Wandel schaffen: welches hier weitläuff- tiger auszuführen unnöthig ist.
Erinne- rung.
§. 327.
Wer alles dasjenige reiflich er- weget, was von den Kirchen, Feyertagen und zu dem Gottesdienste erforderten Ce- remonien gesaget worden, der wird mei- nes Erachtens nicht allein in dem Stande seyn von allem guten Grund anzuzeigen, was an sich nützlich und löblich ist, wenn man es mit rechten Augen ansiehet; son- dern er wird auch daraus urtheilen können, wie weit verschiedene Völcker in diesem Stücke dem Gesetze der Natur ein Gnü- gen thun, und welche hierinnen einen Vor- zug für andern haben. Jch sage aber nicht ohne Ursache, man müsse alles reif- lich überlegen: Denn wer zu geschwinde urtheilet, der übersiehet gemeiniglich, was zu der Sache am dienlichsten ist. Uberei- lung hindert allezeit Erkäntniß der Wahr- heit.
Nutzen der Co- mödien und Tra- gödien/ und wie sie anzu- ordnen.
§. 328.
Es ist zur Gnüge ausgeführet worden, was lebhaffte Exempel, so wohl in Erregung der Begierde zum Guten und in Dämpffung der wiedrigen zum Bösen (§. 167 Mor.), als auch in Besserung des Willens (§. 373 Mor.) und Behauptung der Herrschafft über die Sinnen, Einbil- dungs-Krafft und Affecten (§. 188 Mor.); absonderlich auch in Erlangung der Weiß- heit (§. 321. 323 Mor.) und Klugheit (§.
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Cap. 3. Von der Einrichtung
Wandel ſchaffen: welches hier weitlaͤuff- tiger auszufuͤhren unnoͤthig iſt.
Erinne- rung.
§. 327.
Wer alles dasjenige reiflich er- weget, was von den Kirchen, Feyertagen und zu dem Gottesdienſte erforderten Ce- remonien geſaget worden, der wird mei- nes Erachtens nicht allein in dem Stande ſeyn von allem guten Grund anzuzeigen, was an ſich nuͤtzlich und loͤblich iſt, wenn man es mit rechten Augen anſiehet; ſon- dern er wird auch daraus urtheilen koͤnnen, wie weit verſchiedene Voͤlcker in dieſem Stuͤcke dem Geſetze der Natur ein Gnuͤ- gen thun, und welche hierinnen einen Vor- zug fuͤr andern haben. Jch ſage aber nicht ohne Urſache, man muͤſſe alles reif- lich uͤberlegen: Denn wer zu geſchwinde urtheilet, der uͤberſiehet gemeiniglich, was zu der Sache am dienlichſten iſt. Uberei- lung hindert allezeit Erkaͤntniß der Wahr- heit.
Nutzen der Co- moͤdien und Tra- goͤdien/ und wie ſie anzu- ordnen.
§. 328.
Es iſt zur Gnuͤge ausgefuͤhret worden, was lebhaffte Exempel, ſo wohl in Erregung der Begierde zum Guten und in Daͤmpffung der wiedrigen zum Boͤſen (§. 167 Mor.), als auch in Beſſerung des Willens (§. 373 Mor.) und Behauptung der Herrſchafft uͤber die Sinnen, Einbil- dungs-Krafft und Affecten (§. 188 Mor.); abſonderlich auch in Erlangung der Weiß- heit (§. 321. 323 Mor.) und Klugheit (§.
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Cap. 3. Von der Einrichtung
Wandel ſchaffen: welches hier weitlaͤuff-
tiger auszufuͤhren unnoͤthig iſt.
§. 327.Wer alles dasjenige reiflich er-
weget, was von den Kirchen, Feyertagen
und zu dem Gottesdienſte erforderten Ce-
remonien geſaget worden, der wird mei-
nes Erachtens nicht allein in dem Stande
ſeyn von allem guten Grund anzuzeigen,
was an ſich nuͤtzlich und loͤblich iſt, wenn
man es mit rechten Augen anſiehet; ſon-
dern er wird auch daraus urtheilen koͤnnen,
wie weit verſchiedene Voͤlcker in dieſem
Stuͤcke dem Geſetze der Natur ein Gnuͤ-
gen thun, und welche hierinnen einen Vor-
zug fuͤr andern haben. Jch ſage aber
nicht ohne Urſache, man muͤſſe alles reif-
lich uͤberlegen: Denn wer zu geſchwinde
urtheilet, der uͤberſiehet gemeiniglich, was
zu der Sache am dienlichſten iſt. Uberei-
lung hindert allezeit Erkaͤntniß der Wahr-
heit.
§. 328.Es iſt zur Gnuͤge ausgefuͤhret
worden, was lebhaffte Exempel, ſo wohl
in Erregung der Begierde zum Guten und
in Daͤmpffung der wiedrigen zum Boͤſen
(§. 167 Mor.), als auch in Beſſerung des
Willens (§. 373 Mor.) und Behauptung
der Herrſchafft uͤber die Sinnen, Einbil-
dungs-Krafft und Affecten (§. 188 Mor.);
abſonderlich auch in Erlangung der Weiß-
heit (§. 321. 323 Mor.) und Klugheit (§.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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