Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Cap. 3. Von der Einrichtung
gemeinen Wesen die gemeine Wohlfahrt
beständig vor Augen haben sol (§. 215);
so hat man auch auf Mittel zu dencken,
wodurch man die Armuth abwendet, und
zum wenigsten dahin zu sehen, daß die An-
zahl der Armen im Lande wenig wird, und
die meisten ihr nöthiges Auskommen ohne
andere zu beschweeren haben können. Man
verfället in Armuth, wenn man das seini-
ge unnöthiger, oder wohl gar liederlicher
Weise verschwendet; wenn man von an-
dern darumb betrogen wird, wenn es ei-
nem mit Unrecht entwendet z. E. gestohlen
wird; wenn man mit zu vielen Gaben be-
schweeret wird; wenn man weniger erwir-
bet, als man zu seinen Ausgaben brau-
chet, entweder ohne seine Schuld, weil
es an Gelegenheit zum Erwerb fehlet, in-
dem man nöthige Arbeit nicht bekommen
kan, oder die Arbeit nicht genung bezahlet
wird, oder auch mit seiner Schuld, weil
man den Müßiggang mehr als die Arbeit
liebet, oder die Arbeit nicht mit gehörigem
Fleiße verfertiget, und was dergleichen
mehr ist. Hieraus erhellet zur Gnüge,
was man zu verordnen hat, wenn man, so
viel möglich, Armuth abwenden wil, und
ist solches auch zum Theil aus andern Ur-
sachen schon vorhin vorgeschrieben worden.
Die Verschwendung wird verhütet, wenn
mann junge Leute, die mit dem Gelde noch

nicht

Cap. 3. Von der Einrichtung
gemeinen Weſen die gemeine Wohlfahrt
beſtaͤndig vor Augen haben ſol (§. 215);
ſo hat man auch auf Mittel zu dencken,
wodurch man die Armuth abwendet, und
zum wenigſten dahin zu ſehen, daß die An-
zahl der Armen im Lande wenig wird, und
die meiſten ihr noͤthiges Auskommen ohne
andere zu beſchweeren haben koͤnnen. Man
verfaͤllet in Armuth, wenn man das ſeini-
ge unnoͤthiger, oder wohl gar liederlicher
Weiſe verſchwendet; wenn man von an-
dern darumb betrogen wird, wenn es ei-
nem mit Unrecht entwendet z. E. geſtohlen
wird; wenn man mit zu vielen Gaben be-
ſchweeret wird; wenn man weniger erwir-
bet, als man zu ſeinen Ausgaben brau-
chet, entweder ohne ſeine Schuld, weil
es an Gelegenheit zum Erwerb fehlet, in-
dem man noͤthige Arbeit nicht bekommen
kan, oder die Arbeit nicht genung bezahlet
wird, oder auch mit ſeiner Schuld, weil
man den Muͤßiggang mehr als die Arbeit
liebet, oder die Arbeit nicht mit gehoͤrigem
Fleiße verfertiget, und was dergleichen
mehr iſt. Hieraus erhellet zur Gnuͤge,
was man zu verordnen hat, wenn man, ſo
viel moͤglich, Armuth abwenden wil, und
iſt ſolches auch zum Theil aus andern Ur-
ſachen ſchon vorhin vorgeſchrieben worden.
Die Verſchwendung wird verhuͤtet, wenn
mann junge Leute, die mit dem Gelde noch

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0412" n="394"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 3. Von der Einrichtung</hi></fw><lb/>
gemeinen We&#x017F;en die gemeine Wohlfahrt<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;ndig vor Augen haben &#x017F;ol (§. 215);<lb/>
&#x017F;o hat man auch auf Mittel zu dencken,<lb/>
wodurch man die Armuth abwendet, und<lb/>
zum wenig&#x017F;ten dahin zu &#x017F;ehen, daß die An-<lb/>
zahl der Armen im Lande wenig wird, und<lb/>
die mei&#x017F;ten ihr no&#x0364;thiges Auskommen ohne<lb/>
andere zu be&#x017F;chweeren haben ko&#x0364;nnen. Man<lb/>
verfa&#x0364;llet in Armuth, wenn man das &#x017F;eini-<lb/>
ge unno&#x0364;thiger, oder wohl gar liederlicher<lb/>
Wei&#x017F;e ver&#x017F;chwendet; wenn man von an-<lb/>
dern darumb betrogen wird, wenn es ei-<lb/>
nem mit Unrecht entwendet z. E. ge&#x017F;tohlen<lb/>
wird; wenn man mit zu vielen Gaben be-<lb/>
&#x017F;chweeret wird; wenn man weniger erwir-<lb/>
bet, als man zu &#x017F;einen Ausgaben brau-<lb/>
chet, entweder ohne &#x017F;eine Schuld, weil<lb/>
es an Gelegenheit zum Erwerb fehlet, in-<lb/>
dem man no&#x0364;thige Arbeit nicht bekommen<lb/>
kan, oder die Arbeit nicht genung bezahlet<lb/>
wird, oder auch mit &#x017F;einer Schuld, weil<lb/>
man den Mu&#x0364;ßiggang mehr als die Arbeit<lb/>
liebet, oder die Arbeit nicht mit geho&#x0364;rigem<lb/>
Fleiße verfertiget, und was dergleichen<lb/>
mehr i&#x017F;t. Hieraus erhellet zur Gnu&#x0364;ge,<lb/>
was man zu verordnen hat, wenn man, &#x017F;o<lb/>
viel mo&#x0364;glich, Armuth abwenden wil, und<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;olches auch zum Theil aus andern Ur-<lb/>
&#x017F;achen &#x017F;chon vorhin vorge&#x017F;chrieben worden.<lb/>
Die Ver&#x017F;chwendung wird verhu&#x0364;tet, wenn<lb/>
mann junge Leute, die mit dem Gelde noch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[394/0412] Cap. 3. Von der Einrichtung gemeinen Weſen die gemeine Wohlfahrt beſtaͤndig vor Augen haben ſol (§. 215); ſo hat man auch auf Mittel zu dencken, wodurch man die Armuth abwendet, und zum wenigſten dahin zu ſehen, daß die An- zahl der Armen im Lande wenig wird, und die meiſten ihr noͤthiges Auskommen ohne andere zu beſchweeren haben koͤnnen. Man verfaͤllet in Armuth, wenn man das ſeini- ge unnoͤthiger, oder wohl gar liederlicher Weiſe verſchwendet; wenn man von an- dern darumb betrogen wird, wenn es ei- nem mit Unrecht entwendet z. E. geſtohlen wird; wenn man mit zu vielen Gaben be- ſchweeret wird; wenn man weniger erwir- bet, als man zu ſeinen Ausgaben brau- chet, entweder ohne ſeine Schuld, weil es an Gelegenheit zum Erwerb fehlet, in- dem man noͤthige Arbeit nicht bekommen kan, oder die Arbeit nicht genung bezahlet wird, oder auch mit ſeiner Schuld, weil man den Muͤßiggang mehr als die Arbeit liebet, oder die Arbeit nicht mit gehoͤrigem Fleiße verfertiget, und was dergleichen mehr iſt. Hieraus erhellet zur Gnuͤge, was man zu verordnen hat, wenn man, ſo viel moͤglich, Armuth abwenden wil, und iſt ſolches auch zum Theil aus andern Ur- ſachen ſchon vorhin vorgeſchrieben worden. Die Verſchwendung wird verhuͤtet, wenn mann junge Leute, die mit dem Gelde noch nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/412
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/412>, abgerufen am 07.05.2024.