Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Liesbeth thun mochte, um ihn zusammenzuhalten; sie ward darüber immer erboster, immer griffiger, und er im Trotz des bösen Gewissens immer heftiger; keine gute Stunde zog mehr herauf über das gottverlaßene Haus.



Scheidung.

Einmal schien es doch, als ob Georg sich fassen wolle; er blieb ein paar Abende daheim, bekümmerte sich mehr um die Feldarbeit und rüstete sich, am nächsten Markttage Frucht in die Stadt zu führen, weil sie eben hoch im Preise war. Liesbeth sah es nie gern, wenn er in die Stadt ging, doch wußte sie, daß ihr Widerspruch nichts ändere, daher begnügte sie sich nur mit Anspielungen, wie viel von dem Geld wohl unterwegs in Wirthshäusern bleibe und was für schöne Jungfern er unterwegs werde aufsitzen lassen. Er erwiderte nichts und machte sich fertig. Vor dem Abfahren ging er noch hinauf, Liesbeth hatte sich hinter den Küchenladen gestellt, um ihn gehen zu sehen, aber als er kam, rumorte sie in der Küche, als wäre sie in vollster Arbeit. Georg ging hinein und bot ihr die Hand zum Abschied; das war lange nicht geschehen, und Liesbeth sah ihn erstaunt, fast traurig an, eine seltsame Bewegung zuckte durch sein trotziges Gesicht. B'hüt die Gott, ich komm bald wieder, sagte er. -- Ja, wenn's g'wiß ist, sagte Liesbeth halb im Scherz, wenn d'um Elfe noch nicht da bist, will ich eben in den Chausseegräben nach

Liesbeth thun mochte, um ihn zusammenzuhalten; sie ward darüber immer erboster, immer griffiger, und er im Trotz des bösen Gewissens immer heftiger; keine gute Stunde zog mehr herauf über das gottverlaßene Haus.



Scheidung.

Einmal schien es doch, als ob Georg sich fassen wolle; er blieb ein paar Abende daheim, bekümmerte sich mehr um die Feldarbeit und rüstete sich, am nächsten Markttage Frucht in die Stadt zu führen, weil sie eben hoch im Preise war. Liesbeth sah es nie gern, wenn er in die Stadt ging, doch wußte sie, daß ihr Widerspruch nichts ändere, daher begnügte sie sich nur mit Anspielungen, wie viel von dem Geld wohl unterwegs in Wirthshäusern bleibe und was für schöne Jungfern er unterwegs werde aufsitzen lassen. Er erwiderte nichts und machte sich fertig. Vor dem Abfahren ging er noch hinauf, Liesbeth hatte sich hinter den Küchenladen gestellt, um ihn gehen zu sehen, aber als er kam, rumorte sie in der Küche, als wäre sie in vollster Arbeit. Georg ging hinein und bot ihr die Hand zum Abschied; das war lange nicht geschehen, und Liesbeth sah ihn erstaunt, fast traurig an, eine seltsame Bewegung zuckte durch sein trotziges Gesicht. B'hüt die Gott, ich komm bald wieder, sagte er. — Ja, wenn's g'wiß ist, sagte Liesbeth halb im Scherz, wenn d'um Elfe noch nicht da bist, will ich eben in den Chausseegräben nach

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <p><pb facs="#f0030"/>
Liesbeth thun mochte, um ihn zusammenzuhalten; sie ward darüber immer erboster, immer      griffiger, und er im Trotz des bösen Gewissens immer heftiger; keine gute Stunde zog mehr      herauf über das gottverlaßene Haus.</p><lb/>
      </div>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="chapter" n="6">
        <head>Scheidung.</head>
        <p>Einmal schien es doch, als ob Georg sich fassen wolle; er blieb ein paar Abende daheim,      bekümmerte sich mehr um die Feldarbeit und rüstete sich, am nächsten Markttage Frucht in die      Stadt zu führen, weil sie eben hoch im Preise war. Liesbeth sah es nie gern, wenn er in die      Stadt ging, doch wußte sie, daß ihr Widerspruch nichts ändere, daher begnügte sie sich nur mit      Anspielungen, wie viel von dem Geld wohl unterwegs in Wirthshäusern bleibe und was für schöne      Jungfern er unterwegs werde aufsitzen lassen. Er erwiderte nichts und machte sich fertig. Vor      dem Abfahren ging er noch hinauf, Liesbeth hatte sich hinter den Küchenladen gestellt, um ihn      gehen zu sehen, aber als er kam, rumorte sie in der Küche, als wäre sie in vollster Arbeit.      Georg ging hinein und bot ihr die Hand zum Abschied; das war lange nicht geschehen, und      Liesbeth sah ihn erstaunt, fast traurig an, eine seltsame Bewegung zuckte durch sein trotziges      Gesicht. B'hüt die Gott, ich komm bald wieder, sagte er. &#x2014; Ja, wenn's g'wiß ist, sagte Liesbeth      halb im Scherz, wenn d'um Elfe noch nicht da bist, will ich eben in den Chausseegräben nach<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0030] Liesbeth thun mochte, um ihn zusammenzuhalten; sie ward darüber immer erboster, immer griffiger, und er im Trotz des bösen Gewissens immer heftiger; keine gute Stunde zog mehr herauf über das gottverlaßene Haus. Scheidung. Einmal schien es doch, als ob Georg sich fassen wolle; er blieb ein paar Abende daheim, bekümmerte sich mehr um die Feldarbeit und rüstete sich, am nächsten Markttage Frucht in die Stadt zu führen, weil sie eben hoch im Preise war. Liesbeth sah es nie gern, wenn er in die Stadt ging, doch wußte sie, daß ihr Widerspruch nichts ändere, daher begnügte sie sich nur mit Anspielungen, wie viel von dem Geld wohl unterwegs in Wirthshäusern bleibe und was für schöne Jungfern er unterwegs werde aufsitzen lassen. Er erwiderte nichts und machte sich fertig. Vor dem Abfahren ging er noch hinauf, Liesbeth hatte sich hinter den Küchenladen gestellt, um ihn gehen zu sehen, aber als er kam, rumorte sie in der Küche, als wäre sie in vollster Arbeit. Georg ging hinein und bot ihr die Hand zum Abschied; das war lange nicht geschehen, und Liesbeth sah ihn erstaunt, fast traurig an, eine seltsame Bewegung zuckte durch sein trotziges Gesicht. B'hüt die Gott, ich komm bald wieder, sagte er. — Ja, wenn's g'wiß ist, sagte Liesbeth halb im Scherz, wenn d'um Elfe noch nicht da bist, will ich eben in den Chausseegräben nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:35:23Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:35:23Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/30
Zitationshilfe: Wildermuth, Ottilie: Streit in der Liebe und Liebe im Streit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 175–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wildermuth_streit_1910/30>, abgerufen am 20.04.2024.