Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. 3. Von der Einrichtung
sollten. Und solcher Gestalt hat das ge-
meine Wesen einen dreyfachen Schaden,
nemlich der eine entstehet aus dem unnö-
thigen betteln, der andere aus versäume-
ter Arbeit, und der dritte aus dem lieder-
lichen Leben und daher rührender Ver-
führung anderer. Weil endlich öffters
Kinder theils aus Unachtsamkeit der El-
tern, theils aus Nachläßigkeit, auch wohl
gar aus Muthwillen und Boßheit des
Gesindes in diesem Stücke verwahrloset
werden; so sollten auf solche Verwahrlo-
sung nach Befinden Straffen gesetzet (§.
357.) und mit Ernst darüber gehalten
werden (§. 345.).

Was we-
gen Nah-
rung und
Kleidung
zu besor-
gen.
§. 384.

Da man zur Nothdurfft des
Leibes Speise, Tranck und Kleidung brau-
chet, auch ein jeder verbunden ist, bey Nah-
rung und Kleidung sich nach seinem Stan-
de zu richten (§. 458. 492 Mor.); so hat
man nicht allein zu veranstalten, daß ein
jeder alles dasjenige für einen billichen
Preiß haben kan, was er zu seiner Nah-
rung und Kleidung brauchet, sondern auch
darauf acht zu haben, daß sich niemand
weder in Essen und Trincken, noch in Klei-
dung über seinen Stand erhebe. Jn der
ersten Absicht muß man an einem jeden Or-
te so viel möglich ist, alle Handwercker
und Handthierungen haben, die man zu
standmäßiger Nahrung und Kleidung, auch

ande-

Cap. 3. Von der Einrichtung
ſollten. Und ſolcher Geſtalt hat das ge-
meine Weſen einen dreyfachen Schaden,
nemlich der eine entſtehet aus dem unnoͤ-
thigen betteln, der andere aus verſaͤume-
ter Arbeit, und der dritte aus dem lieder-
lichen Leben und daher ruͤhrender Ver-
fuͤhrung anderer. Weil endlich oͤffters
Kinder theils aus Unachtſamkeit der El-
tern, theils aus Nachlaͤßigkeit, auch wohl
gar aus Muthwillen und Boßheit des
Geſindes in dieſem Stuͤcke verwahrloſet
werden; ſo ſollten auf ſolche Verwahrlo-
ſung nach Befinden Straffen geſetzet (§.
357.) und mit Ernſt daruͤber gehalten
werden (§. 345.).

Was we-
gen Nah-
rung und
Kleidung
zu beſor-
gen.
§. 384.

Da man zur Nothdurfft des
Leibes Speiſe, Tranck und Kleidung brau-
chet, auch ein jeder verbunden iſt, bey Nah-
rung und Kleidung ſich nach ſeinem Stan-
de zu richten (§. 458. 492 Mor.); ſo hat
man nicht allein zu veranſtalten, daß ein
jeder alles dasjenige fuͤr einen billichen
Preiß haben kan, was er zu ſeiner Nah-
rung und Kleidung brauchet, ſondern auch
darauf acht zu haben, daß ſich niemand
weder in Eſſen und Trincken, noch in Klei-
dung uͤber ſeinen Stand erhebe. Jn der
erſten Abſicht muß man an einem jeden Or-
te ſo viel moͤglich iſt, alle Handwercker
und Handthierungen haben, die man zu
ſtandmaͤßiger Nahrung und Kleidung, auch

