Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und Gewalt der Obrigkeit.
alles thun, was sie vor gut hält, ohne Ein-eines
Staats.

willigung anderer und zwar entweder
überhaupt, oder in einigen Stücken
(§. 436). Derowegen sind hier einige Re-
geln nöthig, darnach sie sich zu achten hat.
Weil sie nun weiter keine Gewalt hat, als
die Sie durch den Vertrag mit den Un-
terthanen erhalten (§. 230), und diesen zu-
halten verbunden ist (§. 232); so ist sie auch
verbunden sich nach denselben Regeln zu-
achten. Und foleher gestalt sind ihr diese
Regeln ein Gesetze (§. 16. Mor.), und
werden dannenhero auch die Grund-Ge-
setze
oder Fundamental-Gesetze eines
Staates
genennet.

§. 439.

Es ist nun zwar die ObrigkeitWie O-
brigkeit
dazu zu
verbin-
den.

von Natur verbunden die Grund-Gesetze ei-
nes Staates zuhalten, wie aus demjeni-
gen erhellet, was wir bereits ausgeführt
(§. 438): allein da Obrigkeit so leicht, als
die Unterthanen, der natürlichen Verbünd-
lichkeit nicht jederzeit Raum geben, und
gleichwohl nöthig ist, daß die Grund-Ge-
setze eines Staates nicht gebrochen wer-
den, woferne die Regierungs-Forme be-
stehen sol; so ist ausser der natürlichen
Verbindlichkeit noch eine andere nöthig,
wo man dergleichen haben kan. Und dem-
nach entstehet hier die Frage, ob es mö-
glich sey die Obrigkeit zuverbinden die
Grund-Gesetze eines Staates zuhalten,

oder

und Gewalt der Obrigkeit.
alles thun, was ſie vor gut haͤlt, ohne Ein-eines
Staats.

willigung anderer und zwar entweder
uͤberhaupt, oder in einigen Stuͤcken
(§. 436). Derowegen ſind hier einige Re-
geln noͤthig, darnach ſie ſich zu achten hat.
Weil ſie nun weiter keine Gewalt hat, als
die Sie durch den Vertrag mit den Un-
terthanen erhalten (§. 230), und dieſen zu-
halten verbunden iſt (§. 232); ſo iſt ſie auch
verbunden ſich nach denſelben Regeln zu-
achten. Und foleher geſtalt ſind ihr dieſe
Regeln ein Geſetze (§. 16. Mor.), und
werden dannenhero auch die Grund-Ge-
ſetze
oder Fundamental-Geſetze eines
Staates
genennet.

§. 439.

Es iſt nun zwar die ObrigkeitWie O-
brigkeit
dazu zu
verbin-
den.

von Natur verbunden die Grund-Geſetze ei-
nes Staates zuhalten, wie aus demjeni-
gen erhellet, was wir bereits ausgefuͤhrt
(§. 438): allein da Obrigkeit ſo leicht, als
die Unterthanen, der natuͤrlichen Verbuͤnd-
lichkeit nicht jederzeit Raum geben, und
gleichwohl noͤthig iſt, daß die Grund-Ge-
ſetze eines Staates nicht gebrochen wer-
den, woferne die Regierungs-Forme be-
ſtehen ſol; ſo iſt auſſer der natuͤrlichen
Verbindlichkeit noch eine andere noͤthig,
wo man dergleichen haben kan. Und dem-
nach entſtehet hier die Frage, ob es moͤ-
glich ſey die Obrigkeit zuverbinden die
Grund-Geſetze eines Staates zuhalten,

oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0479" n="461"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Gewalt der Obrigkeit.</hi></fw><lb/>
alles thun, was &#x017F;ie vor gut ha&#x0364;lt, ohne Ein-<note place="right">eines<lb/>
Staats.</note><lb/>
willigung anderer und zwar entweder<lb/>
u&#x0364;berhaupt, oder in einigen Stu&#x0364;cken<lb/>
(§. 436). Derowegen &#x017F;ind hier einige Re-<lb/>
geln no&#x0364;thig, darnach &#x017F;ie &#x017F;ich zu achten hat.<lb/>
Weil &#x017F;ie nun weiter keine Gewalt hat, als<lb/>
die Sie durch den Vertrag mit den Un-<lb/>
terthanen erhalten (§. 230), und die&#x017F;en zu-<lb/>
halten verbunden i&#x017F;t (§. 232); &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie auch<lb/>
verbunden &#x017F;ich nach den&#x017F;elben Regeln zu-<lb/>
achten. Und foleher ge&#x017F;talt &#x017F;ind ihr die&#x017F;e<lb/>
Regeln ein Ge&#x017F;etze (§. 16. <hi rendition="#aq">Mor.</hi>), und<lb/>
werden dannenhero auch die <hi rendition="#fr">Grund-Ge-<lb/>
&#x017F;etze</hi> oder <hi rendition="#fr">Fundamental-Ge&#x017F;etze eines<lb/>
Staates</hi> genennet.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 439.</head>
              <p>Es i&#x017F;t nun zwar die Obrigkeit<note place="right">Wie O-<lb/>
brigkeit<lb/>
dazu zu<lb/>
verbin-<lb/>
den.</note><lb/>
von Natur verbunden die Grund-Ge&#x017F;etze ei-<lb/>
nes Staates zuhalten, wie aus demjeni-<lb/>
gen erhellet, was wir bereits ausgefu&#x0364;hrt<lb/>
(§. 438): allein da Obrigkeit &#x017F;o leicht, als<lb/>
die Unterthanen, der natu&#x0364;rlichen Verbu&#x0364;nd-<lb/>
lichkeit nicht jederzeit Raum geben, und<lb/>
gleichwohl no&#x0364;thig i&#x017F;t, daß die Grund-Ge-<lb/>
&#x017F;etze eines Staates nicht gebrochen wer-<lb/>
den, woferne die Regierungs-Forme be-<lb/>
&#x017F;tehen &#x017F;ol; &#x017F;o i&#x017F;t au&#x017F;&#x017F;er der natu&#x0364;rlichen<lb/>
Verbindlichkeit noch eine andere no&#x0364;thig,<lb/>
wo man dergleichen haben kan. Und dem-<lb/>
nach ent&#x017F;tehet hier die Frage, ob es mo&#x0364;-<lb/>
glich &#x017F;ey die Obrigkeit zuverbinden die<lb/>
Grund-Ge&#x017F;etze eines Staates zuhalten,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[461/0479] und Gewalt der Obrigkeit. alles thun, was ſie vor gut haͤlt, ohne Ein- willigung anderer und zwar entweder uͤberhaupt, oder in einigen Stuͤcken (§. 436). Derowegen ſind hier einige Re- geln noͤthig, darnach ſie ſich zu achten hat. Weil ſie nun weiter keine Gewalt hat, als die Sie durch den Vertrag mit den Un- terthanen erhalten (§. 230), und dieſen zu- halten verbunden iſt (§. 232); ſo iſt ſie auch verbunden ſich nach denſelben Regeln zu- achten. Und foleher geſtalt ſind ihr dieſe Regeln ein Geſetze (§. 16. Mor.), und werden dannenhero auch die Grund-Ge- ſetze oder Fundamental-Geſetze eines Staates genennet. eines Staats. §. 439.Es iſt nun zwar die Obrigkeit von Natur verbunden die Grund-Geſetze ei- nes Staates zuhalten, wie aus demjeni- gen erhellet, was wir bereits ausgefuͤhrt (§. 438): allein da Obrigkeit ſo leicht, als die Unterthanen, der natuͤrlichen Verbuͤnd- lichkeit nicht jederzeit Raum geben, und gleichwohl noͤthig iſt, daß die Grund-Ge- ſetze eines Staates nicht gebrochen wer- den, woferne die Regierungs-Forme be- ſtehen ſol; ſo iſt auſſer der natuͤrlichen Verbindlichkeit noch eine andere noͤthig, wo man dergleichen haben kan. Und dem- nach entſtehet hier die Frage, ob es moͤ- glich ſey die Obrigkeit zuverbinden die Grund-Geſetze eines Staates zuhalten, oder Wie O- brigkeit dazu zu verbin- den.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/479
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/479>, abgerufen am 19.05.2024.