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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Arten des gemeinen Wesens.
§. 230.

Es ist demnach zwischen derVertrag
zwischen
der O-
brigkeit
und den
Unter-
thanen.

Obrigkeit und den Unterhanen ein Ver-
trag (§. 1008. Mor), nemlich die Obrig-
keit verspricht alle ihre Kräffte und ihren
Fleiß dahin anzuwenden, daß sie zu Be-
förderung der gemeinen Wohlfahrt und
Sicherheit diensame Mittel erdencke, und
zu deren Ausführung nöthige Anstalten
mache: hingegen die Unterthanen verspre-
chen dargegen, daß sie willig seyn wollen
alles dasjenige zuthun, was sie für gut be-
finden wird.

§. 231.

Da ein jeder Vertrag recht-Daß er
rechtmäs-
sig sey.

mäßig ist, wenn von beyden Partheyen
nichts versprochen wird, als was dem Ge-
setze der Natur gemäß ist (§. 1010. Mor.);
so siehet man auch, daß der Vertrag zwi-
schen der Obrigkeit und den Unterthanen
rechtmäßig ist, indem er bloß dahin gehet
daß die Beobachtung des Gesetzes der Na-
tur befördert und durch wiederspenstige
nicht gehindert werde (§. 229. 230.).

§. 232.

Weil wir nun verbunden sinddaß ihn
Obrig-
keit und
Unter-
thanen
halten
sollen.

einen jeden rechtmäßigen Vergleich zuhal-
ten (§. 1012. Mor.); so ist auch so wohl die
Obrigkeit, als der Unterthan schuldig, den
zwischen ihnen aufgerichteten Vertrag zu
halten (§. 230), und also muß die Obrig-
keit ihr die Sorge für die gemeine Wohl-
fahrt und Sicherheit angelegen seyn las-
len, hingegen der Unterthan bereit und wil-

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Arten des gemeinen Weſens.
§. 230.

Es iſt demnach zwiſchen derVertrag
zwiſchen
der O-
brigkeit
und den
Unter-
thanen.

Obrigkeit und den Unterhanen ein Ver-
trag (§. 1008. Mor), nemlich die Obrig-
keit verſpricht alle ihre Kraͤffte und ihren
Fleiß dahin anzuwenden, daß ſie zu Be-
foͤrderung der gemeinen Wohlfahrt und
Sicherheit dienſame Mittel erdencke, und
zu deren Ausfuͤhrung noͤthige Anſtalten
mache: hingegen die Unterthanen verſpre-
chen dargegen, daß ſie willig ſeyn wollen
alles dasjenige zuthun, was ſie fuͤr gut be-
finden wird.

§. 231.

Da ein jeder Vertrag recht-Daß er
rechtmaͤſ-
ſig ſey.

maͤßig iſt, wenn von beyden Partheyen
nichts verſprochen wird, als was dem Ge-
ſetze der Natur gemaͤß iſt (§. 1010. Mor.);
ſo ſiehet man auch, daß der Vertrag zwi-
ſchen der Obrigkeit und den Unterthanen
rechtmaͤßig iſt, indem er bloß dahin gehet
daß die Beobachtung des Geſetzes der Na-
tur befoͤrdert und durch wiederſpenſtige
nicht gehindert werde (§. 229. 230.).

§. 232.

Weil wir nun verbunden ſinddaß ihn
Obrig-
keit und
Unter-
thanen
halten
ſollen.

einen jeden rechtmaͤßigen Vergleich zuhal-
ten (§. 1012. Mor.); ſo iſt auch ſo wohl die
Obrigkeit, als der Unterthan ſchuldig, den
zwiſchen ihnen aufgerichteten Vertrag zu
halten (§. 230), und alſo muß die Obrig-
keit ihr die Sorge fuͤr die gemeine Wohl-
fahrt und Sicherheit angelegen ſeyn laſ-
len, hingegen der Unterthan bereit und wil-

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[169/0187] Arten des gemeinen Weſens. §. 230.Es iſt demnach zwiſchen der Obrigkeit und den Unterhanen ein Ver- trag (§. 1008. Mor), nemlich die Obrig- keit verſpricht alle ihre Kraͤffte und ihren Fleiß dahin anzuwenden, daß ſie zu Be- foͤrderung der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit dienſame Mittel erdencke, und zu deren Ausfuͤhrung noͤthige Anſtalten mache: hingegen die Unterthanen verſpre- chen dargegen, daß ſie willig ſeyn wollen alles dasjenige zuthun, was ſie fuͤr gut be- finden wird. Vertrag zwiſchen der O- brigkeit und den Unter- thanen. §. 231.Da ein jeder Vertrag recht- maͤßig iſt, wenn von beyden Partheyen nichts verſprochen wird, als was dem Ge- ſetze der Natur gemaͤß iſt (§. 1010. Mor.); ſo ſiehet man auch, daß der Vertrag zwi- ſchen der Obrigkeit und den Unterthanen rechtmaͤßig iſt, indem er bloß dahin gehet daß die Beobachtung des Geſetzes der Na- tur befoͤrdert und durch wiederſpenſtige nicht gehindert werde (§. 229. 230.). Daß er rechtmaͤſ- ſig ſey. §. 232.Weil wir nun verbunden ſind einen jeden rechtmaͤßigen Vergleich zuhal- ten (§. 1012. Mor.); ſo iſt auch ſo wohl die Obrigkeit, als der Unterthan ſchuldig, den zwiſchen ihnen aufgerichteten Vertrag zu halten (§. 230), und alſo muß die Obrig- keit ihr die Sorge fuͤr die gemeine Wohl- fahrt und Sicherheit angelegen ſeyn laſ- len, hingegen der Unterthan bereit und wil- lig daß ihn Obrig- keit und Unter- thanen halten ſollen. L 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/187>, abgerufen am 21.11.2024.