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Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832.

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keit und Vaterlandsliebe. -- Als Reformation und Buchdrucker-
kunst
die Menschen einigermaßen zum Nachdenken brachten, da war für
immer der blinde Glaube und blinde Gehorsam vernichtet;
und als vollends die freie Presse ihr Licht in das finstere Staats-
gebäude trug, als sie den Sinn für die öffentlichen Angelegenheiten
weckte, da war die Grundlage der Zukunft -- der Volksherrligkeit
für immer unerschütterlich gelegt. -- Zuerst leuchteten in England die
Morgenstrahlen eines schönern Tages, aus der Nacht des Mittelalters.
Aber der Tag wurde heller -- diese aristokratische Freiheit genügte nicht
mehr -- Freiheit und Gleichheit -- ward das Losungswort, erst
in Amerika, dann in Frankreich. Gleichheit! mit diesem einfachen,
klaren, durchgreifenden Prinzip -- ist Freiheit und Gerechtig-
keit
erst möglich. -- Weg mit Privilegien und Vorrechten! -- Weg
mit den Gleichgewichtstheorien und dem ständischen Wirrwarr! Der
Bürgerwille ist Gesetz -- dies wird vollstrecket in der Bürger Auftrag
und Sold! -- Begeistern kann die Idee der Gleichheit noch nicht, sie
kann blos die Hindernisse des Bessern umreißen, wahrhaft bauen, das
muß eine höhere, die Idee der Nationalität, der Volksherrlichkeit. --
Diese schließt Freiheit und Gleichheit nothwendig schon ein.
Diese große Idee beherrscht unser Jahrhundert; -- sie führte die be-
wunderungswürdigen polnischen Schaaren; sie wird Deutschland vereini-
gen; sie wird ganz Europa zu Freistaaten gestalten: dieser Idee hat
die deutsche Jugend sich mit Gut und Blut verschworen. --

Unser Vaterland, geehrte Mitbürger! scheint dazu bestimmt, diese
Idee der Volksherrlichkeit zuerst ins Leben zu führen. Deutschland,
das Herz Europa's soll dann, als mächtiger, volksthümlicher Freistaat,
mit schirmender und schützender Liebe über die Wiedergeburt des übri-
gen Europas wachen. Polen wird es herstellen, Italiens Vereinigung
beschirmen, das französische Belgien mit Frankreich, das deutsche Elsaß
und Lothringen wieder mit Deutschland verbinden, Ungarns Freiheit
und Selbstständigkeit achten, und wird stolz seyn auf die Achtung und
Liebe der dankbaren Völker. Von Deutschland aus ist das abgelebte
Alterthum vernichtet; von Deutschland aus ist die Reformation, und
mit ihr die Freiheit in die neue Welt gekommen; von Deutschland aus
soll Volksgeist und Vaterlandsliebe unter die Nationen gebracht werden.

Von jeher war der deutsche Charakter fest, innig und rein.
Schon Tacitus ist voll von dem Lobe unserer Vorfahren. Freiheitssinn
und Tapferkeit waren ihre Tugenden, diese lehrten ihre Priester, hierin

keit und Vaterlandsliebe. — Als Reformation und Buchdrucker-
kunſt
die Menſchen einigermaßen zum Nachdenken brachten, da war für
immer der blinde Glaube und blinde Gehorſam vernichtet;
und als vollends die freie Preſſe ihr Licht in das finſtere Staats-
gebäude trug, als ſie den Sinn für die öffentlichen Angelegenheiten
weckte, da war die Grundlage der Zukunft — der Volksherrligkeit
für immer unerſchütterlich gelegt. — Zuerſt leuchteten in England die
Morgenſtrahlen eines ſchönern Tages, aus der Nacht des Mittelalters.
Aber der Tag wurde heller — dieſe ariſtokratiſche Freiheit genügte nicht
mehr — Freiheit und Gleichheit — ward das Loſungswort, erſt
in Amerika, dann in Frankreich. Gleichheit! mit dieſem einfachen,
klaren, durchgreifenden Prinzip — iſt Freiheit und Gerechtig-
keit
erſt möglich. — Weg mit Privilegien und Vorrechten! — Weg
mit den Gleichgewichtstheorien und dem ſtändiſchen Wirrwarr! Der
Bürgerwille iſt Geſetz — dies wird vollſtrecket in der Bürger Auftrag
und Sold! — Begeiſtern kann die Idee der Gleichheit noch nicht, ſie
kann blos die Hinderniſſe des Beſſern umreißen, wahrhaft bauen, das
muß eine höhere, die Idee der Nationalität, der Volksherrlichkeit. —
Dieſe ſchließt Freiheit und Gleichheit nothwendig ſchon ein.
Dieſe große Idee beherrſcht unſer Jahrhundert; — ſie führte die be-
wunderungswürdigen polniſchen Schaaren; ſie wird Deutſchland vereini-
gen; ſie wird ganz Europa zu Freiſtaaten geſtalten: dieſer Idee hat
die deutſche Jugend ſich mit Gut und Blut verſchworen. —

