Erstens. Wenn Aemter oder andere Guthsherren Ausschliessungsweise das Recht haben, der Unterthanen Aecker und Wiesen mit ihren Schafen zu betreiben; so ist klar, daß sie solche Freiheit bei Aufhebung der Gemein- heiten gänzlich verlieren, weil selbige der Be- schaffenheit der neuen Einrichtung schnurstracks zuwider ist. Die Schadloßhaltung würde also in diesem Fall dergestalt geschehen müssen, daß man nach der Stärke der Schäferei und der Morgenzahl der sämtlichen Grundstücken, die bishero beweidet worden, in Rücksicht auf die Zeit, wie viel Wochen oder Monath im Jahre den Schaafen auf diesem und jenem Grundstück die Weide freigestanden, ausrech- nete, wie viel Stück Schaafe jeder Morgen ernähret hätte, oder auch wie viel Morgen auf jedes Schaaf zur Weide hier angenommen wer- den müssen. Die Morgenzahl der Herrschaft- lichen Grundstücke würde mit den dazu gehöri- gen Schafen von der Summe abgezogen; die übrige Anzahl der Schaafe aber nach eben die- sen Maaßstab auf die Unterthanen vertheilet; und diese wären verpflichtet, die nach einen je- desmaligen Anschlag festzusetzende jährliche reine Nutzung eines jeden Schaafs nach Maaßge- bung der Dauer der Weide derselben auf ihren Grundstücken, baar zu bezahlen. Die Billig-
keit
§. 83.
Erſtens. Wenn Aemter oder andere Guthsherren Ausſchlieſſungsweiſe das Recht haben, der Unterthanen Aecker und Wieſen mit ihren Schafen zu betreiben; ſo iſt klar, daß ſie ſolche Freiheit bei Aufhebung der Gemein- heiten gaͤnzlich verlieren, weil ſelbige der Be- ſchaffenheit der neuen Einrichtung ſchnurſtracks zuwider iſt. Die Schadloßhaltung wuͤrde alſo in dieſem Fall dergeſtalt geſchehen muͤſſen, daß man nach der Staͤrke der Schaͤferei und der Morgenzahl der ſaͤmtlichen Grundſtuͤcken, die bishero beweidet worden, in Ruͤckſicht auf die Zeit, wie viel Wochen oder Monath im Jahre den Schaafen auf dieſem und jenem Grundſtuͤck die Weide freigeſtanden, ausrech- nete, wie viel Stuͤck Schaafe jeder Morgen ernaͤhret haͤtte, oder auch wie viel Morgen auf jedes Schaaf zur Weide hier angenommen wer- den muͤſſen. Die Morgenzahl der Herrſchaft- lichen Grundſtuͤcke wuͤrde mit den dazu gehoͤri- gen Schafen von der Summe abgezogen; die uͤbrige Anzahl der Schaafe aber nach eben die- ſen Maaßſtab auf die Unterthanen vertheilet; und dieſe waͤren verpflichtet, die nach einen je- desmaligen Anſchlag feſtzuſetzende jaͤhrliche reine Nutzung eines jeden Schaafs nach Maaßge- bung der Dauer der Weide derſelben auf ihren Grundſtuͤcken, baar zu bezahlen. Die Billig-
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§. 83.
Erſtens. Wenn Aemter oder andere
Guthsherren Ausſchlieſſungsweiſe das Recht
haben, der Unterthanen Aecker und Wieſen
mit ihren Schafen zu betreiben; ſo iſt klar, daß
ſie ſolche Freiheit bei Aufhebung der Gemein-
heiten gaͤnzlich verlieren, weil ſelbige der Be-
ſchaffenheit der neuen Einrichtung ſchnurſtracks
zuwider iſt. Die Schadloßhaltung wuͤrde
alſo in dieſem Fall dergeſtalt geſchehen muͤſſen,
daß man nach der Staͤrke der Schaͤferei und
der Morgenzahl der ſaͤmtlichen Grundſtuͤcken,
die bishero beweidet worden, in Ruͤckſicht auf
die Zeit, wie viel Wochen oder Monath im
Jahre den Schaafen auf dieſem und jenem
Grundſtuͤck die Weide freigeſtanden, ausrech-
nete, wie viel Stuͤck Schaafe jeder Morgen
ernaͤhret haͤtte, oder auch wie viel Morgen auf
jedes Schaaf zur Weide hier angenommen wer-
den muͤſſen. Die Morgenzahl der Herrſchaft-
lichen Grundſtuͤcke wuͤrde mit den dazu gehoͤri-
gen Schafen von der Summe abgezogen; die
uͤbrige Anzahl der Schaafe aber nach eben die-
ſen Maaßſtab auf die Unterthanen vertheilet;
und dieſe waͤren verpflichtet, die nach einen je-
desmaligen Anſchlag feſtzuſetzende jaͤhrliche reine
Nutzung eines jeden Schaafs nach Maaßge-
bung der Dauer der Weide derſelben auf ihren
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Wöllner, Johann Christoph von: Die Aufhebung der Gemeinheiten in der Marck Brandenburg. Berlin, 1766, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woellner_aufhebung_1766/150>, abgerufen am 16.02.2025.
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