ande-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0376" n="358"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 3. Von der Einrichtung</hi></fw><lb/>
&#x017F;ollten. Und &#x017F;olcher Ge&#x017F;talt hat das ge-<lb/>
meine We&#x017F;en einen dreyfachen Schaden,<lb/>
nemlich der eine ent&#x017F;tehet aus dem unno&#x0364;-<lb/>
thigen betteln, der andere aus ver&#x017F;a&#x0364;ume-<lb/>
ter Arbeit, und der dritte aus dem lieder-<lb/>
lichen Leben und daher ru&#x0364;hrender Ver-<lb/>
fu&#x0364;hrung anderer. Weil endlich o&#x0364;ffters<lb/>
Kinder theils aus Unacht&#x017F;amkeit der El-<lb/>
tern, theils aus Nachla&#x0364;ßigkeit, auch wohl<lb/>
gar aus Muthwillen und Boßheit des<lb/>
Ge&#x017F;indes in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke verwahrlo&#x017F;et<lb/>
werden; &#x017F;o &#x017F;ollten auf &#x017F;olche Verwahrlo-<lb/>
&#x017F;ung nach Befinden Straffen ge&#x017F;etzet (§.<lb/>
357.) und mit Ern&#x017F;t daru&#x0364;ber gehalten<lb/>
werden (§. 345.).</p><lb/>
              <note place="left">Was we-<lb/>
gen Nah-<lb/>
rung und<lb/>
Kleidung<lb/>
zu be&#x017F;or-<lb/>
gen.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 384.</head>
              <p>Da man zur Nothdurfft des<lb/>
Leibes Spei&#x017F;e, Tranck und Kleidung brau-<lb/>
chet, auch ein jeder verbunden i&#x017F;t, bey Nah-<lb/>
rung und Kleidung &#x017F;ich nach &#x017F;einem Stan-<lb/>
de zu richten (§. 458. 492 <hi rendition="#aq">Mor.</hi>); &#x017F;o hat<lb/>
man nicht allein zu veran&#x017F;talten, daß ein<lb/>
jeder alles dasjenige fu&#x0364;r einen billichen<lb/>
Preiß haben kan, was er zu &#x017F;einer Nah-<lb/>
rung und Kleidung brauchet, &#x017F;ondern auch<lb/>
darauf acht zu haben, daß &#x017F;ich niemand<lb/>
weder in E&#x017F;&#x017F;en und Trincken, noch in Klei-<lb/>
dung u&#x0364;ber &#x017F;einen Stand erhebe. Jn der<lb/>
er&#x017F;ten Ab&#x017F;icht muß man an einem jeden Or-<lb/>
te &#x017F;o viel mo&#x0364;glich i&#x017F;t, alle Handwercker<lb/>
und Handthierungen haben, die man zu<lb/>
&#x017F;tandma&#x0364;ßiger Nahrung und Kleidung, auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ande-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[358/0376] Cap. 3. Von der Einrichtung ſollten. Und ſolcher Geſtalt hat das ge- meine Weſen einen dreyfachen Schaden, nemlich der eine entſtehet aus dem unnoͤ- thigen betteln, der andere aus verſaͤume- ter Arbeit, und der dritte aus dem lieder- lichen Leben und daher ruͤhrender Ver- fuͤhrung anderer. Weil endlich oͤffters Kinder theils aus Unachtſamkeit der El- tern, theils aus Nachlaͤßigkeit, auch wohl gar aus Muthwillen und Boßheit des Geſindes in dieſem Stuͤcke verwahrloſet werden; ſo ſollten auf ſolche Verwahrlo- ſung nach Befinden Straffen geſetzet (§. 357.) und mit Ernſt daruͤber gehalten werden (§. 345.). §. 384.Da man zur Nothdurfft des Leibes Speiſe, Tranck und Kleidung brau- chet, auch ein jeder verbunden iſt, bey Nah- rung und Kleidung ſich nach ſeinem Stan- de zu richten (§. 458. 492 Mor.); ſo hat man nicht allein zu veranſtalten, daß ein jeder alles dasjenige fuͤr einen billichen Preiß haben kan, was er zu ſeiner Nah- rung und Kleidung brauchet, ſondern auch darauf acht zu haben, daß ſich niemand weder in Eſſen und Trincken, noch in Klei- dung uͤber ſeinen Stand erhebe. Jn der erſten Abſicht muß man an einem jeden Or- te ſo viel moͤglich iſt, alle Handwercker und Handthierungen haben, die man zu ſtandmaͤßiger Nahrung und Kleidung, auch ande-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/376
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/376>, abgerufen am 01.09.2024.