Unſer Vaterland, geehrte Mitbürger! ſcheint dazu beſtimmt, dieſe
Idee der Volksherrlichkeit zuerſt ins Leben zu führen. Deutſchland,
das Herz Europa’s ſoll dann, als mächtiger, volksthümlicher Freiſtaat,
mit ſchirmender und ſchützender Liebe über die Wiedergeburt des übri-
gen Europas wachen. Polen wird es herſtellen, Italiens Vereinigung
beſchirmen, das franzöſiſche Belgien mit Frankreich, das deutſche Elſaß
und Lothringen wieder mit Deutſchland verbinden, Ungarns Freiheit
und Selbſtſtändigkeit achten, und wird ſtolz ſeyn auf die Achtung und
Liebe der dankbaren Völker. Von Deutſchland aus iſt das abgelebte
Alterthum vernichtet; von Deutſchland aus iſt die Reformation, und
mit ihr die Freiheit in die neue Welt gekommen; von Deutſchland aus
ſoll Volksgeiſt und Vaterlandsliebe unter die Nationen gebracht werden.

Von jeher war der deutſche Charakter feſt, innig und rein.
Schon Tacitus iſt voll von dem Lobe unſerer Vorfahren. Freiheitsſinn
und Tapferkeit waren ihre Tugenden, dieſe lehrten ihre Prieſter, hierin

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[78/0020] keit und Vaterlandsliebe. — Als Reformation und Buchdrucker- kunſt die Menſchen einigermaßen zum Nachdenken brachten, da war für immer der blinde Glaube und blinde Gehorſam vernichtet; und als vollends die freie Preſſe ihr Licht in das finſtere Staats- gebäude trug, als ſie den Sinn für die öffentlichen Angelegenheiten weckte, da war die Grundlage der Zukunft — der Volksherrligkeit für immer unerſchütterlich gelegt. — Zuerſt leuchteten in England die Morgenſtrahlen eines ſchönern Tages, aus der Nacht des Mittelalters. Aber der Tag wurde heller — dieſe ariſtokratiſche Freiheit genügte nicht mehr — Freiheit und Gleichheit — ward das Loſungswort, erſt in Amerika, dann in Frankreich. Gleichheit! mit dieſem einfachen, klaren, durchgreifenden Prinzip — iſt Freiheit und Gerechtig- keit erſt möglich. — Weg mit Privilegien und Vorrechten! — Weg mit den Gleichgewichtstheorien und dem ſtändiſchen Wirrwarr! Der Bürgerwille iſt Geſetz — dies wird vollſtrecket in der Bürger Auftrag und Sold! — Begeiſtern kann die Idee der Gleichheit noch nicht, ſie kann blos die Hinderniſſe des Beſſern umreißen, wahrhaft bauen, das muß eine höhere, die Idee der Nationalität, der Volksherrlichkeit. — Dieſe ſchließt Freiheit und Gleichheit nothwendig ſchon ein. Dieſe große Idee beherrſcht unſer Jahrhundert; — ſie führte die be- wunderungswürdigen polniſchen Schaaren; ſie wird Deutſchland vereini- gen; ſie wird ganz Europa zu Freiſtaaten geſtalten: dieſer Idee hat die deutſche Jugend ſich mit Gut und Blut verſchworen. — Unſer Vaterland, geehrte Mitbürger! ſcheint dazu beſtimmt, dieſe Idee der Volksherrlichkeit zuerſt ins Leben zu führen. Deutſchland, das Herz Europa’s ſoll dann, als mächtiger, volksthümlicher Freiſtaat, mit ſchirmender und ſchützender Liebe über die Wiedergeburt des übri- gen Europas wachen. Polen wird es herſtellen, Italiens Vereinigung beſchirmen, das franzöſiſche Belgien mit Frankreich, das deutſche Elſaß und Lothringen wieder mit Deutſchland verbinden, Ungarns Freiheit und Selbſtſtändigkeit achten, und wird ſtolz ſeyn auf die Achtung und Liebe der dankbaren Völker. Von Deutſchland aus iſt das abgelebte Alterthum vernichtet; von Deutſchland aus iſt die Reformation, und mit ihr die Freiheit in die neue Welt gekommen; von Deutſchland aus ſoll Volksgeiſt und Vaterlandsliebe unter die Nationen gebracht werden. Von jeher war der deutſche Charakter feſt, innig und rein. Schon Tacitus iſt voll von dem Lobe unſerer Vorfahren. Freiheitsſinn und Tapferkeit waren ihre Tugenden, dieſe lehrten ihre Prieſter, hierin

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Zitationshilfe: Wirth, Johann Georg August: Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach. Heft 2. Neustadt, 1832, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wirth_nationalfest02_1832/20>, abgerufen am 24.11.2024.