Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 5. Von der Macht
nen gehöret, durch geschickte Köpffe heraus-
gebracht wäre. Ja es wäre nicht undien-
lich, wenn Leute, die im Nachdencken ge-
übet und von natürlichen Rechten rechten
Verstand haben, die in Gerichte vorkom-
mende Fälle, welche nach den Bürgerli-
chen Rechten entschieden werden müssen,
auch nach den natürlichen auf das genaue-
ste untersuchten: denn dieses würde Gele-
genheit geben die Bürgerlichen Gesetze nach
und nach zuverbessern, weil doch allzeit bey
ihnen die natürliche Billigkeit von den Ge-
setzgebern mit zum Grunde gesetzet werden
muß (§. 402.).



Das 5. Capitel
Von der Macht und Gewalt
der Obrigkeit.
§. 433.
Unter-
thanen
sollen der
Obrig-
keit ge-
horchen.

DEr Obrigkeit lieget ob alle ihre Kräff-
te und ihren Fleiß dahin anzuwen-
den, daß sie zu Beförderung der ge-
meinen Wohlfahrt und Sicherheit diensa-
me Mittel erdencke und zu deren Ausfüh-
rung nöthige Anstalten mache: hingegen
die Unterthanen sind verbunden alles das-
jenige willig zu thun, was sie für gut befin-
det (§. 230. 332). Derowegen hat die O-
brigkeit Freyheit denen Unterthanen zu be-

fehlen

Cap. 5. Von der Macht
nen gehoͤret, durch geſchickte Koͤpffe heraus-
gebracht waͤre. Ja es waͤre nicht undien-
lich, wenn Leute, die im Nachdencken ge-
uͤbet und von natuͤrlichen Rechten rechten
Verſtand haben, die in Gerichte vorkom-
mende Faͤlle, welche nach den Buͤrgerli-
chen Rechten entſchieden werden muͤſſen,
auch nach den natuͤrlichen auf das genaue-
ſte unterſuchten: denn dieſes wuͤrde Gele-
genheit geben die Buͤrgerlichen Geſetze nach
und nach zuverbeſſern, weil doch allzeit bey
ihnen die natuͤrliche Billigkeit von den Ge-
ſetzgebern mit zum Grunde geſetzet werden
muß (§. 402.).



Das 5. Capitel
Von der Macht und Gewalt
der Obrigkeit.
§. 433.
Unter-
thanen
ſollen der
Obrig-
keit ge-
horchen.

DEr Obrigkeit lieget ob alle ihre Kraͤff-
te und ihren Fleiß dahin anzuwen-
den, daß ſie zu Befoͤrderung der ge-
meinen Wohlfahrt und Sicherheit dienſa-
me Mittel erdencke und zu deren Ausfuͤh-
rung noͤthige Anſtalten mache: hingegen
die Unterthanen ſind verbunden alles das-
jenige willig zu thun, was ſie fuͤr gut befin-
det (§. 230. 332). Derowegen hat die O-
brigkeit Freyheit denen Unterthanen zu be-

fehlen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0472" n="454"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 5. Von der Macht</hi></fw><lb/>
nen geho&#x0364;ret, durch ge&#x017F;chickte Ko&#x0364;pffe heraus-<lb/>
gebracht wa&#x0364;re. Ja es wa&#x0364;re nicht undien-<lb/>
lich, wenn Leute, die im Nachdencken ge-<lb/>
u&#x0364;bet und von natu&#x0364;rlichen Rechten rechten<lb/>
Ver&#x017F;tand haben, die in Gerichte vorkom-<lb/>
mende Fa&#x0364;lle, welche nach den Bu&#x0364;rgerli-<lb/>
chen Rechten ent&#x017F;chieden werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
auch nach den natu&#x0364;rlichen auf das genaue-<lb/>
&#x017F;te unter&#x017F;uchten: denn die&#x017F;es wu&#x0364;rde Gele-<lb/>
genheit geben die Bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;etze nach<lb/>
und nach zuverbe&#x017F;&#x017F;ern, weil doch allzeit bey<lb/>
ihnen die natu&#x0364;rliche Billigkeit von den Ge-<lb/>
&#x017F;etzgebern mit zum Grunde ge&#x017F;etzet werden<lb/>
muß (§. 402.).</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr">Das 5. Capitel</hi><lb/> <hi rendition="#b">Von der Macht und Gewalt<lb/>
der Obrigkeit.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 433.</head><lb/>
              <note place="left">Unter-<lb/>
thanen<lb/>
&#x017F;ollen der<lb/>
Obrig-<lb/>
keit ge-<lb/>
horchen.</note>
              <p><hi rendition="#in">D</hi>Er Obrigkeit lieget ob alle ihre Kra&#x0364;ff-<lb/>
te und ihren Fleiß dahin anzuwen-<lb/>
den, daß &#x017F;ie zu Befo&#x0364;rderung der ge-<lb/>
meinen Wohlfahrt und Sicherheit dien&#x017F;a-<lb/>
me Mittel erdencke und zu deren Ausfu&#x0364;h-<lb/>
rung no&#x0364;thige An&#x017F;talten mache: hingegen<lb/>
die Unterthanen &#x017F;ind verbunden alles das-<lb/>
jenige willig zu thun, was &#x017F;ie fu&#x0364;r gut befin-<lb/>
det (§. 230. 332). Derowegen hat die O-<lb/>
brigkeit Freyheit denen Unterthanen zu be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fehlen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[454/0472] Cap. 5. Von der Macht nen gehoͤret, durch geſchickte Koͤpffe heraus- gebracht waͤre. Ja es waͤre nicht undien- lich, wenn Leute, die im Nachdencken ge- uͤbet und von natuͤrlichen Rechten rechten Verſtand haben, die in Gerichte vorkom- mende Faͤlle, welche nach den Buͤrgerli- chen Rechten entſchieden werden muͤſſen, auch nach den natuͤrlichen auf das genaue- ſte unterſuchten: denn dieſes wuͤrde Gele- genheit geben die Buͤrgerlichen Geſetze nach und nach zuverbeſſern, weil doch allzeit bey ihnen die natuͤrliche Billigkeit von den Ge- ſetzgebern mit zum Grunde geſetzet werden muß (§. 402.). Das 5. Capitel Von der Macht und Gewalt der Obrigkeit. §. 433. DEr Obrigkeit lieget ob alle ihre Kraͤff- te und ihren Fleiß dahin anzuwen- den, daß ſie zu Befoͤrderung der ge- meinen Wohlfahrt und Sicherheit dienſa- me Mittel erdencke und zu deren Ausfuͤh- rung noͤthige Anſtalten mache: hingegen die Unterthanen ſind verbunden alles das- jenige willig zu thun, was ſie fuͤr gut befin- det (§. 230. 332). Derowegen hat die O- brigkeit Freyheit denen Unterthanen zu be- fehlen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/472
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/472>, abgerufen am 22.11.2024.