Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.die Reden von Widmann und Stromeyer hier mittheilen zu Rede von Widmann. Deutsche Männer! Erlauben Sie mir, einige wenige Worte zu Es ist eine nur kurze Zeit, wo sich nicht blos für Deutschland, die Reden von Widmann und Stromeyer hier mittheilen zu Rede von Widmann. Deutſche Männer! Erlauben Sie mir, einige wenige Worte zu Es iſt eine nur kurze Zeit, wo ſich nicht blos für Deutſchland, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0033" n="91"/> die Reden von <hi rendition="#g">Widmann</hi> und <hi rendition="#g">Stromeyer</hi> hier mittheilen zu<lb/> können:</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Rede von Widmann</hi>.</hi> </p><lb/> <p>Deutſche Männer! Erlauben Sie mir, einige wenige Worte zu<lb/> ſprechen.</p><lb/> <p>Es iſt eine nur kurze Zeit, wo ſich nicht blos für Deutſchland,<lb/> ſondern für Europa ein beſſeres Loos zu bereiten ſchien, <hi rendition="#g">zu</hi> jener Zeit<lb/> nämlich, als die Juli-Sonne aufging und ihre Strahlen nicht nur<lb/> über Deutſchland, ſondern über ganz Europa verbreitete. So ſchien<lb/> es, und es war leider nur Schein! — Anſtatt daß die Freiheit er-<lb/> blühte, ſproßte die Knechtſchaft hervor und ſchwärzte ſich ein durch die<lb/> erbärmliche franzöſiſche miniſterielle Krämerpolitik. Die muthige, frei-<lb/> heitliebende franzöſiſche Nation hatte in den Tagen des Juli das Prin-<lb/> zip des göttlichen Rechtes und der Legitimität, dieſes Prinzip des Un-<lb/> ſinnes und der Völkerbedrückung, in ſeinen Grundfeſten erſchüttert, und<lb/> die Volksſouverainität, das heißt die Herrſchaft des Volkes und die<lb/> der Vernunft proklamirt. Dieſe Proklamation ward in England, Spa-<lb/> nien, Italien, Deutſchland, Polen und überall mit allgemeinem Enthu-<lb/> ſiasmus aufgenommen, die Völker ſtimmten aus volleſter Ueberzeugung<lb/> ein. Millionen waren die Verbündeten Frankreichs, in deren Herzen<lb/> das für Freiheit begeiſterte Feuer brannte, und der Haß grollte gegen<lb/> die Bedrücker und Betrüger der Menſchheit. Es galt, die Triebfedern<lb/> in Bewegung zu ſetzen, und die Seſſel, worauf die Junker und Ariſto-<lb/> kraten thronten, ſtürzten krachend zuſammen, und der Hochaltar war<lb/> erbaut, worauf der Göttin der Freiheit geopfert wurde. Frei wären<lb/> die Völker geweſen, die Freiheit hätte die Reiſe um die Welt gemacht.<lb/> Allein man verſtand den Augenblick nicht zu benützen; man beſtand<lb/> hartnäckig auf dem Frieden, die Ehre und den Ruhm der franzöſiſchen<lb/> Nation befleckend, das gegebene Wort, die Patrioten des Auslandes zu<lb/> unterſtützen, brechend, die den Polen ſchuldige Pflicht ſchnöde verläug-<lb/> nend, und ihre Nationalität auf mittelbare Weiſe vernichtend; man zö-<lb/> gerte und zauderte, bis ſich die von Furcht zuſammengeſchlagenen, mit<lb/> ſchwerer Schuld beladenen, von böſem Gewiſſen gefolterten Kabinette,<lb/> die den Kopf verloren hatten, vom Schrecken ſich erholten: ſie lagen in<lb/> Ohnmacht darnieder und die Kammerdiener rieben den Kabinetsprinzen-<lb/> Eſſig um die rathloſe Schläfe der gekrönten Häupter. Allmählich er-<lb/> wachten ſie aus der betäubenden Ohnmacht, und zitternd ſahen ſie, wie<lb/> die Völker, die die Kette von der eiſernen Stange geriſſen hatten,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0033]
die Reden von Widmann und Stromeyer hier mittheilen zu
können:
Rede von Widmann.
Deutſche Männer! Erlauben Sie mir, einige wenige Worte zu
ſprechen.
Es iſt eine nur kurze Zeit, wo ſich nicht blos für Deutſchland,
ſondern für Europa ein beſſeres Loos zu bereiten ſchien, zu jener Zeit
nämlich, als die Juli-Sonne aufging und ihre Strahlen nicht nur
über Deutſchland, ſondern über ganz Europa verbreitete. So ſchien
es, und es war leider nur Schein! — Anſtatt daß die Freiheit er-
blühte, ſproßte die Knechtſchaft hervor und ſchwärzte ſich ein durch die
erbärmliche franzöſiſche miniſterielle Krämerpolitik. Die muthige, frei-
heitliebende franzöſiſche Nation hatte in den Tagen des Juli das Prin-
zip des göttlichen Rechtes und der Legitimität, dieſes Prinzip des Un-
ſinnes und der Völkerbedrückung, in ſeinen Grundfeſten erſchüttert, und
die Volksſouverainität, das heißt die Herrſchaft des Volkes und die
der Vernunft proklamirt. Dieſe Proklamation ward in England, Spa-
nien, Italien, Deutſchland, Polen und überall mit allgemeinem Enthu-
ſiasmus aufgenommen, die Völker ſtimmten aus volleſter Ueberzeugung
ein. Millionen waren die Verbündeten Frankreichs, in deren Herzen
das für Freiheit begeiſterte Feuer brannte, und der Haß grollte gegen
die Bedrücker und Betrüger der Menſchheit. Es galt, die Triebfedern
in Bewegung zu ſetzen, und die Seſſel, worauf die Junker und Ariſto-
kraten thronten, ſtürzten krachend zuſammen, und der Hochaltar war
erbaut, worauf der Göttin der Freiheit geopfert wurde. Frei wären
die Völker geweſen, die Freiheit hätte die Reiſe um die Welt gemacht.
Allein man verſtand den Augenblick nicht zu benützen; man beſtand
hartnäckig auf dem Frieden, die Ehre und den Ruhm der franzöſiſchen
Nation befleckend, das gegebene Wort, die Patrioten des Auslandes zu
unterſtützen, brechend, die den Polen ſchuldige Pflicht ſchnöde verläug-
nend, und ihre Nationalität auf mittelbare Weiſe vernichtend; man zö-
gerte und zauderte, bis ſich die von Furcht zuſammengeſchlagenen, mit
ſchwerer Schuld beladenen, von böſem Gewiſſen gefolterten Kabinette,
die den Kopf verloren hatten, vom Schrecken ſich erholten: ſie lagen in
Ohnmacht darnieder und die Kammerdiener rieben den Kabinetsprinzen-
Eſſig um die rathloſe Schläfe der gekrönten Häupter. Allmählich er-
wachten ſie aus der betäubenden Ohnmacht, und zitternd ſahen ſie, wie
die Völker, die die Kette von der eiſernen Stange geriſſen hatten,
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