Winckelmann, Johann Joachim: Geschichte der Kunst des Alterthums. Bd. 1. Dresden, 1764.Von der Kunst unter den Hetruriern. dem Markte zu Albano stand, und itzo im Campidoglio ist, mit den zwölfArbeiten des Hercules. Man könnte einwenden, daß an diesem Hercules die Theile vielleicht nicht empfindlicher und schwülstiger, als an dem Far- nesischen Hercules, vorgestellet sind, und daß hieraus auf die Hetrurische Arbeit desselben nicht zu schließen sey: ich muß dieses eingestehen, und habe kein anderes Kennzeichen, als dessen Bart, welcher spitzig ist, und wor- an die Locken durch kleine Ringeln, oder vielmehr Kügelchen, Reihenweis angedeutet sind. Dieses war die älteste Art der Form und der Arbeit der Bärte, aber sie war es nicht mehr, da die Griechischen Künste in Rom ein- geführet wurden, und an Werken dieser Künstler wurde der Bart nicht spitzig, sondern freyer gekräuselt, und so, wie derselbe dem Griechischen Hercules eigen ist. Unter den geschnittenen Steinen habe ich theils die ältesten, theilsD. und N 2
Von der Kunſt unter den Hetruriern. dem Markte zu Albano ſtand, und itzo im Campidoglio iſt, mit den zwoͤlfArbeiten des Hercules. Man koͤnnte einwenden, daß an dieſem Hercules die Theile vielleicht nicht empfindlicher und ſchwuͤlſtiger, als an dem Far- neſiſchen Hercules, vorgeſtellet ſind, und daß hieraus auf die Hetruriſche Arbeit deſſelben nicht zu ſchließen ſey: ich muß dieſes eingeſtehen, und habe kein anderes Kennzeichen, als deſſen Bart, welcher ſpitzig iſt, und wor- an die Locken durch kleine Ringeln, oder vielmehr Kuͤgelchen, Reihenweis angedeutet ſind. Dieſes war die aͤlteſte Art der Form und der Arbeit der Baͤrte, aber ſie war es nicht mehr, da die Griechiſchen Kuͤnſte in Rom ein- gefuͤhret wurden, und an Werken dieſer Kuͤnſtler wurde der Bart nicht ſpitzig, ſondern freyer gekraͤuſelt, und ſo, wie derſelbe dem Griechiſchen Hercules eigen iſt. Unter den geſchnittenen Steinen habe ich theils die aͤlteſten, theilsD. und N 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0149" n="99"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Kunſt unter den Hetruriern.</hi></fw><lb/> dem Markte zu Albano ſtand, und itzo im Campidoglio iſt, mit den zwoͤlf<lb/> Arbeiten des Hercules. Man koͤnnte einwenden, daß an dieſem Hercules<lb/> die Theile vielleicht nicht empfindlicher und ſchwuͤlſtiger, als an dem Far-<lb/> neſiſchen Hercules, vorgeſtellet ſind, und daß hieraus auf die Hetruriſche<lb/> Arbeit deſſelben nicht zu ſchließen ſey: ich muß dieſes eingeſtehen, und habe<lb/> kein anderes Kennzeichen, als deſſen Bart, welcher ſpitzig iſt, und wor-<lb/> an die Locken durch kleine Ringeln, oder vielmehr Kuͤgelchen, Reihenweis<lb/> angedeutet ſind. Dieſes war die aͤlteſte Art der Form und der Arbeit der<lb/> Baͤrte, aber ſie war es nicht mehr, da die Griechiſchen Kuͤnſte in Rom ein-<lb/> gefuͤhret wurden, und an Werken dieſer Kuͤnſtler wurde der Bart nicht<lb/> ſpitzig, ſondern freyer gekraͤuſelt, und ſo, wie derſelbe dem Griechiſchen<lb/> Hercules eigen iſt.</p><lb/> <p>Unter den geſchnittenen Steinen habe ich theils die aͤlteſten, theils<note place="right"><hi rendition="#aq">D.</hi><lb/> Geſchnittene<lb/> Steine.