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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 3. Von' der Einrichtung
wenigsten dergleichen Aufführung vermu-
then, und dannenhero ist es schweerer zuent-
decken, wenn er durch ein Paßquill einen
beleidiget. Wir haben aber gesehen, daß
in diesem Falle eine grössere Straffe nöthig
ist. Nächst diesem gebühret sich auch, daß
diejenigen, welche Ehren-Stellen beklei-
den, sich so aufführen, wie es ihr Ehren-
Stand erfordert und nicht durch wiedrige
Bezeigung hindern, daß Titul und Rang
nicht mehr ein Mittel bleiben, die Ehre ei-
nes jeden, dem sie gebühret, zu defördern,
als worauf man im gemeinen Wesen zuse-
hen hohe Ursache hat (§. 397). Da nun
Paßquille verfertigen sich zu dieser Auffüh-
rung gar nicht schicket; so muß man sie de-
sto nachdrücklicher ahnden, je gefährlicher
sie in diesem Falle sind (§. 343.). Man
kan auch dieses hierbey noch erwegen. Ein
Paßquillante schimpffet mit Vorsatze und
gutem Bedachte; hingegen andere Be-
schimpffungen kommen öffters grösten
Theils aus Ubereilung und Affecten, wo
der Mensch sein selbst nicht recht mächtig
ist (§. 491. Met.).

War-
umb
Selbst-
Rache
nicht zu-
verstat-
ten.
§. 400.

Weil man im gemeinen We-
sen davor sorget, daß niemand beschimpffet
wird und diejenigen, welche es thun, zu ge-
bührender Straffe gezogen werden (§. 398);
so ist nicht nöthig, daß einer, der geschimp-
fet wird, sich selbst Recht schaffet, entweder

daß

Cap. 3. Von’ der Einrichtung
wenigſten dergleichen Auffuͤhrung vermu-
then, und dannenhero iſt es ſchweerer zuent-
decken, wenn er durch ein Paßquill einen
beleidiget. Wir haben aber geſehen, daß
in dieſem Falle eine groͤſſere Straffe noͤthig
iſt. Naͤchſt dieſem gebuͤhret ſich auch, daß
diejenigen, welche Ehren-Stellen beklei-
den, ſich ſo auffuͤhren, wie es ihr Ehren-
Stand erfordert und nicht durch wiedrige
Bezeigung hindern, daß Titul und Rang
nicht mehr ein Mittel bleiben, die Ehre ei-
nes jeden, dem ſie gebuͤhret, zu defoͤrdern,
als worauf man im gemeinen Weſen zuſe-
hen hohe Urſache hat (§. 397). Da nun
Paßquille verfertigen ſich zu dieſer Auffuͤh-
rung gar nicht ſchicket; ſo muß man ſie de-
ſto nachdruͤcklicher ahnden, je gefaͤhrlicher
ſie in dieſem Falle ſind (§. 343.). Man
kan auch dieſes hierbey noch erwegen. Ein
Paßquillante ſchimpffet mit Vorſatze und
gutem Bedachte; hingegen andere Be-
ſchimpffungen kommen oͤffters groͤſten
Theils aus Ubereilung und Affecten, wo
der Menſch ſein ſelbſt nicht recht maͤchtig
iſt (§. 491. Met.).

War-
umb
Selbſt-
Rache
nicht zu-
verſtat-
ten.
§. 400.

Weil man im gemeinen We-
ſen davor ſorget, daß niemand beſchimpffet
wird und diejenigen, welche es thun, zu ge-
buͤhrender Straffe gezogen werden (§. 398);
ſo iſt nicht noͤthig, daß einer, der geſchimp-
fet wird, ſich ſelbſt Recht ſchaffet, entweder

daß
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[404/0422] Cap. 3. Von’ der Einrichtung wenigſten dergleichen Auffuͤhrung vermu- then, und dannenhero iſt es ſchweerer zuent- decken, wenn er durch ein Paßquill einen beleidiget. Wir haben aber geſehen, daß in dieſem Falle eine groͤſſere Straffe noͤthig iſt. Naͤchſt dieſem gebuͤhret ſich auch, daß diejenigen, welche Ehren-Stellen beklei- den, ſich ſo auffuͤhren, wie es ihr Ehren- Stand erfordert und nicht durch wiedrige Bezeigung hindern, daß Titul und Rang nicht mehr ein Mittel bleiben, die Ehre ei- nes jeden, dem ſie gebuͤhret, zu defoͤrdern, als worauf man im gemeinen Weſen zuſe- hen hohe Urſache hat (§. 397). Da nun Paßquille verfertigen ſich zu dieſer Auffuͤh- rung gar nicht ſchicket; ſo muß man ſie de- ſto nachdruͤcklicher ahnden, je gefaͤhrlicher ſie in dieſem Falle ſind (§. 343.). Man kan auch dieſes hierbey noch erwegen. Ein Paßquillante ſchimpffet mit Vorſatze und gutem Bedachte; hingegen andere Be- ſchimpffungen kommen oͤffters groͤſten Theils aus Ubereilung und Affecten, wo der Menſch ſein ſelbſt nicht recht maͤchtig iſt (§. 491. Met.). §. 400.Weil man im gemeinen We- ſen davor ſorget, daß niemand beſchimpffet wird und diejenigen, welche es thun, zu ge- buͤhrender Straffe gezogen werden (§. 398); ſo iſt nicht noͤthig, daß einer, der geſchimp- fet wird, ſich ſelbſt Recht ſchaffet, entweder daß

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/422>, abgerufen am 22.11.2024.