Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 3. Capitel Von der
gen, das ist, nichts als was dem Gesetze
der Natur gemäß ist. Denn die Kinder
sind nichts verbunden als dieses zu thun
und, weil sie es nicht verstehen, so sollen
Eltern es ihnen sagen, auch dazu anhalten,
daß sie es vollbringen (§. 81). De-
rowegen wenn sie befehlen, was unrecht
ist; so haben sie kein Recht dazu und sind
demnach auch die Kinder ihnen zu gehorchen
nicht verbunden.

Wie sie
zum Ge-
horsam
willig
werden.
§. 126.

Damit nun die Kinder zum
Gehorsam desto williger sind, haben die
Eltern mit allem Fleiße darnach zu streben,
wie sie ihnen bey Zeiten beybringen, daß sie
weiter nichts als ihr Bestes suchen, auch
daher nicht ohne Noth ihnen zuwieder zuseyn,
wenn sie etwas verlangen, so ihnen nicht
nachtheilig ist. Jedoch hat man hierbey
auf den Unterscheid der Gemüther zu sehen.
Denn einige lassen sich mit Liebe ziehen, an-
dere hingegen mit Härte. Würde man
dem ersten hart begegnen, so würden sie da-
durch in ihrem Gemüthe niedergeschlagen;
wolte man aber diese bloß durch Liebe len-
cken, so würden sie darnach nichts fragen.
Es wird hierunter nicht wenig versehen, und
ist ein Glück für Kinder, wenn sie Eltern
nach dem Zustande ihres Gemüths bekom-
men haben.

Kinder
sollen ge-
gen ihre
§. 127.

Da die Cltern den Kindern vie-
le Wohlthaten erweisen, und zwar um so

viel

Das 3. Capitel Von der
gen, das iſt, nichts als was dem Geſetze
der Natur gemaͤß iſt. Denn die Kinder
ſind nichts verbunden als dieſes zu thun
und, weil ſie es nicht verſtehen, ſo ſollen
Eltern es ihnen ſagen, auch dazu anhalten,
daß ſie es vollbringen (§. 81). De-
rowegen wenn ſie befehlen, was unrecht
iſt; ſo haben ſie kein Recht dazu und ſind
demnach auch die Kinder ihnen zu gehorchen
nicht verbunden.

Wie ſie
zum Ge-
horſam
willig
werden.
§. 126.

Damit nun die Kinder zum
Gehorſam deſto williger ſind, haben die
Eltern mit allem Fleiße darnach zu ſtreben,
wie ſie ihnen bey Zeiten beybringen, daß ſie
weiter nichts als ihr Beſtes ſuchen, auch
daher nicht ohne Noth ihnen zuwieder zuſeyn,
wenn ſie etwas verlangen, ſo ihnen nicht
nachtheilig iſt. Jedoch hat man hierbey
auf den Unterſcheid der Gemuͤther zu ſehen.
Denn einige laſſen ſich mit Liebe ziehen, an-
dere hingegen mit Haͤrte. Wuͤrde man
dem erſten hart begegnen, ſo wuͤrden ſie da-
durch in ihrem Gemuͤthe niedergeſchlagen;
wolte man aber dieſe bloß durch Liebe len-
cken, ſo wuͤrden ſie darnach nichts fragen.
Es wird hierunter nicht wenig verſehen, und
iſt ein Gluͤck fuͤr Kinder, wenn ſie Eltern
nach dem Zuſtande ihres Gemuͤths bekom-
men haben.

Kinder
ſollen ge-
gen ihre
§. 127.

