Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 3. Von der Einrichtung gend und des Guten anzusehen hat. Jawenn auch Unverständige sehen, daß Ti- tul und Rang für Geld von solchen erkauf- fet wird, die sie in Vergleichung mit andern derselben nicht fähig achten; so höret bey- des auch auf ein Mittel zu seyn eine Hoch- achtung für wohlverdiente Leute ihnen da- durch beyzubringen. Damit nun diese Hin- dernüße vermieden werden, so muß man Ti- tul und Rang nach den Verdiensten ein- richten. Und hat man hierbey auch den Schaden zu erwegen, der hieraus erwäch- set, wenn man Leuten höhere Titul und Rang giebet, als ihnen gebühret, oder auch wohl höhere, als andere haben, die dem gemeinen Wesen mehr Nutzen schaffen. Denn was ihre eigene Person betrifft, so wollen sie nach diesem, wie es auch die Bil- ligkeit erfordert (§. 458. 492. Mor.), Stand- mäßig leben: da nun aber ihre Einkünffte nicht zu reichen, so machen sie Schulden und betrügen andere, legen sich auf unge- rechten und liederlichen Erwerb, oder brin- gen wenigstens die ihrige in Armuth und Dürfftigkeit, welches man doch gleichwohl zu verhüten sich soll angelegen seyn lassen (§. 397). Haben sie Vermögen, so pflegen sie sich ihres unverdienten Standes zu überhe- ben und suchen es denen vorzuthun, die entweder mit Recht in einem gleichen Stan- de sitzen, oder wohl gar bey ihren Ver- dienst
Cap. 3. Von der Einrichtung gend und des Guten anzuſehen hat. Jawenn auch Unverſtaͤndige ſehen, daß Ti- tul und Rang fuͤr Geld von ſolchen erkauf- fet wird, die ſie in Vergleichung mit andern derſelben nicht faͤhig achten; ſo hoͤret bey- des auch auf ein Mittel zu ſeyn eine Hoch- achtung fuͤr wohlverdiente Leute ihnen da- durch beyzubringen. Damit nun dieſe Hin- dernuͤße vermieden werden, ſo muß man Ti- tul und Rang nach den Verdienſten ein- richten. Und hat man hierbey auch den Schaden zu erwegen, der hieraus erwaͤch- ſet, wenn man Leuten hoͤhere Titul und Rang giebet, als ihnen gebuͤhret, oder auch wohl hoͤhere, als andere haben, die dem gemeinen Weſen mehr Nutzen ſchaffen. Denn was ihre eigene Perſon betrifft, ſo wollen ſie nach dieſem, wie es auch die Bil- ligkeit erfordert (§. 458. 492. Mor.), Stand- maͤßig leben: da nun aber ihre Einkuͤnffte nicht zu reichen, ſo machen ſie Schulden und betruͤgen andere, legen ſich auf unge- rechten und liederlichen Erwerb, oder brin- gen wenigſtens die ihrige in Armuth und Duͤrfftigkeit, welches man doch gleichwohl zu verhuͤten ſich ſoll angelegen ſeyn laſſen (§. 397). Haben ſie Vermoͤgen, ſo pflegen ſie ſich ihres unverdienten Standes zu uͤberhe- ben und ſuchen es denen vorzuthun, die entweder mit Recht in einem gleichen Stan- de ſitzen, oder wohl gar bey ihren Ver- dienſt
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Cap. 3. Von der Einrichtung
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wenn auch Unverſtaͤndige ſehen, daß Ti-
tul und Rang fuͤr Geld von ſolchen erkauf-
fet wird, die ſie in Vergleichung mit andern
derſelben nicht faͤhig achten; ſo hoͤret bey-
des auch auf ein Mittel zu ſeyn eine Hoch-
achtung fuͤr wohlverdiente Leute ihnen da-
durch beyzubringen. Damit nun dieſe Hin-
dernuͤße vermieden werden, ſo muß man Ti-
tul und Rang nach den Verdienſten ein-
richten. Und hat man hierbey auch den
Schaden zu erwegen, der hieraus erwaͤch-
ſet, wenn man Leuten hoͤhere Titul und
Rang giebet, als ihnen gebuͤhret, oder auch
wohl hoͤhere, als andere haben, die dem
gemeinen Weſen mehr Nutzen ſchaffen.
Denn was ihre eigene Perſon betrifft, ſo
wollen ſie nach dieſem, wie es auch die Bil-
ligkeit erfordert (§. 458. 492. Mor.), Stand-
maͤßig leben: da nun aber ihre Einkuͤnffte
nicht zu reichen, ſo machen ſie Schulden
und betruͤgen andere, legen ſich auf unge-
rechten und liederlichen Erwerb, oder brin-
gen wenigſtens die ihrige in Armuth und
Duͤrfftigkeit, welches man doch gleichwohl
zu verhuͤten ſich ſoll angelegen ſeyn laſſen (§.
397). Haben ſie Vermoͤgen, ſo pflegen ſie
ſich ihres unverdienten Standes zu uͤberhe-
ben und ſuchen es denen vorzuthun, die
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