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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Cap. 3. Von der Einrichtung
weit abkommet, und seinen guten Vorsatz
vergiesset. Denn man muß öffters thun,
was man gewohnen, und darinnen man
zu einer Fertigkeit kommen sol (§. 525
Met.).

Wie es
mit An-
ordnung
der Cere-
monten
bey dem
Gottes-
dienste zu
halten.
§. 325.

Weil allezeit der Anfang un-
serer Gedancken von einer Empfindung ge-
schiehet (§. 846 Met.), wodurch wir her-
nach vermöge der Einbildungs-Krafft und
und der Vernunfft-Schlüsse auf andere
Gedancken gebracht werden (§. 847 Met.),
dergleichen Zeichen aber, dadurch wir der
bey dem innerlichen und äusserlichen Got-
tesdienste nöthigen Handlungen erinnert
werden, Ceremonien sind (§. 176 Mor.);
so hat man im gemeinen Wesen auch für
die verschiedene Feyertage verschiedene Ce-
remonien bey dem Gottesdienste anzuord-
nen (§. 178 Mer.). Es ist aber sehr dien-
lich, daß die Ceremonien sich in die Sin-
nen tief einprägen, damit sie einen von ei-
nem Feyertage bis zu dem andern stets im
Sinne liegen, nicht anders als wenn sie
beständig gegenwärtig wären. Damit
nun aber dadurch das vorgesetzte Ziel er-
reichet werde, so hat man diese Ceremo-
nien und ihre Bedeutung fleißig zu über-
legen. Und gehöret auch die Erwegung
der Ceremonien mit zu der Feyer der Fest-
tage. Man siehet aber leicht, daß, wenn
man diese Ceremonien anordnen wil, man

für

Cap. 3. Von der Einrichtung
weit abkommet, und ſeinen guten Vorſatz
vergieſſet. Denn man muß oͤffters thun,
was man gewohnen, und darinnen man
zu einer Fertigkeit kommen ſol (§. 525
Met.).

Wie es
mit An-
ordnung
der Cere-
monten
bey dem
Gottes-
dienſte zu
halten.
§. 325.

Weil allezeit der Anfang un-
ſerer Gedancken von einer Empfindung ge-
ſchiehet (§. 846 Met.), wodurch wir her-
nach vermoͤge der Einbildungs-Krafft und
und der Vernunfft-Schluͤſſe auf andere
Gedancken gebracht werden (§. 847 Met.),
dergleichen Zeichen aber, dadurch wir der
bey dem innerlichen und aͤuſſerlichen Got-
tesdienſte noͤthigen Handlungen erinnert
werden, Ceremonien ſind (§. 176 Mor.);
ſo hat man im gemeinen Weſen auch fuͤr
die verſchiedene Feyertage verſchiedene Ce-
remonien bey dem Gottesdienſte anzuord-
nen (§. 178 Mer.). Es iſt aber ſehr dien-
lich, daß die Ceremonien ſich in die Sin-
nen tief einpraͤgen, damit ſie einen von ei-
nem Feyertage bis zu dem andern ſtets im
Sinne liegen, nicht anders als wenn ſie
beſtaͤndig gegenwaͤrtig waͤren. Damit
nun aber dadurch das vorgeſetzte Ziel er-
reichet werde, ſo hat man dieſe Ceremo-
nien und ihre Bedeutung fleißig zu uͤber-
legen. Und gehoͤret auch die Erwegung
der Ceremonien mit zu der Feyer der Feſt-
tage. Man ſiehet aber leicht, daß, wenn
man dieſe Ceremonien anordnen wil, man

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[266/0284] Cap. 3. Von der Einrichtung weit abkommet, und ſeinen guten Vorſatz vergieſſet. Denn man muß oͤffters thun, was man gewohnen, und darinnen man zu einer Fertigkeit kommen ſol (§. 525 Met.). §. 325.Weil allezeit der Anfang un- ſerer Gedancken von einer Empfindung ge- ſchiehet (§. 846 Met.), wodurch wir her- nach vermoͤge der Einbildungs-Krafft und und der Vernunfft-Schluͤſſe auf andere Gedancken gebracht werden (§. 847 Met.), dergleichen Zeichen aber, dadurch wir der bey dem innerlichen und aͤuſſerlichen Got- tesdienſte noͤthigen Handlungen erinnert werden, Ceremonien ſind (§. 176 Mor.); ſo hat man im gemeinen Weſen auch fuͤr die verſchiedene Feyertage verſchiedene Ce- remonien bey dem Gottesdienſte anzuord- nen (§. 178 Mer.). Es iſt aber ſehr dien- lich, daß die Ceremonien ſich in die Sin- nen tief einpraͤgen, damit ſie einen von ei- nem Feyertage bis zu dem andern ſtets im Sinne liegen, nicht anders als wenn ſie beſtaͤndig gegenwaͤrtig waͤren. Damit nun aber dadurch das vorgeſetzte Ziel er- reichet werde, ſo hat man dieſe Ceremo- nien und ihre Bedeutung fleißig zu uͤber- legen. Und gehoͤret auch die Erwegung der Ceremonien mit zu der Feyer der Feſt- tage. Man ſiehet aber leicht, daß, wenn man dieſe Ceremonien anordnen wil, man fuͤr

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/284>, abgerufen am 07.05.2024.