Da die Cltern den Kindern vie-
le Wohlthaten erweiſen, und zwar um ſo

viel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0108" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das 3. Capitel Von der</hi></fw><lb/>
gen, das i&#x017F;t, nichts als was dem Ge&#x017F;etze<lb/>
der Natur gema&#x0364;ß i&#x017F;t. Denn die Kinder<lb/>
&#x017F;ind nichts verbunden als die&#x017F;es zu thun<lb/>
und, weil &#x017F;ie es nicht ver&#x017F;tehen, &#x017F;o &#x017F;ollen<lb/>
Eltern es ihnen &#x017F;agen, auch dazu anhalten,<lb/>
daß &#x017F;ie es vollbringen (§. 81). De-<lb/>
rowegen wenn &#x017F;ie befehlen, was unrecht<lb/>
i&#x017F;t; &#x017F;o haben &#x017F;ie kein Recht dazu und &#x017F;ind<lb/>
demnach auch die Kinder ihnen zu gehorchen<lb/>
nicht verbunden.</p><lb/>
              <note place="left">Wie &#x017F;ie<lb/>
zum Ge-<lb/>
hor&#x017F;am<lb/>
willig<lb/>
werden.</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 126.</head>
              <p>Damit nun die Kinder zum<lb/>
Gehor&#x017F;am de&#x017F;to williger &#x017F;ind, haben die<lb/>
Eltern mit allem Fleiße darnach zu &#x017F;treben,<lb/>
wie &#x017F;ie ihnen bey Zeiten beybringen, daß &#x017F;ie<lb/>
weiter nichts als ihr Be&#x017F;tes &#x017F;uchen, auch<lb/>
daher nicht ohne Noth ihnen zuwieder zu&#x017F;eyn,<lb/>
wenn &#x017F;ie etwas verlangen, &#x017F;o ihnen nicht<lb/>
nachtheilig i&#x017F;t. Jedoch hat man hierbey<lb/>
auf den Unter&#x017F;cheid der Gemu&#x0364;ther zu &#x017F;ehen.<lb/>
Denn einige la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich mit Liebe ziehen, an-<lb/>
dere hingegen mit Ha&#x0364;rte. Wu&#x0364;rde man<lb/>
dem er&#x017F;ten hart begegnen, &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie da-<lb/>
durch in ihrem Gemu&#x0364;the niederge&#x017F;chlagen;<lb/>
wolte man aber die&#x017F;e bloß durch Liebe len-<lb/>
cken, &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie darnach nichts fragen.<lb/>
Es wird hierunter nicht wenig ver&#x017F;ehen, und<lb/>
i&#x017F;t ein Glu&#x0364;ck fu&#x0364;r Kinder, wenn &#x017F;ie Eltern<lb/>
nach dem Zu&#x017F;tande ihres Gemu&#x0364;ths bekom-<lb/>
men haben.</p><lb/>
              <note place="left">Kinder<lb/>
&#x017F;ollen ge-<lb/>
gen ihre</note>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 127.</head>
              <p>Da die Cltern den Kindern vie-<lb/>
le Wohlthaten erwei&#x017F;en, und zwar um &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">viel</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0108] Das 3. Capitel Von der gen, das iſt, nichts als was dem Geſetze der Natur gemaͤß iſt. Denn die Kinder ſind nichts verbunden als dieſes zu thun und, weil ſie es nicht verſtehen, ſo ſollen Eltern es ihnen ſagen, auch dazu anhalten, daß ſie es vollbringen (§. 81). De- rowegen wenn ſie befehlen, was unrecht iſt; ſo haben ſie kein Recht dazu und ſind demnach auch die Kinder ihnen zu gehorchen nicht verbunden. §. 126.Damit nun die Kinder zum Gehorſam deſto williger ſind, haben die Eltern mit allem Fleiße darnach zu ſtreben, wie ſie ihnen bey Zeiten beybringen, daß ſie weiter nichts als ihr Beſtes ſuchen, auch daher nicht ohne Noth ihnen zuwieder zuſeyn, wenn ſie etwas verlangen, ſo ihnen nicht nachtheilig iſt. Jedoch hat man hierbey auf den Unterſcheid der Gemuͤther zu ſehen. Denn einige laſſen ſich mit Liebe ziehen, an- dere hingegen mit Haͤrte. Wuͤrde man dem erſten hart begegnen, ſo wuͤrden ſie da- durch in ihrem Gemuͤthe niedergeſchlagen; wolte man aber dieſe bloß durch Liebe len- cken, ſo wuͤrden ſie darnach nichts fragen. Es wird hierunter nicht wenig verſehen, und iſt ein Gluͤck fuͤr Kinder, wenn ſie Eltern nach dem Zuſtande ihres Gemuͤths bekom- men haben. §. 127.Da die Cltern den Kindern vie- le Wohlthaten erweiſen, und zwar um ſo viel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/108
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/108>, abgerufen am 21.11.2024.