ner die Handschrifft nicht wieder gefordert, oder bekommen, ob er gleich kein Geld be- zahlet bekommen. Da hier viel Fälle vor- kommen können, so wäre dasjenige in acht zunehmen, was wir oben zu besserer Handhabung der Gerechtigkeit angegeben (§. 412). Unterdessen ist auch die- ses zu beobachten, daß, wo man Personen zu Richtern nimmet, welche Sachen zu überlegen und zu untersuchen nicht sehr fä- hig sind, man die Gesetze nicht gar zu sehr nach besondern Umständen einrichten kan: weil es wegen der vielen Umstände, die zubedencken sind, schweer fället zu urthei- len, welches Gesetze sich in einem ereignen- den Falle anbringen lässet. Und bleiben deswegen die Gesetze etwas allgemein, da- mit nicht durch die Richter, indem sie sie anwenden sollen, mehr versehen wird, als durch ihre Allgemeinheit Schaden gesche- hen kan.
Verkauf- fung der Pfande.
§. 426.
Wenn wir an einem Pfande noch Sicherheit genung haben, wir auch das unsrige noch nicht selbst brauchen, und der andere ist zubestimmter Zeit nicht in dem Stande die Zahlung zuthun, so kön- nen wir auf den Verkauf des Pfandes nicht dringen, absonderlich wenn der Schuldner dadurch in Schaden gesetzet würde (§. 951. Mor.). Unterdessen da es in Gerichten zuvielen Weitläufftigkeiten
An-
Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
ner die Handſchrifft nicht wieder gefordert, oder bekommen, ob er gleich kein Geld be- zahlet bekommen. Da hier viel Faͤlle vor- kommen koͤnnen, ſo waͤre dasjenige in acht zunehmen, was wir oben zu beſſerer Handhabung der Gerechtigkeit angegeben (§. 412). Unterdeſſen iſt auch die- ſes zu beobachten, daß, wo man Perſonen zu Richtern nimmet, welche Sachen zu uͤberlegen und zu unterſuchen nicht ſehr faͤ- hig ſind, man die Geſetze nicht gar zu ſehr nach beſondern Umſtaͤnden einrichten kan: weil es wegen der vielen Umſtaͤnde, die zubedencken ſind, ſchweer faͤllet zu urthei- len, welches Geſetze ſich in einem ereignen- den Falle anbringen laͤſſet. Und bleiben deswegen die Geſetze etwas allgemein, da- mit nicht durch die Richter, indem ſie ſie anwenden ſollen, mehr verſehen wird, als durch ihre Allgemeinheit Schaden geſche- hen kan.
Verkauf- fung der Pfande.
§. 426.
Wenn wir an einem Pfande noch Sicherheit genung haben, wir auch das unſrige noch nicht ſelbſt brauchen, und der andere iſt zubeſtimmter Zeit nicht in dem Stande die Zahlung zuthun, ſo koͤn- nen wir auf den Verkauf des Pfandes nicht dringen, abſonderlich wenn der Schuldner dadurch in Schaden geſetzet wuͤrde (§. 951. Mor.). Unterdeſſen da es in Gerichten zuvielen Weitlaͤufftigkeiten
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Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
ner die Handſchrifft nicht wieder gefordert,
oder bekommen, ob er gleich kein Geld be-
zahlet bekommen. Da hier viel Faͤlle vor-
kommen koͤnnen, ſo waͤre dasjenige in
acht zunehmen, was wir oben zu beſſerer
Handhabung der Gerechtigkeit angegeben
(§. 412). Unterdeſſen iſt auch die-
ſes zu beobachten, daß, wo man Perſonen
zu Richtern nimmet, welche Sachen zu
uͤberlegen und zu unterſuchen nicht ſehr faͤ-
hig ſind, man die Geſetze nicht gar zu ſehr
nach beſondern Umſtaͤnden einrichten kan:
weil es wegen der vielen Umſtaͤnde, die
zubedencken ſind, ſchweer faͤllet zu urthei-
len, welches Geſetze ſich in einem ereignen-
den Falle anbringen laͤſſet. Und bleiben
deswegen die Geſetze etwas allgemein, da-
mit nicht durch die Richter, indem ſie ſie
anwenden ſollen, mehr verſehen wird, als
durch ihre Allgemeinheit Schaden geſche-
hen kan.
§. 426.Wenn wir an einem Pfande
noch Sicherheit genung haben, wir auch
das unſrige noch nicht ſelbſt brauchen, und
der andere iſt zubeſtimmter Zeit nicht in
dem Stande die Zahlung zuthun, ſo koͤn-
nen wir auf den Verkauf des Pfandes
nicht dringen, abſonderlich wenn der
Schuldner dadurch in Schaden geſetzet
wuͤrde (§. 951. Mor.). Unterdeſſen da es
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/458>, abgerufen am 23.11.2024.
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