Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Kunst unter den Griechen.
finden von einer Statue Nachricht, welche zu Elis 1) einem Spartanischen
Ringer, Eutelides, schon in der acht und dreyßigsten Olympias aufgerichtet
worden; und vermuthlich ist dieselbe nicht die erste gewesen. In kleineren
Spielen, wie zu Megara, wurde ein Stein 2) mit dem Namen des Siegers
aufgerichtet. Daher suchten sich die größten Männer unter den Griechen
in der Jugend in den Spielen hervorzuthun; Chrysippus und Cleanthes
wurden hier eher, als durch ihre Weltweisheit, bekannt; ja Plato selbst er-
schien unter den Ringern in den Isthmischen Spielen zu Corinth, und
in den Pythischen zu Sicyon. Pythagoras 3) trug zu Elis den Preis da-
von, und unterrichtete den Eurymenes, daß er an eben dem Orte den
Sieg, erhielt. Auch unter den Römern waren die Leibes-Uebungen der
Weg einen Namen zu erhalten, und Papirius, welcher die Schande der
Römer ad Furculas Caudinas an den Samnitern rächete, ist uns we-
niger durch diesen Sieg, als durch seinen Beynamen, der Läufer 4), wel-
chen auch Achilles beym Homerus führet, bekannt.

Eine Statue des Siegers 5), in dessen Gleichheit und Aehnlichkeit,
an dem heiligsten Orte in Griechenland gesetzet, und von dem ganzen Vol-
ke gesehen und verehret, war ein mächtiger Antrieb, nicht weniger dieselbe
zu machen, als zu erlangen, und niemals ist für Künstler, unter irgend
einem Volke von ie an, eine so häufige Gelegenheit gewesen, sich zu zeigen;
der Statuen in den Tempeln so wohl der Götter 6), als ihrer Priester
und Priesterinnen 7), nicht zu gedenken. Den Siegern in den großen
Spielen wurden nicht allein an dem Orte der Spiele, und vielen nach der

Anzahl 8)
1) Pausan. L. 6. p. 490. l. 15.
2) Pind. Olymp. 7. v. 157.
3) Bentley Diss. upon Phalar. p. 53.
4) Liv. L. 9. c. 16.
5) Lucian. pro Imag. p. 490.
6) Die Einwohner der Liparischen Inseln ließen dem Apollo so viel Statuen in Delphos
setzen, als Schiffe sie von den Hetruriern genommen hatten. Pausan. L. 10. p. 836. l. 7.
7) Pausan. L. 2. p. 148. l. 4. p. 195. l. 32. L. 7. p. 589. l. 36.
R 2

Von der Kunſt unter den Griechen.
finden von einer Statue Nachricht, welche zu Elis 1) einem Spartaniſchen
Ringer, Eutelides, ſchon in der acht und dreyßigſten Olympias aufgerichtet
worden; und vermuthlich iſt dieſelbe nicht die erſte geweſen. In kleineren
Spielen, wie zu Megara, wurde ein Stein 2) mit dem Namen des Siegers
aufgerichtet. Daher ſuchten ſich die groͤßten Maͤnner unter den Griechen
in der Jugend in den Spielen hervorzuthun; Chryſippus und Cleanthes
wurden hier eher, als durch ihre Weltweisheit, bekannt; ja Plato ſelbſt er-
ſchien unter den Ringern in den Iſthmiſchen Spielen zu Corinth, und
in den Pythiſchen zu Sicyon. Pythagoras 3) trug zu Elis den Preis da-
von, und unterrichtete den Eurymenes, daß er an eben dem Orte den
Sieg, erhielt. Auch unter den Roͤmern waren die Leibes-Uebungen der
Weg einen Namen zu erhalten, und Papirius, welcher die Schande der
Roͤmer ad Furculas Caudinas an den Samnitern raͤchete, iſt uns we-
niger durch dieſen Sieg, als durch ſeinen Beynamen, der Laͤufer 4), wel-
chen auch Achilles beym Homerus fuͤhret, bekannt.

