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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Von dem Hause.
dereyen der Herrschafft Verdruß zu ma-
chen. Wer nicht allein durch die Vernunfft
überzeuget ist, wie alles in der Welt von
dem grösten an bis auf das kleineste mit ein-
ander verknüpfft ist (§. 548 Met.), sondern
auch aus der Erfahrung angemercket, wie
immer eines aus dem andern kommet; der
wird leicht begreiffen, was für ein grosses
Feuer unterweilen aus einem kleinen und
verächtlichen Füncklein entstehen kan, und
daraus lernen, wie man auch überhaupt
im Haus-Wesen auf alle Kleinigkeiten acht
zu geben hat, weil alles darinnen dergestalt
mit einander verbunden, daß, was von ei-
nem versehen wird, auch einigen Einfluß
bey den übrigen hat.

§. 201.

Weil nun der Mensch verbun-Wie der
Hausva-
ter die
Einrich-
tung in
seinem
Hause
zu ma-
chen/ da-
mit es
ordent-
lich dar-
innen zu-
gehet.

den ist alles zu thun, was seinen Zustand
vollkommener machet (§. 12 Mor.); so hat
der Haus-Vater, dem die Herrschafft im
Hause zustehet (§. 204), auch davor zu sor-
gen, daß der Zustand seines Hauses so voll-
kommen werde, als nur immer möglich ist.
Derowegen da die Vollkommenheit erfor-
dert, daß alles in dem gantzen Hause mit ein-
ander zusammen stimmet, keines das an-
dere hindere (§. 152 Met.); so hat er für allen
Dingen sorgfältig zu überlegen, wie alles
ordentlich zugehe (§. 143. 144 Mor.), fol-
gends alles, was von einem jeden Haus-
genossen zuthun und zu lassen ist, dergestalt

ein-

Von dem Hauſe.
dereyen der Herrſchafft Verdruß zu ma-
chen. Wer nicht allein durch die Vernunfft
uͤberzeuget iſt, wie alles in der Welt von
dem groͤſten an bis auf das kleineſte mit ein-
ander verknuͤpfft iſt (§. 548 Met.), ſondern
auch aus der Erfahrung angemercket, wie
immer eines aus dem andern kommet; der
wird leicht begreiffen, was fuͤr ein groſſes
Feuer unterweilen aus einem kleinen und
veraͤchtlichen Fuͤncklein entſtehen kan, und
daraus lernen, wie man auch uͤberhaupt
im Haus-Weſen auf alle Kleinigkeiten acht
zu geben hat, weil alles darinnen dergeſtalt
mit einander verbunden, daß, was von ei-
nem verſehen wird, auch einigen Einfluß
bey den uͤbrigen hat.

§. 201.

Weil nun der Menſch verbun-Wie der
Hausva-
ter die
Einrich-
tung in
ſeinem
Hauſe
zu ma-
chen/ da-
mit es
ordent-
lich dar-
innen zu-
gehet.

den iſt alles zu thun, was ſeinen Zuſtand
vollkommener machet (§. 12 Mor.); ſo hat
der Haus-Vater, dem die Herrſchafft im
Hauſe zuſtehet (§. 204), auch davor zu ſor-
gen, daß der Zuſtand ſeines Hauſes ſo voll-
kommen werde, als nur immer moͤglich iſt.
Derowegen da die Vollkommenheit erfor-
dert, daß alles in dem gantzen Hauſe mit ein-
ander zuſammen ſtimmet, keines das an-
dere hindere (§. 152 Met.); ſo hat er fuͤr allen
Dingen ſorgfaͤltig zu uͤberlegen, wie alles
ordentlich zugehe (§. 143. 144 Mor.), fol-
gends alles, was von einem jeden Haus-
genoſſen zuthun und zu laſſen iſt, dergeſtalt

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[141/0159] Von dem Hauſe. dereyen der Herrſchafft Verdruß zu ma- chen. Wer nicht allein durch die Vernunfft uͤberzeuget iſt, wie alles in der Welt von dem groͤſten an bis auf das kleineſte mit ein- ander verknuͤpfft iſt (§. 548 Met.), ſondern auch aus der Erfahrung angemercket, wie immer eines aus dem andern kommet; der wird leicht begreiffen, was fuͤr ein groſſes Feuer unterweilen aus einem kleinen und veraͤchtlichen Fuͤncklein entſtehen kan, und daraus lernen, wie man auch uͤberhaupt im Haus-Weſen auf alle Kleinigkeiten acht zu geben hat, weil alles darinnen dergeſtalt mit einander verbunden, daß, was von ei- nem verſehen wird, auch einigen Einfluß bey den uͤbrigen hat. §. 201.Weil nun der Menſch verbun- den iſt alles zu thun, was ſeinen Zuſtand vollkommener machet (§. 12 Mor.); ſo hat der Haus-Vater, dem die Herrſchafft im Hauſe zuſtehet (§. 204), auch davor zu ſor- gen, daß der Zuſtand ſeines Hauſes ſo voll- kommen werde, als nur immer moͤglich iſt. Derowegen da die Vollkommenheit erfor- dert, daß alles in dem gantzen Hauſe mit ein- ander zuſammen ſtimmet, keines das an- dere hindere (§. 152 Met.); ſo hat er fuͤr allen Dingen ſorgfaͤltig zu uͤberlegen, wie alles ordentlich zugehe (§. 143. 144 Mor.), fol- gends alles, was von einem jeden Haus- genoſſen zuthun und zu laſſen iſt, dergeſtalt ein- Wie der Hausva- ter die Einrich- tung in ſeinem Hauſe zu ma- chen/ da- mit es ordent- lich dar- innen zu- gehet.

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/159>, abgerufen am 24.11.2024.