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Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824.

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"Die wahre Religion zwingt die Menschen nur
durch Reizungen der Liebe und der Tugend. Die
Wahrheit hat, um sich zu erhalten, weiter nichts
nöthig, als nicht unterdrückt zu werden, selbst zu
unterdrücken aber braucht sie zu ihrer Ausbreitung
niemals."



"Die Bekehrung der Ungläubigen muß man
Gott überlassen, die Anzahl der Rechtgläubigen zu
vermehren, muß sich darauf beschränken, diese An-
zahl in sich selbst zu vermehren."



"Was die verschiedenen Meinungen in der Re-
ligion selbst betrifft, so glaube ich, daß es gut sey,
deßhalb eine unumschränkte Freiheit zu gestatten.
Eines Theils erfordert solches eine vernünftige all-
gemeine Gewissensfreiheit, und andern Theils ge-
reicht es der wahren Religion zum Nutzen, indem
ihre Lehrer dadurch zu einer näheren Prüfung auf-
gemuntert und wachsam gehalten werden. Auch ver-
liert die Wahrheit dadurch, daß sie bestritten wird,
niemahls, sondern erhält vielmehr einen neuen Glanz,
wenn nur ihre Vertheidiger weise sind."



"Man findet keine Religion, die sich in Anse-
hung der Sittenlehre weit von den übrigen entfernte.

Also


»Die wahre Religion zwingt die Menſchen nur
durch Reizungen der Liebe und der Tugend. Die
Wahrheit hat, um ſich zu erhalten, weiter nichts
nöthig, als nicht unterdrückt zu werden, ſelbſt zu
unterdrücken aber braucht ſie zu ihrer Ausbreitung
niemals.«



»Die Bekehrung der Ungläubigen muß man
Gott überlaſſen, die Anzahl der Rechtgläubigen zu
vermehren, muß ſich darauf beſchränken, dieſe An-
zahl in ſich ſelbſt zu vermehren.«



»Was die verſchiedenen Meinungen in der Re-
ligion ſelbſt betrifft, ſo glaube ich, daß es gut ſey,
deßhalb eine unumſchränkte Freiheit zu geſtatten.
Eines Theils erfordert ſolches eine vernünftige all-
gemeine Gewiſſensfreiheit, und andern Theils ge-
reicht es der wahren Religion zum Nutzen, indem
ihre Lehrer dadurch zu einer näheren Prüfung auf-
gemuntert und wachſam gehalten werden. Auch ver-
liert die Wahrheit dadurch, daß ſie beſtritten wird,
niemahls, ſondern erhält vielmehr einen neuen Glanz,
wenn nur ihre Vertheidiger weiſe ſind.«



»Man findet keine Religion, die ſich in Anſe-
hung der Sittenlehre weit von den übrigen entfernte.

Alſo
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[96/0112] »Die wahre Religion zwingt die Menſchen nur durch Reizungen der Liebe und der Tugend. Die Wahrheit hat, um ſich zu erhalten, weiter nichts nöthig, als nicht unterdrückt zu werden, ſelbſt zu unterdrücken aber braucht ſie zu ihrer Ausbreitung niemals.« »Die Bekehrung der Ungläubigen muß man Gott überlaſſen, die Anzahl der Rechtgläubigen zu vermehren, muß ſich darauf beſchränken, dieſe An- zahl in ſich ſelbſt zu vermehren.« »Was die verſchiedenen Meinungen in der Re- ligion ſelbſt betrifft, ſo glaube ich, daß es gut ſey, deßhalb eine unumſchränkte Freiheit zu geſtatten. Eines Theils erfordert ſolches eine vernünftige all- gemeine Gewiſſensfreiheit, und andern Theils ge- reicht es der wahren Religion zum Nutzen, indem ihre Lehrer dadurch zu einer näheren Prüfung auf- gemuntert und wachſam gehalten werden. Auch ver- liert die Wahrheit dadurch, daß ſie beſtritten wird, niemahls, ſondern erhält vielmehr einen neuen Glanz, wenn nur ihre Vertheidiger weiſe ſind.« »Man findet keine Religion, die ſich in Anſe- hung der Sittenlehre weit von den übrigen entfernte. Alſo

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Zitationshilfe: Wolff, Sabattia Joseph: Ausverkauf meiner schriftstellerischen Arbeiten. Berlin, 1824, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_ausverkauf_1824/112>, abgerufen am 28.11.2024.