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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 4. Von den bürgerlichen
doch in etwas ein Gnügen leisten müssen.
Was nun bald von einigen Gesetzen ins be-
sondere gesaget werden sol, wird so wohl die-
ses, als das vorhergehende zur Gnüge er-
läutern.

Was
bürgerli-
che Gese-
tze sind
und Ar-
ten der-
selben.
§. 404.

Es sind demnach die Bürger-
lichen Gesetze
nichts anders als Regeln,
nach welchen man im gemeinen Wesen sei-
ne Handlungen einzurichten verbunden
wird. Werden diese Gesetze einem gan-
tzen Lande gegeben; so heissen sie Landes-
Gesetze.
Werden sie nur einer Stadt,
oder einer gewissen Gesellschafft, als z. E.
einer Jnnung von einem gewissen Hand-
wercke, gegeben; so nennet man sie Sta-
tuta
derselben Stadt oder Jnnung.

Wer Ge-
setze ge-
ben kan.
§. 405.

Weil nun im gemeinen Wesen
niemand befehlen kan, als die Obrigkeit
(§. 229); derjenige aber, welcher Gesetze
giebet, anderen befiehlet, was sie thun und
lassen sollen (§. 404); so kan auch niemand
als die Obrigkeit Gesetze geben. Und also
ist kein Bürgerliches Gesetze ohne Obrig-
keit: worinnen es von dem natürlichen un-
terschieden, als welches auch stait finden
würde, wenn gleich kein Ober-Herr wä-
re, der uns zu befehlen hätte (§. 20 Mor.).
Diejenigen nun, welche erkandt haben,
daß das Bürgerliche Gesetze ein Befehl des
Obern ist, dadurch man verbunden wird,
etwas zu thun, oder zu lassen, und die Be-

schaf-

Cap. 4. Von den buͤrgerlichen
doch in etwas ein Gnuͤgen leiſten muͤſſen.
Was nun bald von einigen Geſetzen ins be-
ſondere geſaget werden ſol, wird ſo wohl die-
ſes, als das vorhergehende zur Gnuͤge er-
laͤutern.

Was
buͤrgerli-
che Geſe-
tze ſind
und Ar-
ten der-
ſelben.
§. 404.

Es ſind demnach die Buͤrger-
lichen Geſetze
nichts anders als Regeln,
nach welchen man im gemeinen Weſen ſei-
ne Handlungen einzurichten verbunden
wird. Werden dieſe Geſetze einem gan-
tzen Lande gegeben; ſo heiſſen ſie Landes-
Geſetze.
Werden ſie nur einer Stadt,
oder einer gewiſſen Geſellſchafft, als z. E.
einer Jnnung von einem gewiſſen Hand-
wercke, gegeben; ſo nennet man ſie Sta-
tuta
derſelben Stadt oder Jnnung.

Wer Ge-
ſetze ge-
ben kan.
§. 405.

Weil nun im gemeinen Weſen
niemand befehlen kan, als die Obrigkeit
(§. 229); derjenige aber, welcher Geſetze
giebet, anderen befiehlet, was ſie thun und
laſſen ſollen (§. 404); ſo kan auch niemand
als die Obrigkeit Geſetze geben. Und alſo
iſt kein Buͤrgerliches Geſetze ohne Obrig-
keit: worinnen es von dem natuͤrlichen un-
terſchieden, als welches auch ſtait finden
wuͤrde, wenn gleich kein Ober-Herr waͤ-
re, der uns zu befehlen haͤtte (§. 20 Mor.).
Diejenigen nun, welche erkandt haben,
daß das Buͤrgerliche Geſetze ein Befehl des
Obern iſt, dadurch man verbunden wird,
etwas zu thun, oder zu laſſen, und die Be-

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[414/0432] Cap. 4. Von den buͤrgerlichen doch in etwas ein Gnuͤgen leiſten muͤſſen. Was nun bald von einigen Geſetzen ins be- ſondere geſaget werden ſol, wird ſo wohl die- ſes, als das vorhergehende zur Gnuͤge er- laͤutern. §. 404.Es ſind demnach die Buͤrger- lichen Geſetze nichts anders als Regeln, nach welchen man im gemeinen Weſen ſei- ne Handlungen einzurichten verbunden wird. Werden dieſe Geſetze einem gan- tzen Lande gegeben; ſo heiſſen ſie Landes- Geſetze. Werden ſie nur einer Stadt, oder einer gewiſſen Geſellſchafft, als z. E. einer Jnnung von einem gewiſſen Hand- wercke, gegeben; ſo nennet man ſie Sta- tuta derſelben Stadt oder Jnnung. §. 405.Weil nun im gemeinen Weſen niemand befehlen kan, als die Obrigkeit (§. 229); derjenige aber, welcher Geſetze giebet, anderen befiehlet, was ſie thun und laſſen ſollen (§. 404); ſo kan auch niemand als die Obrigkeit Geſetze geben. Und alſo iſt kein Buͤrgerliches Geſetze ohne Obrig- keit: worinnen es von dem natuͤrlichen un- terſchieden, als welches auch ſtait finden wuͤrde, wenn gleich kein Ober-Herr waͤ- re, der uns zu befehlen haͤtte (§. 20 Mor.). Diejenigen nun, welche erkandt haben, daß das Buͤrgerliche Geſetze ein Befehl des Obern iſt, dadurch man verbunden wird, etwas zu thun, oder zu laſſen, und die Be- ſchaf-

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/432>, abgerufen am 22.11.2024.