen- heit verſaͤumet, da einer dem andern helf- fen koͤnnte. Aus dieſen und noch anderen Urſachen, die ſich noch in beſonderen Faͤl- len auf verſchiedene Weiſe ereignen koͤn- nen, ſol die Obrigkeit ihr angelegen ſeyn laſſen alle Proceße, ſo viel nur immer moͤg- lich iſt zu beſchleunigen. Da nun bey den
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der hohen Landes-Obrigkeit.
von oͤffentlichen Geldern erhalten werden
und ſitzen demnach dem gemeinen Weſen
zur Laſt. Ja es kan auch wohl gar ge-
ſchehen, daß einer uͤber dem langwierigen
Sitzen ſeines Lebens uͤberdruͤßig wird und
endlich einmahl des Verdruſſes loß zuwer-
den bekennet, was er doch nicht gethan
hat. Was ferner die Civil-Sachen be-
trifft, ſo iſt der Streit entweder umb Ver-
moͤgen, oder wegen Injurien. Jm erſten
Falle wird es demjenigen beſchweerlich,
wenn er das ſeine nicht haben kan, ſo er
von dem andern prætendiret, abſonder-
lich wenn er es ſelbſt brauchet, und oͤffters
dadurch umb ſein gantzes zeitliches Gluͤck
gebracht wird, wenn er es entbehren muß.
Jm andern Falle dauret die Feindſchafft
ſo lange, als die injurien-Klage nicht ge-
endiget iſt, und, da Feinde einander haſ-
ſen (§. 778. Mor.), derjenige aber, welcher
den andern haſſet, bereit iſt ſich aus ſei-
nem Ungluͤck zu vergnuͤgen (§. 454. Met.);
ſo entſpinnet ſich daraus vieles Unheil, we-
nigſtens wird wehrender Zeit die Gelegen-
heit verſaͤumet, da einer dem andern helf-
fen koͤnnte. Aus dieſen und noch anderen
Urſachen, die ſich noch in beſonderen Faͤl-
len auf verſchiedene Weiſe ereignen koͤn-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/549>, abgerufen am 16.02.2025.
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