Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Gesetzen. einem bürgerlichen Gesetze (§. 17. 18. Mor.).Unterweilen geschiehet es, daß das Gesetze der Natur sich nicht genau beobachten läs- set, weil es dadurch zu vielem Streite und Uneinigkeit würde Anlaß geben, nachdem man im gemeinen Wesen verbunden ist einem jeden, dem Unrecht geschiehet, Recht zu verschaffen (§. 330. 400). Derowegen ist nöthig an stat des natürlichen Gesetzes ein anderes zu geben, dabey zwar unterwei- len einiges Unrecht erduldet, jedoch aber dadurch zugleich mehrerem Unheile vorgebeuget wird. Und daß solches der Vernunfft gemäß geschehe, ist aus denen Gründen abzunehmen, die von der Ab- weichung von den Regeln an einem ande- ren Orte gegeben worden (§. 165. & seqq. Met.). Und also haben wir bürgerliche Gesetze nöthig, die in einigen Fällen von den natürlichen abweichen. Man findet ferner, daß unterweilen die natürlichen Gesetze einerley Handlung nach den gar verschiedenen Fällen, die sich dabey erei- gnen können, auf gantz verschiedene Wei- se determiniren. Wenn nun wiederumb im gemeinen Wesen daher viele unver- meidliche Weitläufftigkeiten aus vorhin angegebenen Ursachen entstehen: so muß man sie entweder überhaupt auf einerley Art determiniren, oder doch auf wenigert Fälle bringen. Und solchergestalt bekom- men
Geſetzen. einem buͤrgerlichen Geſetze (§. 17. 18. Mor.).Unterweilen geſchiehet es, daß das Geſetze der Natur ſich nicht genau beobachten laͤſ- ſet, weil es dadurch zu vielem Streite und Uneinigkeit wuͤrde Anlaß geben, nachdem man im gemeinen Weſen verbunden iſt einem jeden, dem Unrecht geſchiehet, Recht zu verſchaffen (§. 330. 400). Derowegen iſt noͤthig an ſtat des natuͤrlichen Geſetzes ein anderes zu geben, dabey zwar unterwei- len einiges Unrecht erduldet, jedoch aber dadurch zugleich mehrerem Unheile vorgebeuget wird. Und daß ſolches der Vernunfft gemaͤß geſchehe, iſt aus denen Gruͤnden abzunehmen, die von der Ab- weichung von den Regeln an einem ande- ren Orte gegeben worden (§. 165. & ſeqq. Met.). Und alſo haben wir buͤrgerliche Geſetze noͤthig, die in einigen Faͤllen von den natuͤrlichen abweichen. Man findet ferner, daß unterweilen die natuͤrlichen Geſetze einerley Handlung nach den gar verſchiedenen Faͤllen, die ſich dabey erei- gnen koͤnnen, auf gantz verſchiedene Wei- ſe determiniren. Wenn nun wiederumb im gemeinen Weſen daher viele unver- meidliche Weitlaͤufftigkeiten aus vorhin angegebenen Urſachen entſtehen: ſo muß man ſie entweder uͤberhaupt auf einerley Art determiniren, oder doch auf wenigert Faͤlle bringen. Und ſolchergeſtalt bekom- men
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Geſetzen.
einem buͤrgerlichen Geſetze (§. 17. 18. Mor.).
Unterweilen geſchiehet es, daß das Geſetze
der Natur ſich nicht genau beobachten laͤſ-
ſet, weil es dadurch zu vielem Streite und
Uneinigkeit wuͤrde Anlaß geben, nachdem
man im gemeinen Weſen verbunden iſt
einem jeden, dem Unrecht geſchiehet, Recht
zu verſchaffen (§. 330. 400). Derowegen iſt
noͤthig an ſtat des natuͤrlichen Geſetzes ein
anderes zu geben, dabey zwar unterwei-
len einiges Unrecht erduldet, jedoch
aber dadurch zugleich mehrerem Unheile
vorgebeuget wird. Und daß ſolches der
Vernunfft gemaͤß geſchehe, iſt aus denen
Gruͤnden abzunehmen, die von der Ab-
weichung von den Regeln an einem ande-
ren Orte gegeben worden (§. 165. & ſeqq.
Met.). Und alſo haben wir buͤrgerliche
Geſetze noͤthig, die in einigen Faͤllen von
den natuͤrlichen abweichen. Man findet
ferner, daß unterweilen die natuͤrlichen
Geſetze einerley Handlung nach den gar
verſchiedenen Faͤllen, die ſich dabey erei-
gnen koͤnnen, auf gantz verſchiedene Wei-
ſe determiniren. Wenn nun wiederumb
im gemeinen Weſen daher viele unver-
meidliche Weitlaͤufftigkeiten aus vorhin
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man ſie entweder uͤberhaupt auf einerley
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