</note><lb/> die ſchoͤnſten gewaͤhlet, damit das Urtheil aus denſelben richtiger und ge-<lb/> gruͤndeter ſeyn koͤnne. Wenn der Leſer augenſcheinlich Arbeiten von der<lb/> hoͤchſten Hetruriſchen Kunſt vor Augen hat, und die bey aller ihrer Schoͤn-<lb/> heit Unvollkommenheiten haben, ſo wird dasjenige, was ich im folgenden<lb/> Stuͤcke uͤber dieſelbe anmerken werde, um ſo vielmehr von geringeren Wer-<lb/> ken gelten koͤnnen. Die drey Steine, welche ich zum Grunde des folgenden<lb/> Beweiſes ſetzen werde, ſind, wie die mehreſten Hetruriſchen geſchnittenen<lb/> Steine, <hi rendition="#fr">Scarabei</hi>, das iſt, auf der erhobenen und gewoͤlbten Seite der-<lb/> ſelben iſt ein Kaͤfer gearbeitet; ſie ſind durchboret, weil dieſelben vermuth-<lb/> lich, als ein <hi rendition="#fr">Amulet</hi>, am Halſe getragen wurden. Einer der aͤlteſten ge-<lb/> ſchnittenen Steine, nicht allein unter den Hetruriſchen, ſondern uͤberhaupt<lb/> unter allen, die bekannt ſind, iſt ohne Zweifel derjenige Carniol im Stoßiſchen<lb/> Muſeo, welcher eine Berathſchlagung von fuͤnf Griechiſchen Helden zu dem<lb/> Zuge wider Theben vorſtellet, und welcher auf dem Titel-Blatte dieſes er-<lb/> ſten Theils in Kupfer ſtehet. Die zu den Figuren geſetzte Namen zeigen den<lb/><hi rendition="#fr">Polynices, Parthenopaͤus, Adraſtus, Tydeus</hi>, und <hi rendition="#fr">Amphiaraus</hi>;<lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [99/0149]
Von der Kunſt unter den Hetruriern.
dem Markte zu Albano ſtand, und itzo im Campidoglio iſt, mit den zwoͤlf
Arbeiten des Hercules. Man koͤnnte einwenden, daß an dieſem Hercules
die Theile vielleicht nicht empfindlicher und ſchwuͤlſtiger, als an dem Far-
neſiſchen Hercules, vorgeſtellet ſind, und daß hieraus auf die Hetruriſche
Arbeit deſſelben nicht zu ſchließen ſey: ich muß dieſes eingeſtehen, und habe
kein anderes Kennzeichen, als deſſen Bart, welcher ſpitzig iſt, und wor-
an die Locken durch kleine Ringeln, oder vielmehr Kuͤgelchen, Reihenweis
angedeutet ſind. Dieſes war die aͤlteſte Art der Form und der Arbeit der
Baͤrte, aber ſie war es nicht mehr, da die Griechiſchen Kuͤnſte in Rom ein-
gefuͤhret wurden, und an Werken dieſer Kuͤnſtler wurde der Bart nicht
ſpitzig, ſondern freyer gekraͤuſelt, und ſo, wie derſelbe dem Griechiſchen
Hercules eigen iſt.
Unter den geſchnittenen Steinen habe ich theils die aͤlteſten, theils
die ſchoͤnſten gewaͤhlet, damit das Urtheil aus denſelben richtiger und ge-
gruͤndeter ſeyn koͤnne. Wenn der Leſer augenſcheinlich Arbeiten von der
hoͤchſten Hetruriſchen Kunſt vor Augen hat, und die bey aller ihrer Schoͤn-
heit Unvollkommenheiten haben, ſo wird dasjenige, was ich im folgenden
Stuͤcke uͤber dieſelbe anmerken werde, um ſo vielmehr von geringeren Wer-
ken gelten koͤnnen. Die drey Steine, welche ich zum Grunde des folgenden
Beweiſes ſetzen werde, ſind, wie die mehreſten Hetruriſchen geſchnittenen
Steine, Scarabei, das iſt, auf der erhobenen und gewoͤlbten Seite der-
ſelben iſt ein Kaͤfer gearbeitet; ſie ſind durchboret, weil dieſelben vermuth-
lich, als ein Amulet, am Halſe getragen wurden. Einer der aͤlteſten ge-
ſchnittenen Steine, nicht allein unter den Hetruriſchen, ſondern uͤberhaupt
unter allen, die bekannt ſind, iſt ohne Zweifel derjenige Carniol im Stoßiſchen
Muſeo, welcher eine Berathſchlagung von fuͤnf Griechiſchen Helden zu dem
Zuge wider Theben vorſtellet, und welcher auf dem Titel-Blatte dieſes er-
ſten Theils in Kupfer ſtehet. Die zu den Figuren geſetzte Namen zeigen den
Polynices, Parthenopaͤus, Adraſtus, Tydeus, und Amphiaraus;
und
D.
Geſchnittene
Steine.
N 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |