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Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ten Hauses der Welt entsagen wollte, um in der Einsamkeit eines Klosters sein fleckenloses Leben dem Dienste des Herrn zu weihen. Doch so weit sollte es nicht kommen.

Die französische Revolution, dieser Samum, der die Welt verheerend daherzog und eine Generation unter seinem heißen Hauche vergrub, drang auch in die ferne Abgeschiedenheit, wo der junge Edelmann sinnend an dem Scheidewege seines Lebens stand. Zu aufgäklart, um der neuernden Wendung ihre Berechtigung abzusprechen, zu human, um an den Gräuelscenen des Volkes Theil zu nehmen, zu stolz, um seinen alten Namen durch irgend einen Verrath zu entweihen, zog Louis die Verbannung vor. Er rettete von dem Reste seines Vermögens, was er konnte, und wandte sich nach Deutschland, wo in B. ein alter Freund seiner Mutter lebte, den er zwar nicht kannte, der ihn aber um der lieben Verstorbenen willen mächtig zu sich zog. B. war wie fast alle Städte Deutschlands mit einer Flut von Emigranten überschwemmt, unter denen sich manche befanden, die mit seinem Vater befreundet gewesen, und da tönte ihm denn, unangenehm genug, die Erinnerung der Ausschweifungen entgegen, durch welche dieser sich bekannt gemacht.

Aber auch ohne jene zweifelhaften Freunde war er, seines hohen Namens wegen, wohin er sich in den Kreisen der Emigranten wandte, überall gern gesehen, und dennoch stand er bald sehr einsam und verlassen da. Sein stiller Ernst sagte bei genauerer Bekanntschaft nur Wenigen zu, und seine gemäßigten politischen Ansichten, die das Neue zwar nicht lobten, das Alte aber als die unverkennbare Wurzel dieser Neuzeit ansahen, kühlten selbst diese Wenigen ab. Seine Bescheidenheit söhnte Niemand mit seinen Meinungen aus, und alle diese meist jungen Leute, die mit den geretteten Trümmern ihres einstigen Vermögens fröhlich lebten, in der gewissen Erwartung einer nahen glück-

ten Hauses der Welt entsagen wollte, um in der Einsamkeit eines Klosters sein fleckenloses Leben dem Dienste des Herrn zu weihen. Doch so weit sollte es nicht kommen.

Die französische Revolution, dieser Samum, der die Welt verheerend daherzog und eine Generation unter seinem heißen Hauche vergrub, drang auch in die ferne Abgeschiedenheit, wo der junge Edelmann sinnend an dem Scheidewege seines Lebens stand. Zu aufgäklart, um der neuernden Wendung ihre Berechtigung abzusprechen, zu human, um an den Gräuelscenen des Volkes Theil zu nehmen, zu stolz, um seinen alten Namen durch irgend einen Verrath zu entweihen, zog Louis die Verbannung vor. Er rettete von dem Reste seines Vermögens, was er konnte, und wandte sich nach Deutschland, wo in B. ein alter Freund seiner Mutter lebte, den er zwar nicht kannte, der ihn aber um der lieben Verstorbenen willen mächtig zu sich zog. B. war wie fast alle Städte Deutschlands mit einer Flut von Emigranten überschwemmt, unter denen sich manche befanden, die mit seinem Vater befreundet gewesen, und da tönte ihm denn, unangenehm genug, die Erinnerung der Ausschweifungen entgegen, durch welche dieser sich bekannt gemacht.

Aber auch ohne jene zweifelhaften Freunde war er, seines hohen Namens wegen, wohin er sich in den Kreisen der Emigranten wandte, überall gern gesehen, und dennoch stand er bald sehr einsam und verlassen da. Sein stiller Ernst sagte bei genauerer Bekanntschaft nur Wenigen zu, und seine gemäßigten politischen Ansichten, die das Neue zwar nicht lobten, das Alte aber als die unverkennbare Wurzel dieser Neuzeit ansahen, kühlten selbst diese Wenigen ab. Seine Bescheidenheit söhnte Niemand mit seinen Meinungen aus, und alle diese meist jungen Leute, die mit den geretteten Trümmern ihres einstigen Vermögens fröhlich lebten, in der gewissen Erwartung einer nahen glück-

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[0075] ten Hauses der Welt entsagen wollte, um in der Einsamkeit eines Klosters sein fleckenloses Leben dem Dienste des Herrn zu weihen. Doch so weit sollte es nicht kommen. Die französische Revolution, dieser Samum, der die Welt verheerend daherzog und eine Generation unter seinem heißen Hauche vergrub, drang auch in die ferne Abgeschiedenheit, wo der junge Edelmann sinnend an dem Scheidewege seines Lebens stand. Zu aufgäklart, um der neuernden Wendung ihre Berechtigung abzusprechen, zu human, um an den Gräuelscenen des Volkes Theil zu nehmen, zu stolz, um seinen alten Namen durch irgend einen Verrath zu entweihen, zog Louis die Verbannung vor. Er rettete von dem Reste seines Vermögens, was er konnte, und wandte sich nach Deutschland, wo in B. ein alter Freund seiner Mutter lebte, den er zwar nicht kannte, der ihn aber um der lieben Verstorbenen willen mächtig zu sich zog. B. war wie fast alle Städte Deutschlands mit einer Flut von Emigranten überschwemmt, unter denen sich manche befanden, die mit seinem Vater befreundet gewesen, und da tönte ihm denn, unangenehm genug, die Erinnerung der Ausschweifungen entgegen, durch welche dieser sich bekannt gemacht. Aber auch ohne jene zweifelhaften Freunde war er, seines hohen Namens wegen, wohin er sich in den Kreisen der Emigranten wandte, überall gern gesehen, und dennoch stand er bald sehr einsam und verlassen da. Sein stiller Ernst sagte bei genauerer Bekanntschaft nur Wenigen zu, und seine gemäßigten politischen Ansichten, die das Neue zwar nicht lobten, das Alte aber als die unverkennbare Wurzel dieser Neuzeit ansahen, kühlten selbst diese Wenigen ab. Seine Bescheidenheit söhnte Niemand mit seinen Meinungen aus, und alle diese meist jungen Leute, die mit den geretteten Trümmern ihres einstigen Vermögens fröhlich lebten, in der gewissen Erwartung einer nahen glück-

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Zitationshilfe: Wild, Hermine [d. i. Adele Wesemael]: Eure Wege sind nicht meine Wege. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–210. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wild_wege_1910/75>, abgerufen am 23.11.2024.