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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 4. Von den bürgerlichen
ses in Bürgerlichen Gesetzen umb soviel
mehr verordnen, weil unterweilen einer
lieber die Gütter, so er ererbet, aus aller-
hand besondern Umbständen behält, als
daß er den Vortheil, welcher aus ihrer
Veräusserung zu erwarten, verlangen sollte.
Man siehet aus diesem und den vorigen Ex-
empeln, daß man bey den Bürgerlichen
Gesetzen öffters nur auf Wahrscheinlichkeit
sehen muß und dannenhero ein grosser Vor-
theil in diesen Stücke zu erwarten stünde,
wenn die Vernunff-Kunst des wahrschein-
lichen in besseren Stand gesetzet würde (§.
402. Met.).

Von Be-
lohnung
der Vor-
münder.
§. 431.

Wenn Unmündige so viel Ver-
mögen haben, dessen Nutzung über die nö-
thigen Auferziehungs-Kosten noch einen U-
berschuß bringet; so ist es der natürlichen
Billigkeit gemäß, daß ihre Mühe belohnet
werde: in andern Fällen haben sie ihr Ambt
umbsonst zu verrichten (§. 155). Allein da
hierbey leicht zu besorgen stehet, daß Vor-
münder sich derer Unmündigen, welche
ihre Mühe nicht belohnen können, nicht
mit solchem Ernst annehmen, als wenn sie
vor ihre Mühe etwas zu hoffen haben, un-
ter dem Vorwande, sie bekämen nichts da-
vor, ein anderer Vormund könnte es wohl
thun, dem würde seine Mühe gnungsam
belohnet: so stehet nichts im Wege, war-
umb die Bürgerlichen Gesetze nicht über-

haupt

Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
ſes in Buͤrgerlichen Geſetzen umb ſoviel
mehr verordnen, weil unterweilen einer
lieber die Guͤtter, ſo er ererbet, aus aller-
hand beſondern Umbſtaͤnden behaͤlt, als
daß er den Vortheil, welcher aus ihrer
Veraͤuſſerung zu erwarten, verlangen ſollte.
Man ſiehet aus dieſem und den vorigen Ex-
empeln, daß man bey den Buͤrgerlichen
Geſetzen oͤffters nur auf Wahrſcheinlichkeit
ſehen muß und dannenhero ein groſſer Vor-
theil in dieſen Stuͤcke zu erwarten ſtuͤnde,
wenn die Vernunff-Kunſt des wahrſchein-
lichen in beſſeren Stand geſetzet wuͤrde (§.
402. Met.).

Von Be-
lohnung
der Vor-
muͤnder.
§. 431.

Wenn Unmuͤndige ſo viel Ver-
moͤgen haben, deſſen Nutzung uͤber die noͤ-
thigen Auferziehungs-Koſten noch einen U-
berſchuß bringet; ſo iſt es der natuͤrlichen
Billigkeit gemaͤß, daß ihre Muͤhe belohnet
werde: in andern Faͤllen haben ſie ihr Ambt
umbſonſt zu verrichten (§. 155). Allein da
hierbey leicht zu beſorgen ſtehet, daß Vor-
muͤnder ſich derer Unmuͤndigen, welche
ihre Muͤhe nicht belohnen koͤnnen, nicht
mit ſolchem Ernſt annehmen, als wenn ſie
vor ihre Muͤhe etwas zu hoffen haben, un-
ter dem Vorwande, ſie bekaͤmen nichts da-
vor, ein anderer Vormund koͤnnte es wohl
thun, dem wuͤrde ſeine Muͤhe gnungſam
belohnet: ſo ſtehet nichts im Wege, war-
umb die Buͤrgerlichen Geſetze nicht uͤber-

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[452/0470] Cap. 4. Von den buͤrgerlichen ſes in Buͤrgerlichen Geſetzen umb ſoviel mehr verordnen, weil unterweilen einer lieber die Guͤtter, ſo er ererbet, aus aller- hand beſondern Umbſtaͤnden behaͤlt, als daß er den Vortheil, welcher aus ihrer Veraͤuſſerung zu erwarten, verlangen ſollte. Man ſiehet aus dieſem und den vorigen Ex- empeln, daß man bey den Buͤrgerlichen Geſetzen oͤffters nur auf Wahrſcheinlichkeit ſehen muß und dannenhero ein groſſer Vor- theil in dieſen Stuͤcke zu erwarten ſtuͤnde, wenn die Vernunff-Kunſt des wahrſchein- lichen in beſſeren Stand geſetzet wuͤrde (§. 402. Met.). §. 431.Wenn Unmuͤndige ſo viel Ver- moͤgen haben, deſſen Nutzung uͤber die noͤ- thigen Auferziehungs-Koſten noch einen U- berſchuß bringet; ſo iſt es der natuͤrlichen Billigkeit gemaͤß, daß ihre Muͤhe belohnet werde: in andern Faͤllen haben ſie ihr Ambt umbſonſt zu verrichten (§. 155). Allein da hierbey leicht zu beſorgen ſtehet, daß Vor- muͤnder ſich derer Unmuͤndigen, welche ihre Muͤhe nicht belohnen koͤnnen, nicht mit ſolchem Ernſt annehmen, als wenn ſie vor ihre Muͤhe etwas zu hoffen haben, un- ter dem Vorwande, ſie bekaͤmen nichts da- vor, ein anderer Vormund koͤnnte es wohl thun, dem wuͤrde ſeine Muͤhe gnungſam belohnet: ſo ſtehet nichts im Wege, war- umb die Buͤrgerlichen Geſetze nicht uͤber- haupt

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/470>, abgerufen am 01.09.2024.