Eine Statue des Siegers 5), in deſſen Gleichheit und Aehnlichkeit,
an dem heiligſten Orte in Griechenland geſetzet, und von dem ganzen Vol-
ke geſehen und verehret, war ein maͤchtiger Antrieb, nicht weniger dieſelbe
zu machen, als zu erlangen, und niemals iſt fuͤr Kuͤnſtler, unter irgend
einem Volke von ie an, eine ſo haͤufige Gelegenheit geweſen, ſich zu zeigen;
der Statuen in den Tempeln ſo wohl der Goͤtter 6), als ihrer Prieſter
und Prieſterinnen 7), nicht zu gedenken. Den Siegern in den großen
Spielen wurden nicht allein an dem Orte der Spiele, und vielen nach der

Anzahl 8)
1) Pauſan. L. 6. p. 490. l. 15.
2) Pind. Olymp. 7. v. 157.
3) Bentley Diſſ. upon Phalar. p. 53.
4) Liv. L. 9. c. 16.
5) Lucian. pro Imag. p. 490.
6) Die Einwohner der Lipariſchen Inſeln ließen dem Apollo ſo viel Statuen in Delphos
ſetzen, als Schiffe ſie von den Hetruriern genommen hatten. Pauſan. L. 10. p. 836. l. 7.
7) Pauſan. L. 2. p. 148. l. 4. p. 195. l. 32. L. 7. p. 589. l. 36.
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0181" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Kun&#x017F;t unter den Griechen.</hi></fw><lb/>
finden von einer Statue Nachricht, welche zu Elis <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Pau&#x017F;an. L. 6. p. 490. l.</hi> 15.</note> einem Spartani&#x017F;chen<lb/>
Ringer, Eutelides, &#x017F;chon in der acht und dreyßig&#x017F;ten Olympias aufgerichtet<lb/>
worden; und vermuthlich i&#x017F;t die&#x017F;elbe nicht die er&#x017F;te gewe&#x017F;en. In kleineren<lb/>
Spielen, wie zu Megara, wurde ein Stein <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Pind. Olymp. 7. v.</hi> 157.</note> mit dem Namen des Siegers<lb/>
aufgerichtet. Daher &#x017F;uchten &#x017F;ich die gro&#x0364;ßten Ma&#x0364;nner unter den Griechen<lb/>
in der Jugend in den Spielen hervorzuthun; Chry&#x017F;ippus und Cleanthes<lb/>
wurden hier eher, als durch ihre Weltweisheit, bekannt; ja Plato &#x017F;elb&#x017F;t er-<lb/>
&#x017F;chien unter den Ringern in den I&#x017F;thmi&#x017F;chen Spielen zu Corinth, und<lb/>
in den Pythi&#x017F;chen zu Sicyon. Pythagoras <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Bentley Di&#x017F;&#x017F;. upon Phalar. p.</hi> 53.</note> trug zu Elis den Preis da-<lb/>
von, und unterrichtete den Eurymenes, daß er an eben dem Orte den<lb/>
Sieg, erhielt. Auch unter den Ro&#x0364;mern waren die Leibes-Uebungen der<lb/>
Weg einen Namen zu erhalten, und Papirius, welcher die Schande der<lb/>
Ro&#x0364;mer <hi rendition="#aq">ad Furculas Caudinas</hi> an den Samnitern ra&#x0364;chete, i&#x017F;t uns we-<lb/>
niger durch die&#x017F;en Sieg, als durch &#x017F;einen Beynamen, <hi rendition="#fr">der La&#x0364;ufer</hi> <note place="foot" n="4)"><hi rendition="#aq">Liv. L. 9. c.</hi> 16.</note>, wel-<lb/>
chen auch Achilles beym Homerus fu&#x0364;hret, bekannt.</p><lb/>
              <p>Eine Statue des Siegers <note place="foot" n="5)"><hi rendition="#aq">Lucian. pro Imag. p.</hi> 490.</note>, in de&#x017F;&#x017F;en Gleichheit und Aehnlichkeit,<lb/>
an dem heilig&#x017F;ten Orte in Griechenland ge&#x017F;etzet, und von dem ganzen Vol-<lb/>
ke ge&#x017F;ehen und verehret, war ein ma&#x0364;chtiger Antrieb, nicht weniger die&#x017F;elbe<lb/>
