Weil nun Straffen deßwegenWorauf man in Einrich- tung der Straffen zu sehen. gesetzet werden, damit man Beleidigungen und Schaden abwenden mag (§. 342); so hat man die Grösse der Straffe nach der Grösse der Beleidigungen und des Scha- dens einzurichten. Auch muß man zuse- hen, daß die Straffen grösser sind, wenn viele eine Ubelthat begehen, und sie also sehr gemein wird, massen man in solchem Falle erkennet, daß eine geringere Strafe nicht hinlänglich ist, die Verbrecher von ih- rer Boßheit abzuhalten. Jngleichen muß die Straffe grösser seyn, wenn der Frevel an solchem Orte ausgeübet wird, wo man ihm weniger wiederstehen kan, massen in diesem Falle nichts übrig ist, wodurch man der Boßheit steuren kan als die Härte der Straffe. Endlich hat man auch nicht zu vergessen, ob einer etwas mit grossem Vorsatze gethan oder nicht: denn wo viel Vorsatz ist, da ist mehr Boßheit und, die vorsätzlich böses thun, sind gefährlicher als andere, die noch durch die Furcht von vielem zurücke gehalten werden, welches die andern zu vollbringen kein Bedencken tragen.
§. 344.
Damit dieses alles desto besserEs wird durch E- rempel erläutert möge verstanden werden, so wird es nicht undienlich seyn, solches mit Exempeln zu erläutern. Z. E. Ermorden ist grösser Verbrechen als einen bestehlen: derowe-
gen
des gemeinen Weſens.
§. 343.
Weil nun Straffen deßwegenWorauf man in Einrich- tung der Straffen zu ſehen. geſetzet werden, damit man Beleidigungen und Schaden abwenden mag (§. 342); ſo hat man die Groͤſſe der Straffe nach der Groͤſſe der Beleidigungen und des Scha- dens einzurichten. Auch muß man zuſe- hen, daß die Straffen groͤſſer ſind, wenn viele eine Ubelthat begehen, und ſie alſo ſehr gemein wird, maſſen man in ſolchem Falle erkennet, daß eine geringere Strafe nicht hinlaͤnglich iſt, die Verbrecher von ih- rer Boßheit abzuhalten. Jngleichen muß die Straffe groͤſſer ſeyn, wenn der Frevel an ſolchem Orte ausgeuͤbet wird, wo man ihm weniger wiederſtehen kan, maſſen in dieſem Falle nichts uͤbrig iſt, wodurch man der Boßheit ſteuren kan als die Haͤrte der Straffe. Endlich hat man auch nicht zu vergeſſen, ob einer etwas mit groſſem Vorſatze gethan oder nicht: denn wo viel Vorſatz iſt, da iſt mehr Boßheit und, die vorſaͤtzlich boͤſes thun, ſind gefaͤhrlicher als andere, die noch durch die Furcht von vielem zuruͤcke gehalten werden, welches die andern zu vollbringen kein Bedencken tragen.
§. 344.
Damit dieſes alles deſto beſſerEs wird durch E- rempel erlaͤutert moͤge verſtanden werden, ſo wird es nicht undienlich ſeyn, ſolches mit Exempeln zu erlaͤutern. Z. E. Ermorden iſt groͤſſer Verbrechen als einen beſtehlen: derowe-
gen
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des gemeinen Weſens.
§. 343.Weil nun Straffen deßwegen
geſetzet werden, damit man Beleidigungen
und Schaden abwenden mag (§. 342); ſo
hat man die Groͤſſe der Straffe nach der
Groͤſſe der Beleidigungen und des Scha-
dens einzurichten. Auch muß man zuſe-
hen, daß die Straffen groͤſſer ſind, wenn
viele eine Ubelthat begehen, und ſie alſo
ſehr gemein wird, maſſen man in ſolchem
Falle erkennet, daß eine geringere Strafe
nicht hinlaͤnglich iſt, die Verbrecher von ih-
rer Boßheit abzuhalten. Jngleichen muß die
Straffe groͤſſer ſeyn, wenn der Frevel an
ſolchem Orte ausgeuͤbet wird, wo man
ihm weniger wiederſtehen kan, maſſen in
dieſem Falle nichts uͤbrig iſt, wodurch man
der Boßheit ſteuren kan als die Haͤrte der
Straffe. Endlich hat man auch nicht zu
vergeſſen, ob einer etwas mit groſſem
Vorſatze gethan oder nicht: denn wo viel
Vorſatz iſt, da iſt mehr Boßheit und, die
vorſaͤtzlich boͤſes thun, ſind gefaͤhrlicher
als andere, die noch durch die Furcht von
vielem zuruͤcke gehalten werden, welches
die andern zu vollbringen kein Bedencken
tragen.
Worauf
man in
Einrich-
tung der
Straffen
zu ſehen.
§. 344.Damit dieſes alles deſto beſſer
moͤge verſtanden werden, ſo wird es nicht
undienlich ſeyn, ſolches mit Exempeln zu
erlaͤutern. Z. E. Ermorden iſt groͤſſer
Verbrechen als einen beſtehlen: derowe-
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Es wird
durch E-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/301>, abgerufen am 25.11.2024.
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