Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und Gewalt der Obrigkeit
Obrigkeit GOtt erkennen und ihn stets vor
Augen haben. Und demnach lieget de-
nen öffentlichen Lehrern ob die Erkäntnis
Gottes und, was daher rühret, in den öf-
fentlichen Versammlungen fleißig zutrei-
ben (§. 317. 318.) und Obrigkeiten sind ver-
bunden diesem Versammlungen beyzuwoh-
nen. Und weil die Christliche Religion
versichert, daß nach diesem Leben ein an-
deres Leben ist, da ein jeder wird Rechen-
schafft geben müssen von dem, was er in
diesem Leben gethan hat, und darnach em-
pfahen, was seine Thaten werth sind;
auch die höchste Obrigkeit davon nicht
ausgenommen wird; so erkennet man die
Vortreflichkeit der Christlichen Religion
und ist sonderlich in diesem Falle dienlich,
wenn auch Obrigkeiten für sie ein Eiffer
und Ernst beygebracht wird. Es erhellet
zugleich hieraus überhaupt die Nothwen-
digkeit der Religion in solchen Reichen,
wo die Obrigkeit nicht eine unumschränck-
te Gewalt hat: deren Nothwendigkeit im
gemeinen Wesen wir auch schon vorhin
durch andere Gründe erwiesen haben (§.
366.). Weil nun aberder Unterricht von
der Religion und die Ermahnungen sich
derselben gemäß zubezeigen von den öffent-
lichen Lehrern, die Prediger und, in
soweit sie die hohen Landes-Obrigkeit zu
unterrichten und zuermahnen gesetzet sind,

Hoff-

und Gewalt der Obrigkeit
Obrigkeit GOtt erkennen und ihn ſtets vor
Augen haben. Und demnach lieget de-
nen oͤffentlichen Lehrern ob die Erkaͤntnis
Gottes und, was daher ruͤhret, in den oͤf-
fentlichen Verſammlungen fleißig zutrei-
ben (§. 317. 318.) und Obrigkeiten ſind ver-
bunden dieſem Verſammlungen beyzuwoh-
nen. Und weil die Chriſtliche Religion
verſichert, daß nach dieſem Leben ein an-
deres Leben iſt, da ein jeder wird Rechen-
ſchafft geben muͤſſen von dem, was er in
dieſem Leben gethan hat, und darnach em-
pfahen, was ſeine Thaten werth ſind;
auch die hoͤchſte Obrigkeit davon nicht
ausgenommen wird; ſo erkennet man die
Vortreflichkeit der Chriſtlichen Religion
und iſt ſonderlich in dieſem Falle dienlich,
wenn auch Obrigkeiten fuͤr ſie ein Eiffer
und Ernſt beygebracht wird. Es erhellet
zugleich hieraus uͤberhaupt die Nothwen-
digkeit der Religion in ſolchen Reichen,
wo die Obrigkeit nicht eine unumſchraͤnck-
te Gewalt hat: deren Nothwendigkeit im
gemeinen Weſen wir auch ſchon vorhin
durch andere Gruͤnde erwieſen haben (§.
366.). Weil nun aberder Unterricht von
der Religion und die Ermahnungen ſich
derſelben gemaͤß zubezeigen von den oͤffent-
lichen Lehrern, die Prediger und, in
ſoweit ſie die hohen Landes-Obrigkeit zu
unterrichten und zuermahnen geſetzet ſind,