zu machen, als zu erlangen, und niemals i&#x017F;t fu&#x0364;r Ku&#x0364;n&#x017F;tler, unter irgend<lb/>
einem Volke von ie an, eine &#x017F;o ha&#x0364;ufige Gelegenheit gewe&#x017F;en, &#x017F;ich zu zeigen;<lb/>
der Statuen in den Tempeln &#x017F;o wohl der Go&#x0364;tter <note place="foot" n="6)">Die Einwohner der Lipari&#x017F;chen In&#x017F;eln ließen dem Apollo &#x017F;o viel Statuen in Delphos<lb/>
&#x017F;etzen, als Schiffe &#x017F;ie von den Hetruriern genommen hatten. <hi rendition="#aq">Pau&#x017F;an. L. 10. p. 836. l.</hi> 7.</note>, als ihrer Prie&#x017F;ter<lb/>
und Prie&#x017F;terinnen <note place="foot" n="7)"><hi rendition="#aq">Pau&#x017F;an. L. 2. p. 148. l. 4. p. 195. l. 32. L. 7. p. 589. l.</hi> 36.</note>, nicht zu gedenken. Den Siegern in den großen<lb/>
Spielen wurden nicht allein an dem Orte der Spiele, und vielen nach der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Anzahl <hi rendition="#sup">8</hi>)</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0181] Von der Kunſt unter den Griechen. finden von einer Statue Nachricht, welche zu Elis 1) einem Spartaniſchen Ringer, Eutelides, ſchon in der acht und dreyßigſten Olympias aufgerichtet worden; und vermuthlich iſt dieſelbe nicht die erſte geweſen. In kleineren Spielen, wie zu Megara, wurde ein Stein 2) mit dem Namen des Siegers aufgerichtet. Daher ſuchten ſich die groͤßten Maͤnner unter den Griechen in der Jugend in den Spielen hervorzuthun; Chryſippus und Cleanthes wurden hier eher, als durch ihre Weltweisheit, bekannt; ja Plato ſelbſt er- ſchien unter den Ringern in den Iſthmiſchen Spielen zu Corinth, und in den Pythiſchen zu Sicyon. Pythagoras 3) trug zu Elis den Preis da- von, und unterrichtete den Eurymenes, daß er an eben dem Orte den Sieg, erhielt. Auch unter den Roͤmern waren die Leibes-Uebungen der Weg einen Namen zu erhalten, und Papirius, welcher die Schande der Roͤmer ad Furculas Caudinas an den Samnitern raͤchete, iſt uns we- niger durch dieſen Sieg, als durch ſeinen Beynamen, der Laͤufer 4), wel- chen auch Achilles beym Homerus fuͤhret, bekannt. Eine Statue des Siegers 5), in deſſen Gleichheit und Aehnlichkeit, an dem heiligſten Orte in Griechenland geſetzet, und von dem ganzen Vol- ke geſehen und verehret, war ein maͤchtiger Antrieb, nicht weniger dieſelbe zu machen, als zu erlangen, und niemals iſt fuͤr Kuͤnſtler, unter irgend einem Volke von ie an, eine ſo haͤufige Gelegenheit geweſen, ſich zu zeigen; der Statuen in den Tempeln ſo wohl der Goͤtter 6), als ihrer Prieſter und Prieſterinnen 7), nicht zu gedenken. Den Siegern in den großen Spielen wurden nicht allein an dem Orte der Spiele, und vielen nach der Anzahl 8) 1) Pauſan. L. 6. p. 490. l. 15. 2) Pind. Olymp. 7. v. 157. 3) Bentley Diſſ. upon Phalar. p. 53. 4) Liv. L. 9. c. 16. 5) Lucian. pro Imag. p. 490. 6) Die Einwohner der Lipariſchen Inſeln ließen dem Apollo ſo viel Statuen in Delphos ſetzen, als Schiffe ſie von den Hetruriern genommen hatten. Pauſan. L. 10. p. 836. l. 7. 7) Pauſan. L. 2. p. 148. l. 4. p. 195. l. 32. L. 7. p. 589. l. 36. R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/181
Zitationshilfe: Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/winckelmann_kunstgeschichte01_1764/181>, abgerufen am 21.11.2024.