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Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

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Von der Kunst unter den Griechen.
Wachse, womit sie dieselben überzogen, wie Vitruvius 1) und Plinius 2)
melden, und dadurch erhöheten sie zu gleicher Zeit den Glanz der Farben.
Dieses hat sich in einigen Zimmern verschütteter Häuser der alten Stadt
Resina, nahe bey dem alten Herculano gelegen, gezeiget. Die Wände
hatten Felder von Cinnober, von socher Schönheit, daß es Purpur schien,
da man dieselben aber nahe an das Feuer brachte, um den angesetzten
Tarter abzulösen, zerschmolz das Wachs, womit die Gemälde überzogen
waren. Es fand sich auch eine Tafel von weißem Wachse unter Farben
liegen, in einem Zimmer des unterirrdischen Herculanum; vermuthlich war
man beschäftiget, dasselbe auszumalen, da der unglückliche Ausbruch des
Vesuvius kam, und alles überschüttete.

Ich habe dem Liebhaber so wohl, als dem Künstler, das Vergnügen
nicht nehmen wollen, über die in den fünf Stücken dieses Capitels ent-
haltene Lehren und Anmerkungen eigene Betrachtungen zu machen, und
hinzuzuthun; und es wird aus jenen in Schriften der Gelehrten, die sich
in dieses Feld gewaget haben, etwas zu verbessern übrig seyn. Beyde
aber, wenn sie unter Anführung dieser Geschichte die Werke Griechischer
Kunst zu betrachten, Gelegenheit und Zeit haben, setzen bey sich fest,
daß nichts in der Kunst klein sey, und was leicht zu bemerken gewesen
scheinen wird, ist es mehrentheils nur wie des Columbus Ey. Es kann
auch alles, was ich angemerket habe, ob gleich mit dem Buche in der
Hand, in einem Monate (die gewöhnliche Zeit des Aufenthalts der
deutschen Reisenden in Rom) nicht durchgesehen und gefunden werden.

Aber
1) L. 7. c. 9.
2) L. 33. c. 40.

Von der Kunſt unter den Griechen.
Wachſe, womit ſie dieſelben uͤberzogen, wie Vitruvius 1) und Plinius 2)
melden, und dadurch erhoͤheten ſie zu gleicher Zeit den Glanz der Farben.
Dieſes hat ſich in einigen Zimmern verſchuͤtteter Haͤuſer der alten Stadt
Reſina, nahe bey dem alten Herculano gelegen, gezeiget. Die Waͤnde
hatten Felder von Cinnober, von ſocher Schoͤnheit, daß es Purpur ſchien,
da man dieſelben aber nahe an das Feuer brachte, um den angeſetzten
Tarter abzuloͤſen, zerſchmolz das Wachs, womit die Gemaͤlde uͤberzogen
waren. Es fand ſich auch eine Tafel von weißem Wachſe unter Farben
liegen, in einem Zimmer des unterirrdiſchen Herculanum; vermuthlich war
man beſchaͤftiget, daſſelbe auszumalen, da der ungluͤckliche Ausbruch des
Veſuvius kam, und alles uͤberſchuͤttete.

Ich habe dem Liebhaber ſo wohl, als dem Kuͤnſtler, das Vergnuͤgen
nicht nehmen wollen, uͤber die in den fuͤnf Stuͤcken dieſes Capitels ent-
haltene Lehren und Anmerkungen eigene Betrachtungen zu machen, und
hinzuzuthun; und es wird aus jenen in Schriften der Gelehrten, die ſich
in dieſes Feld gewaget haben, etwas zu verbeſſern uͤbrig ſeyn. Beyde
aber, wenn ſie unter Anfuͤhrung dieſer Geſchichte die Werke Griechiſcher
Kunſt zu betrachten, Gelegenheit und Zeit haben, ſetzen bey ſich feſt,
daß nichts in der Kunſt klein ſey, und was leicht zu bemerken geweſen
ſcheinen wird, iſt es mehrentheils nur wie des Columbus Ey. Es kann
auch alles, was ich angemerket habe, ob gleich mit dem Buche in der
Hand, in einem Monate (die gewoͤhnliche Zeit des Aufenthalts der
deutſchen Reiſenden in Rom) nicht durchgeſehen und gefunden werden.

Aber
1) L. 7. c. 9.
2) L. 33. c. 40.
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[287/0337] Von der Kunſt unter den Griechen. Wachſe, womit ſie dieſelben uͤberzogen, wie Vitruvius 1) und Plinius 2) melden, und dadurch erhoͤheten ſie zu gleicher Zeit den Glanz der Farben. Dieſes hat ſich in einigen Zimmern verſchuͤtteter Haͤuſer der alten Stadt Reſina, nahe bey dem alten Herculano gelegen, gezeiget. Die Waͤnde hatten Felder von Cinnober, von ſocher Schoͤnheit, daß es Purpur ſchien, da man dieſelben aber nahe an das Feuer brachte, um den angeſetzten Tarter abzuloͤſen, zerſchmolz das Wachs, womit die Gemaͤlde uͤberzogen waren. Es fand ſich auch eine Tafel von weißem Wachſe unter Farben liegen, in einem Zimmer des unterirrdiſchen Herculanum; vermuthlich war man beſchaͤftiget, daſſelbe auszumalen, da der ungluͤckliche Ausbruch des Veſuvius kam, und alles uͤberſchuͤttete. Ich habe dem Liebhaber ſo wohl, als dem Kuͤnſtler, das Vergnuͤgen nicht nehmen wollen, uͤber die in den fuͤnf Stuͤcken dieſes Capitels ent- haltene Lehren und Anmerkungen eigene Betrachtungen zu machen, und hinzuzuthun; und es wird aus jenen in Schriften der Gelehrten, die ſich in dieſes Feld gewaget haben, etwas zu verbeſſern uͤbrig ſeyn. Beyde aber, wenn ſie unter Anfuͤhrung dieſer Geſchichte die Werke Griechiſcher Kunſt zu betrachten, Gelegenheit und Zeit haben, ſetzen bey ſich feſt, daß nichts in der Kunſt klein ſey, und was leicht zu bemerken geweſen ſcheinen wird, iſt es mehrentheils nur wie des Columbus Ey. Es kann auch alles, was ich angemerket habe, ob gleich mit dem Buche in der Hand, in einem Monate (die gewoͤhnliche Zeit des Aufenthalts der deutſchen Reiſenden in Rom) nicht durchgeſehen und gefunden werden. Aber 1) L. 7. c. 9. 2) L. 33. c. 40.

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Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/337>, abgerufen am 22.11.2024.