verschaffen können, derer sie fähig sind (§. 210), noch auch des ihrigen, ja ihres Lei- bes und Lebens gesichert seyn (§. 212), fol- gends das höchste Gut, darnach sie zu stre- ben verbunden sind (§. 45 Mor.), nicht zu erlangen vermögen (§. 44 Mor.): so ist nö- thig, daß so viele sich zusammen begeben und mit vereinigten Kräfften ihr Bestes be- fördern, biß sie in dem Stande sind sich alle Bequemlichkeiten des Lebens zu ver- schaffen, der natürlichen Verbindlichkeit gemäß von einer Vollkommenheit zu der andern ungehindert fortzuschreiten und sich wieder alle Beleidigungen sattsam zu ver- theidigen. Wenn dieses geschiehet, so be- geben sie sich in eine Gesellschafft (§. 2), und der ungehinderte Fortgang in Beför- derung des gemeinen Bestens, das sie durch vereinigte Kräffte erhalten können, ist die Wohlfährt dieser Gesellschafft (§. 3). Die- se Gesellschafft pfleget man das gemeine Wesen zu nennen.
§. 214.
Cs ist demnach das gemeineWas das gemeint Wesen ist und dese sen Ab- sichten. Wesen eine aus so viel Häusern bestehen- de Gesellschafft als zu Beförderung der ge- meinen Wohlfahrt und Erhaltung der Si- cherheit nöthig ist. Und demnach sind zwey Absichten, welche die Menschen gehabt, warumb sie ein gemeines Wesen aufgerich- tet, nemlich damit sie in dem Stande wä- ren dem höchsten Gute desto sicherer nach-
zustre-
gemeinen Weſen uͤberhaupt.
verſchaffen koͤnnen, derer ſie faͤhig ſind (§. 210), noch auch des ihrigen, ja ihres Lei- bes und Lebens geſichert ſeyn (§. 212), fol- gends das hoͤchſte Gut, darnach ſie zu ſtre- ben verbunden ſind (§. 45 Mor.), nicht zu erlangen vermoͤgen (§. 44 Mor.): ſo iſt noͤ- thig, daß ſo viele ſich zuſammen begeben und mit vereinigten Kraͤfften ihr Beſtes be- foͤrdern, biß ſie in dem Stande ſind ſich alle Bequemlichkeiten des Lebens zu ver- ſchaffen, der natuͤrlichen Verbindlichkeit gemaͤß von einer Vollkommenheit zu der andern ungehindert fortzuſchreiten und ſich wieder alle Beleidigungen ſattſam zu ver- theidigen. Wenn dieſes geſchiehet, ſo be- geben ſie ſich in eine Geſellſchafft (§. 2), und der ungehinderte Fortgang in Befoͤr- derung des gemeinen Beſtens, das ſie durch vereinigte Kraͤffte erhalten koͤnnen, iſt die Wohlfaͤhrt dieſer Geſellſchafft (§. 3). Die- ſe Geſellſchafft pfleget man das gemeine Weſen zu nennen.
§. 214.
Cs iſt demnach das gemeineWas das gemeint Weſen iſt und deſe ſen Ab- ſichten. Weſen eine aus ſo viel Haͤuſern beſtehen- de Geſellſchafft als zu Befoͤrderung der ge- meinen Wohlfahrt und Erhaltung der Si- cherheit noͤthig iſt. Und demnach ſind zwey Abſichten, welche die Menſchen gehabt, warumb ſie ein gemeines Weſen aufgerich- tet, nemlich damit ſie in dem Stande waͤ- ren dem hoͤchſten Gute deſto ſicherer nach-
zuſtre-
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gemeinen Weſen uͤberhaupt.
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210), noch auch des ihrigen, ja ihres Lei-
bes und Lebens geſichert ſeyn (§. 212), fol-
gends das hoͤchſte Gut, darnach ſie zu ſtre-
ben verbunden ſind (§. 45 Mor.), nicht zu
erlangen vermoͤgen (§. 44 Mor.): ſo iſt noͤ-
thig, daß ſo viele ſich zuſammen begeben
und mit vereinigten Kraͤfften ihr Beſtes be-
foͤrdern, biß ſie in dem Stande ſind ſich
alle Bequemlichkeiten des Lebens zu ver-
ſchaffen, der natuͤrlichen Verbindlichkeit
gemaͤß von einer Vollkommenheit zu der
andern ungehindert fortzuſchreiten und ſich
wieder alle Beleidigungen ſattſam zu ver-
theidigen. Wenn dieſes geſchiehet, ſo be-
geben ſie ſich in eine Geſellſchafft (§. 2),
und der ungehinderte Fortgang in Befoͤr-
derung des gemeinen Beſtens, das ſie durch
vereinigte Kraͤffte erhalten koͤnnen, iſt die
Wohlfaͤhrt dieſer Geſellſchafft (§. 3). Die-
ſe Geſellſchafft pfleget man das gemeine
Weſen zu nennen.
§. 214.Cs iſt demnach das gemeine
Weſen eine aus ſo viel Haͤuſern beſtehen-
de Geſellſchafft als zu Befoͤrderung der ge-
meinen Wohlfahrt und Erhaltung der Si-
cherheit noͤthig iſt. Und demnach ſind zwey
Abſichten, welche die Menſchen gehabt,
warumb ſie ein gemeines Weſen aufgerich-
tet, nemlich damit ſie in dem Stande waͤ-
ren dem hoͤchſten Gute deſto ſicherer nach-
zuſtre-
Was das
gemeint
Weſen iſt
und deſe
ſen Ab-
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/175>, abgerufen am 16.02.2025.
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