Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite



wie und auf welche Art der Herr Gevatter ange-
worben, da ward ihre Neugierde ein wenig rege.
Wer mag es wohl seyn? Woher kam er? Wohin
geht er? Warum mag er sich nicht zu erkennen ge-
ben wollen? Dieß waren ihre Fragen. Daß er ein
redlicher Mann sey, dafür sprach auch bei ihr sein
Aeußeres.

Doch die Hoffnung, ihre Neugierde bald befcie-
digt zu sehen, indem die feierliche Handlung auf
den folgenden Tag bestimmt war, gab ihr einige
Beruhigung.

Kaum war der Tag angebrochen, so begannen auch
schon die Zubereitungen zur bevorstehenden Feierlich-
keit, von welchen manche darauf berechnet waren,
den unbekannten Herrn Gevatter zu ehren, was
diesem nicht entgangen war. Als nun der glückliche
Vater seinem Gaste den Morgenbesuch abstattete,
kam ihm dieser mit der Anrede entgegen: Wie ge-
rufen ist mir eure Erscheinung, denn ich habe euch
etwas zu eröffnen, bevor ich die Function verrichte,
zu der ihr mich gewählt. So hört denn, und seyd
gefaßt auf das, was ihr hören werdet.

Jch bin nicht, was ihr glaubt, ich bin kein wirk-
licher Mensch, ich bin höherer Natur. Meine ei-
gentliche Existenz ist nicht auf Erden, ob ich gleich
von ihr unzertrennlich bin. Daß ich euch in mensch-
licher Gestalt erscheine, ist die Wirkung der magi-



wie und auf welche Art der Herr Gevatter ange-
worben, da ward ihre Neugierde ein wenig rege.
Wer mag es wohl ſeyn? Woher kam er? Wohin
geht er? Warum mag er ſich nicht zu erkennen ge-
ben wollen? Dieß waren ihre Fragen. Daß er ein
redlicher Mann ſey, dafür ſprach auch bei ihr ſein
Aeußeres.

Doch die Hoffnung, ihre Neugierde bald befcie-
digt zu ſehen, indem die feierliche Handlung auf
den folgenden Tag beſtimmt war, gab ihr einige
Beruhigung.

Kaum war der Tag angebrochen, ſo begannen auch
ſchon die Zubereitungen zur bevorſtehenden Feierlich-
keit, von welchen manche darauf berechnet waren,
den unbekannten Herrn Gevatter zu ehren, was
dieſem nicht entgangen war. Als nun der glückliche
Vater ſeinem Gaſte den Morgenbeſuch abſtattete,
kam ihm dieſer mit der Anrede entgegen: Wie ge-
rufen iſt mir eure Erſcheinung, denn ich habe euch
etwas zu eröffnen, bevor ich die Function verrichte,
zu der ihr mich gewählt. So hört denn, und ſeyd
gefaßt auf das, was ihr hören werdet.

Jch bin nicht, was ihr glaubt, ich bin kein wirk-
licher Menſch, ich bin höherer Natur. Meine ei-
gentliche Exiſtenz iſt nicht auf Erden, ob ich gleich
von ihr unzertrennlich bin. Daß ich euch in menſch-
licher Geſtalt erſcheine, iſt die Wirkung der magi-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0076" n="60"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wie und auf welche Art der Herr Gevatter ange-<lb/>
worben, da ward ihre Neugierde ein wenig rege.<lb/>
Wer mag es wohl &#x017F;eyn? Woher kam er? Wohin<lb/>
geht er? Warum mag er &#x017F;ich nicht zu erkennen ge-<lb/>
ben wollen? Dieß waren ihre Fragen. Daß er ein<lb/>
redlicher Mann &#x017F;ey, dafür &#x017F;prach auch bei ihr &#x017F;ein<lb/>
Aeußeres.</p><lb/>
          <p>Doch die Hoffnung, ihre Neugierde bald befcie-<lb/>
digt zu &#x017F;ehen, indem die feierliche Handlung auf<lb/>
den folgenden Tag be&#x017F;timmt war, gab ihr einige<lb/>
Beruhigung.</p><lb/>
          <p>Kaum war der Tag angebrochen, &#x017F;o begannen auch<lb/>
&#x017F;chon die Zubereitungen zur bevor&#x017F;tehenden Feierlich-<lb/>
keit, von welchen manche darauf berechnet waren,<lb/>
den unbekannten Herrn Gevatter zu ehren, was<lb/>
die&#x017F;em nicht entgangen war. Als nun der glückliche<lb/>
Vater &#x017F;einem Ga&#x017F;te den Morgenbe&#x017F;uch ab&#x017F;tattete,<lb/>
kam ihm die&#x017F;er mit der Anrede entgegen: Wie ge-<lb/>
rufen i&#x017F;t mir eure Er&#x017F;cheinung, denn ich habe euch<lb/>
etwas zu eröffnen, bevor ich die Function verrichte,<lb/>
zu der ihr mich gewählt. So hört denn, und &#x017F;eyd<lb/>
gefaßt auf das, was ihr hören werdet.</p><lb/>
          <p>Jch bin nicht, was ihr glaubt, ich bin kein wirk-<lb/>
licher Men&#x017F;ch, ich bin höherer Natur. Meine ei-<lb/>
gentliche Exi&#x017F;tenz i&#x017F;t nicht auf Erden, ob ich gleich<lb/>
von ihr unzertrennlich bin. Daß ich euch in men&#x017F;ch-<lb/>
licher Ge&#x017F;talt er&#x017F;cheine, i&#x017F;t die Wirkung der magi-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0076] wie und auf welche Art der Herr Gevatter ange- worben, da ward ihre Neugierde ein wenig rege. Wer mag es wohl ſeyn? Woher kam er? Wohin geht er? Warum mag er ſich nicht zu erkennen ge- ben wollen? Dieß waren ihre Fragen. Daß er ein redlicher Mann ſey, dafür ſprach auch bei ihr ſein Aeußeres. Doch die Hoffnung, ihre Neugierde bald befcie- digt zu ſehen, indem die feierliche Handlung auf den folgenden Tag beſtimmt war, gab ihr einige Beruhigung. Kaum war der Tag angebrochen, ſo begannen auch ſchon die Zubereitungen zur bevorſtehenden Feierlich- keit, von welchen manche darauf berechnet waren, den unbekannten Herrn Gevatter zu ehren, was dieſem nicht entgangen war. Als nun der glückliche Vater ſeinem Gaſte den Morgenbeſuch abſtattete, kam ihm dieſer mit der Anrede entgegen: Wie ge- rufen iſt mir eure Erſcheinung, denn ich habe euch etwas zu eröffnen, bevor ich die Function verrichte, zu der ihr mich gewählt. So hört denn, und ſeyd gefaßt auf das, was ihr hören werdet. Jch bin nicht, was ihr glaubt, ich bin kein wirk- licher Menſch, ich bin höherer Natur. Meine ei- gentliche Exiſtenz iſt nicht auf Erden, ob ich gleich von ihr unzertrennlich bin. Daß ich euch in menſch- licher Geſtalt erſcheine, iſt die Wirkung der magi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/76
Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/76>, abgerufen am 22.11.2024.