Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite



Mal über den Mond schriebe? Den Mond, ant-
wortete der Gefragte ganz kalt, überlasse ich den
Dichtern und den Hunden: die Einen besingen ihn,
die Andern bellen ihn an.

Der Bauer und der Oberst, sein Sohn.

Der Sohn eines Bauers, dem Pflug und Egge
nicht behagen wollten, faßte den Entschluß, Soldat
zu werden; er nahm dem Vater das beste Pferd
aus dem Stalle, ritt ohne Lebewohl davon, und
ließ sich bei dem nächsten Regiment anwer-
ben. Ein bedeutender Krieg war eben ausgebro-
chen, der junge Martissohn machte alle Feldzüge
mit, blieb von Wunden verschont, schwang sich
durch Tapferkeit und Glück immer höher empor,
erwarb sich mehrere Orden, und kehrte nach dem
Frieden als Oberst des Regimentes, mit welchem
er als Gemeiner ausmarschirt war, in die Garnison
zurück. Bisher hatte er seinem Vater keine Nach-
richt von sich gegeben: jetzt, da er ihm mit Ehren
unter die Augen treten konnte, stellte er ein großes
Gastmahl an, lud die Vornehmsten der Stadt da-
zu ein, und ließ seinen Vater aus seinem Dorfe
ebenfalls dazu holen. Der Alte, höchlich verwun-
dert, wollte die Ehre durchaus ablehnen, da er nicht
begreifen konnte, wie er dazu käme. Jndessen halfen



Mal über den Mond ſchriebe? Den Mond, ant-
wortete der Gefragte ganz kalt, überlaſſe ich den
Dichtern und den Hunden: die Einen beſingen ihn,
die Andern bellen ihn an.

Der Bauer und der Oberſt, ſein Sohn.

Der Sohn eines Bauers, dem Pflug und Egge
nicht behagen wollten, faßte den Entſchluß, Soldat
zu werden; er nahm dem Vater das beſte Pferd
aus dem Stalle, ritt ohne Lebewohl davon, und
ließ ſich bei dem nächſten Regiment anwer-
ben. Ein bedeutender Krieg war eben ausgebro-
chen, der junge Martisſohn machte alle Feldzüge
mit, blieb von Wunden verſchont, ſchwang ſich
durch Tapferkeit und Glück immer höher empor,
erwarb ſich mehrere Orden, und kehrte nach dem
Frieden als Oberſt des Regimentes, mit welchem
er als Gemeiner ausmarſchirt war, in die Garniſon
zurück. Bisher hatte er ſeinem Vater keine Nach-
richt von ſich gegeben: jetzt, da er ihm mit Ehren
unter die Augen treten konnte, ſtellte er ein großes
Gaſtmahl an, lud die Vornehmſten der Stadt da-
zu ein, und ließ ſeinen Vater aus ſeinem Dorfe
ebenfalls dazu holen. Der Alte, höchlich verwun-
dert, wollte die Ehre durchaus ablehnen, da er nicht
begreifen konnte, wie er dazu käme. Jndeſſen halfen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="2"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Mal über den Mond &#x017F;chriebe? Den Mond, ant-<lb/>
wortete der Gefragte ganz kalt, überla&#x017F;&#x017F;e ich den<lb/>
Dichtern und den Hunden: die Einen be&#x017F;ingen ihn,<lb/>
die Andern bellen ihn an.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Der Bauer und der Ober&#x017F;t, &#x017F;ein Sohn.</head><lb/>
          <p>Der Sohn eines Bauers, dem Pflug und Egge<lb/>
nicht behagen wollten, faßte den Ent&#x017F;chluß, Soldat<lb/>
zu werden; er nahm dem Vater das be&#x017F;te Pferd<lb/>
aus dem Stalle, ritt ohne Lebewohl davon, und<lb/>
ließ &#x017F;ich bei dem näch&#x017F;ten Regiment anwer-<lb/>
ben. Ein bedeutender Krieg war eben ausgebro-<lb/>
chen, der junge Martis&#x017F;ohn machte alle Feldzüge<lb/>
mit, blieb von Wunden ver&#x017F;chont, &#x017F;chwang &#x017F;ich<lb/>
durch Tapferkeit und Glück immer höher empor,<lb/>
erwarb &#x017F;ich mehrere Orden, und kehrte nach dem<lb/>
Frieden als Ober&#x017F;t des Regimentes, mit welchem<lb/>
er als Gemeiner ausmar&#x017F;chirt war, in die Garni&#x017F;on<lb/>
zurück. Bisher hatte er &#x017F;einem Vater keine Nach-<lb/>
richt von &#x017F;ich gegeben: jetzt, da er ihm mit Ehren<lb/>
unter die Augen treten konnte, &#x017F;tellte er ein großes<lb/>
Ga&#x017F;tmahl an, lud die Vornehm&#x017F;ten der Stadt da-<lb/>
zu ein, und ließ &#x017F;einen Vater aus &#x017F;einem Dorfe<lb/>
ebenfalls dazu holen. Der Alte, höchlich verwun-<lb/>
dert, wollte die Ehre durchaus ablehnen, da er nicht<lb/>
begreifen konnte, wie er dazu käme. Jnde&#x017F;&#x017F;en halfen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0018] Mal über den Mond ſchriebe? Den Mond, ant- wortete der Gefragte ganz kalt, überlaſſe ich den Dichtern und den Hunden: die Einen beſingen ihn, die Andern bellen ihn an. Der Bauer und der Oberſt, ſein Sohn. Der Sohn eines Bauers, dem Pflug und Egge nicht behagen wollten, faßte den Entſchluß, Soldat zu werden; er nahm dem Vater das beſte Pferd aus dem Stalle, ritt ohne Lebewohl davon, und ließ ſich bei dem nächſten Regiment anwer- ben. Ein bedeutender Krieg war eben ausgebro- chen, der junge Martisſohn machte alle Feldzüge mit, blieb von Wunden verſchont, ſchwang ſich durch Tapferkeit und Glück immer höher empor, erwarb ſich mehrere Orden, und kehrte nach dem Frieden als Oberſt des Regimentes, mit welchem er als Gemeiner ausmarſchirt war, in die Garniſon zurück. Bisher hatte er ſeinem Vater keine Nach- richt von ſich gegeben: jetzt, da er ihm mit Ehren unter die Augen treten konnte, ſtellte er ein großes Gaſtmahl an, lud die Vornehmſten der Stadt da- zu ein, und ließ ſeinen Vater aus ſeinem Dorfe ebenfalls dazu holen. Der Alte, höchlich verwun- dert, wollte die Ehre durchaus ablehnen, da er nicht begreifen konnte, wie er dazu käme. Jndeſſen halfen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/18
Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/18>, abgerufen am 24.04.2024.