Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite



beitet, damit ihr das Leben eurer Kinder erhaltet,
aber gebet ihnen nicht ein so schlechtes Beispiel, wie
das ist, was ihr gestern vorgenommen.



Bemerkenswerthe Eigenheiten.

Leo Alatius bediente sich vierzig Jahre lang
einer und derselben Feder; als er sie endlich verlor,
ward er so sehr darüber betrübt, daß er sich der
Thränen nicht enthalten konnte.



Johann Rotrou, sagt die Fama des 17ten Jahr-
hunderts, hatte eine unwiderstehliche Leidenschaft für
das Spiel. Um zu verhindern, daß er sein Geld auf
ein Mahl verspielte, bewahrte er es in einem Bün-
del Reisig auf, welches er verschlossen hielt. Hatte
er nun Geld nöthig, so mußte er das Bündel schüt-
teln, damit etwas herausfalle; weil ihm aber dieß
eine ärgerliche Mühe war, so trieb er es nicht lange,
und ward dadurch verhindert, alles auf ein Mahl her-
aus zu nehmen.



Jakob Grether, ein in der letzten Hälfte des
16ten Jahrhunderts lebender Jesuit, ein Schwabe
von Geburt, war als theologischer Schriftsteller zu
seiner Zeit sehr berühmt. Seine ausgezeichneten
Kenntnisse waren mit einer seltenen Bescheidenheit



beitet, damit ihr das Leben eurer Kinder erhaltet,
aber gebet ihnen nicht ein ſo ſchlechtes Beiſpiel, wie
das iſt, was ihr geſtern vorgenommen.



Bemerkenswerthe Eigenheiten.

Leo Alatius bediente ſich vierzig Jahre lang
einer und derſelben Feder; als er ſie endlich verlor,
ward er ſo ſehr darüber betrübt, daß er ſich der
Thränen nicht enthalten konnte.



Johann Rotrou, ſagt die Fama des 17ten Jahr-
hunderts, hatte eine unwiderſtehliche Leidenſchaft für
das Spiel. Um zu verhindern, daß er ſein Geld auf
ein Mahl verſpielte, bewahrte er es in einem Bün-
del Reiſig auf, welches er verſchloſſen hielt. Hatte
er nun Geld nöthig, ſo mußte er das Bündel ſchüt-
teln, damit etwas herausfalle; weil ihm aber dieß
eine ärgerliche Mühe war, ſo trieb er es nicht lange,
und ward dadurch verhindert, alles auf ein Mahl her-
aus zu nehmen.



Jakob Grether, ein in der letzten Hälfte des
16ten Jahrhunderts lebender Jeſuit, ein Schwabe
von Geburt, war als theologiſcher Schriftſteller zu
ſeiner Zeit ſehr berühmt. Seine ausgezeichneten
Kenntniſſe waren mit einer ſeltenen Beſcheidenheit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0127" n="111"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
beitet, damit ihr das Leben eurer Kinder erhaltet,<lb/>
aber gebet ihnen nicht ein &#x017F;o &#x017F;chlechtes Bei&#x017F;piel, wie<lb/>
das i&#x017F;t, was ihr ge&#x017F;tern vorgenommen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Bemerkenswerthe Eigenheiten.</hi> </head><lb/>
          <p>Leo Alatius bediente &#x017F;ich vierzig Jahre lang<lb/>
einer und der&#x017F;elben Feder; als er &#x017F;ie endlich verlor,<lb/>
ward er &#x017F;o &#x017F;ehr darüber betrübt, daß er &#x017F;ich der<lb/>
Thränen nicht enthalten konnte.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Johann Rotrou, &#x017F;agt die Fama des 17ten Jahr-<lb/>
hunderts, hatte eine unwider&#x017F;tehliche Leiden&#x017F;chaft für<lb/>
das Spiel. Um zu verhindern, daß er &#x017F;ein Geld auf<lb/>
ein Mahl ver&#x017F;pielte, bewahrte er es in einem Bün-<lb/>
del Rei&#x017F;ig auf, welches er ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hielt. Hatte<lb/>
er nun Geld nöthig, &#x017F;o mußte er das Bündel &#x017F;chüt-<lb/>
teln, damit etwas herausfalle; weil ihm aber dieß<lb/>
eine ärgerliche Mühe war, &#x017F;o trieb er es nicht lange,<lb/>
und ward dadurch verhindert, alles auf ein Mahl her-<lb/>
aus zu nehmen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jakob Grether, ein in der letzten Hälfte des<lb/>
16ten Jahrhunderts lebender Je&#x017F;uit, ein Schwabe<lb/>
von Geburt, war als theologi&#x017F;cher Schrift&#x017F;teller zu<lb/>
&#x017F;einer Zeit &#x017F;ehr berühmt. Seine ausgezeichneten<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e waren mit einer &#x017F;eltenen Be&#x017F;cheidenheit<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0127] beitet, damit ihr das Leben eurer Kinder erhaltet, aber gebet ihnen nicht ein ſo ſchlechtes Beiſpiel, wie das iſt, was ihr geſtern vorgenommen. Bemerkenswerthe Eigenheiten. Leo Alatius bediente ſich vierzig Jahre lang einer und derſelben Feder; als er ſie endlich verlor, ward er ſo ſehr darüber betrübt, daß er ſich der Thränen nicht enthalten konnte. Johann Rotrou, ſagt die Fama des 17ten Jahr- hunderts, hatte eine unwiderſtehliche Leidenſchaft für das Spiel. Um zu verhindern, daß er ſein Geld auf ein Mahl verſpielte, bewahrte er es in einem Bün- del Reiſig auf, welches er verſchloſſen hielt. Hatte er nun Geld nöthig, ſo mußte er das Bündel ſchüt- teln, damit etwas herausfalle; weil ihm aber dieß eine ärgerliche Mühe war, ſo trieb er es nicht lange, und ward dadurch verhindert, alles auf ein Mahl her- aus zu nehmen. Jakob Grether, ein in der letzten Hälfte des 16ten Jahrhunderts lebender Jeſuit, ein Schwabe von Geburt, war als theologiſcher Schriftſteller zu ſeiner Zeit ſehr berühmt. Seine ausgezeichneten Kenntniſſe waren mit einer ſeltenen Beſcheidenheit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/127
Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/127>, abgerufen am 04.05.2024.