Hoff-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0481" n="463"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Gewalt der Obrigkeit</hi></fw><lb/>
Obrigkeit GOtt erkennen und ihn &#x017F;tets vor<lb/>
Augen haben. Und demnach lieget de-<lb/>
nen o&#x0364;ffentlichen Lehrern ob die Erka&#x0364;ntnis<lb/>
Gottes und, was daher ru&#x0364;hret, in den o&#x0364;f-<lb/>
fentlichen Ver&#x017F;ammlungen fleißig zutrei-<lb/>
ben (§. 317. 318.) und Obrigkeiten &#x017F;ind ver-<lb/>
bunden die&#x017F;em Ver&#x017F;ammlungen beyzuwoh-<lb/>
nen. Und weil die Chri&#x017F;tliche Religion<lb/>
ver&#x017F;ichert, daß nach die&#x017F;em Leben ein an-<lb/>
deres Leben i&#x017F;t, da ein jeder wird Rechen-<lb/>
&#x017F;chafft geben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en von dem, was er in<lb/>
die&#x017F;em Leben gethan hat, und darnach em-<lb/>
pfahen, was &#x017F;eine Thaten werth &#x017F;ind;<lb/>
auch die ho&#x0364;ch&#x017F;te Obrigkeit davon nicht<lb/>
ausgenommen wird; &#x017F;o erkennet man die<lb/>
Vortreflichkeit der Chri&#x017F;tlichen Religion<lb/>
und i&#x017F;t &#x017F;onderlich in die&#x017F;em Falle dienlich,<lb/>
wenn auch Obrigkeiten fu&#x0364;r &#x017F;ie ein Eiffer<lb/>
und Ern&#x017F;t beygebracht wird. Es erhellet<lb/>
zugleich hieraus u&#x0364;berhaupt die Nothwen-<lb/>
digkeit der Religion in &#x017F;olchen Reichen,<lb/>
wo die Obrigkeit nicht eine unum&#x017F;chra&#x0364;nck-<lb/>
te Gewalt hat: deren Nothwendigkeit im<lb/>
gemeinen We&#x017F;en wir auch &#x017F;chon vorhin<lb/>
durch andere Gru&#x0364;nde erwie&#x017F;en haben (§.<lb/>
366.). Weil nun aberder Unterricht von<lb/>
der Religion und die Ermahnungen &#x017F;ich<lb/>
der&#x017F;elben gema&#x0364;ß zubezeigen von den o&#x0364;ffent-<lb/>
lichen Lehrern, die <hi rendition="#fr">Prediger</hi> und, in<lb/>
&#x017F;oweit &#x017F;ie die hohen Landes-Obrigkeit zu<lb/>
unterrichten und zuermahnen ge&#x017F;etzet &#x017F;ind,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Hoff-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[463/0481] und Gewalt der Obrigkeit Obrigkeit GOtt erkennen und ihn ſtets vor Augen haben. Und demnach lieget de- nen oͤffentlichen Lehrern ob die Erkaͤntnis Gottes und, was daher ruͤhret, in den oͤf- fentlichen Verſammlungen fleißig zutrei- ben (§. 317. 318.) und Obrigkeiten ſind ver- bunden dieſem Verſammlungen beyzuwoh- nen. Und weil die Chriſtliche Religion verſichert, daß nach dieſem Leben ein an- deres Leben iſt, da ein jeder wird Rechen- ſchafft geben muͤſſen von dem, was er in dieſem Leben gethan hat, und darnach em- pfahen, was ſeine Thaten werth ſind; auch die hoͤchſte Obrigkeit davon nicht ausgenommen wird; ſo erkennet man die Vortreflichkeit der Chriſtlichen Religion und iſt ſonderlich in dieſem Falle dienlich, wenn auch Obrigkeiten fuͤr ſie ein Eiffer und Ernſt beygebracht wird. Es erhellet zugleich hieraus uͤberhaupt die Nothwen- digkeit der Religion in ſolchen Reichen, wo die Obrigkeit nicht eine unumſchraͤnck- te Gewalt hat: deren Nothwendigkeit im gemeinen Weſen wir auch ſchon vorhin durch andere Gruͤnde erwieſen haben (§. 366.). Weil nun aberder Unterricht von der Religion und die Ermahnungen ſich derſelben gemaͤß zubezeigen von den oͤffent- lichen Lehrern, die Prediger und, in ſoweit ſie die hohen Landes-Obrigkeit zu unterrichten und zuermahnen geſetzet ſind, Hoff-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/481
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/481>, abgerufen am 19.05.2024.