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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

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Väterlichen Gesellschafft.
bösen, hingegen Reichthum als einen zum
guten brauchen. Nachdem also dieses o-
der jenes geschehen sol, muß das Gemüthe
des Menschen so oder anders geartet seyn.
Ein verständiger und vernünfftiger Mensch
brauchet alles, was ihm vorkommet, alle
Umstände, darinnen er sich befindet, als
Bewegungs-Gründe zum Guten; hin-
gegen ein unverständiger und unvernünff-
tiger als Bewegungs-Gründe zum Bösen.

§. 145.

Personen, die nach dem TodeWas
Vormün-
der sind.

der Eltern in der Auferziehung der Kinder
ihre Stelle vertreten, werden Vormün-
de
genennet. Da nun zu der Auferziehung
erfordert wird, daß die Kinder versorget
und regieret werden (§. 82); so ist ein
Vormund nicht allein verbunden das von
den Eltern ihren Kindern hinterlassene Ver-
mögen wohl zu verwalten, sondern auch im
übrigen für alles dasjenige zu sorgen, was
zu guter Aufferziehung der Kinder den El-
tern oblieget (§. 84 & seqq.).

§. 146.

Da sie demnach das Recht ha-Warumb
ihnen die
väterli-
che Ge-
walt zu-
kommet.

ben, welches bey Lebens-Zeiten die Eltern
hatten, der Kinder Handlungen nach ihrem
Gutbefinden einzurichten (§. 145); so er-
halten sie die väterliche Gewalt (§. 19) und
mit derselben die Macht den Kindern zu be-
fehlen (§. 120), auch durch Straffen und
Belohnungen sie zu verbinden ihren Befehl
auszurichten (§. 96).

§. 197.
G 5

Vaͤterlichen Geſellſchafft.
boͤſen, hingegen Reichthum als einen zum
guten brauchen. Nachdem alſo dieſes o-
der jenes geſchehen ſol, muß das Gemuͤthe
des Menſchen ſo oder anders geartet ſeyn.
Ein verſtaͤndiger und vernuͤnfftiger Menſch
brauchet alles, was ihm vorkommet, alle
Umſtaͤnde, darinnen er ſich befindet, als
Bewegungs-Gruͤnde zum Guten; hin-
gegen ein unverſtaͤndiger und unvernuͤnff-
tiger als Bewegungs-Gruͤnde zum Boͤſen.

§. 145.

Perſonen, die nach dem TodeWas
Voꝛmuͤn-
der ſind.

der Eltern in der Auferziehung der Kinder
ihre Stelle vertreten, werden Vormuͤn-
de
genennet. Da nun zu der Auferziehung
erfordert wird, daß die Kinder verſorget
und regieret werden (§. 82); ſo iſt ein
Vormund nicht allein verbunden das von
den Eltern ihren Kindern hinterlaſſene Ver-
moͤgen wohl zu verwalten, ſondern auch im
uͤbrigen fuͤr alles dasjenige zu ſorgen, was
zu guter Aufferziehung der Kinder den El-
tern oblieget (§. 84 & ſeqq.).

§. 146.

Da ſie demnach das Recht ha-Waꝛumb
ihnen die
vaͤterli-
che Ge-
walt zu-
kommet.

ben, welches bey Lebens-Zeiten die Eltern
hatten, der Kinder Handlungen nach ihrem
Gutbefinden einzurichten (§. 145); ſo er-
halten ſie die vaͤterliche Gewalt (§. 19) und
mit derſelben die Macht den Kindern zu be-
fehlen (§. 120), auch durch Straffen und
Belohnungen ſie zu verbinden ihren Befehl
auszurichten (§. 96).

§. 197.
G 5
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[105/0123] Vaͤterlichen Geſellſchafft. boͤſen, hingegen Reichthum als einen zum guten brauchen. Nachdem alſo dieſes o- der jenes geſchehen ſol, muß das Gemuͤthe des Menſchen ſo oder anders geartet ſeyn. Ein verſtaͤndiger und vernuͤnfftiger Menſch brauchet alles, was ihm vorkommet, alle Umſtaͤnde, darinnen er ſich befindet, als Bewegungs-Gruͤnde zum Guten; hin- gegen ein unverſtaͤndiger und unvernuͤnff- tiger als Bewegungs-Gruͤnde zum Boͤſen. §. 145.Perſonen, die nach dem Tode der Eltern in der Auferziehung der Kinder ihre Stelle vertreten, werden Vormuͤn- de genennet. Da nun zu der Auferziehung erfordert wird, daß die Kinder verſorget und regieret werden (§. 82); ſo iſt ein Vormund nicht allein verbunden das von den Eltern ihren Kindern hinterlaſſene Ver- moͤgen wohl zu verwalten, ſondern auch im uͤbrigen fuͤr alles dasjenige zu ſorgen, was zu guter Aufferziehung der Kinder den El- tern oblieget (§. 84 & ſeqq.). Was Voꝛmuͤn- der ſind. §. 146.Da ſie demnach das Recht ha- ben, welches bey Lebens-Zeiten die Eltern hatten, der Kinder Handlungen nach ihrem Gutbefinden einzurichten (§. 145); ſo er- halten ſie die vaͤterliche Gewalt (§. 19) und mit derſelben die Macht den Kindern zu be- fehlen (§. 120), auch durch Straffen und Belohnungen ſie zu verbinden ihren Befehl auszurichten (§. 96). Waꝛumb ihnen die vaͤterli- che Ge- walt zu- kommet. §. 197. G 5

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/123>, abgerufen am 26.04.2024.