Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

anders überlegt hast, so kann ich ja gleich wieder gehen, mich für das freundliche Wiedersehen bedanken und mir eine Andere aussuchen! Ich bin ja nicht so, daß ich mich aufdränge --

Du sprichst lauter unsinniges Zeug! unterbrach ihn die junge Frau mit harter Stimme, ohne sich daran zu kehren, daß ihm allmählich mehr und mehr die Zornader anlief. Ist das die Art, wie man seine Frau wiedersieht? Du schämst dich nicht, da hinter dem Busch zu stecken, als wär' ich ein schlechtes Weib, dem man bei Tag und bei Nacht auflauern muß? Lauf' ich dir nach China und Brasilien nach, um hinter deinem Rücken zuzuhören, was du den Chinesinnen vormachst? -- Wozu hast du mich denn geheirathet, wenn du mir nicht traust?

Johann Ohlerich ward durch diese Frage etwas außer Fassung gesetzt, erröthete über sein ganzes wetterbraunes Gesicht, -- doch dann auf einmal brach die Wuth bei ihm aus. Wozu -- wozu ich dich geheirathet habe? Damit ich 'ne ordentliche Frau im Hause hätte, die mir meinen Jungen aufzieht, statt mit so jungen Herren Bruder und Schwester zu spielen! Blitz und Hagelschlag! Und statt so vornehm zu thun und sich eine halbe Stunde lang vorreden zu lassen, daß sie für einen Warnemünder Steuermann zu gut ist -- und still dabei zu sitzen, wenn man ihr Heirathsanträge macht -- -- Herr Gott! -- -- Es war, als wenn die Wuth ihn ersticken müßte, er spuckte aus, um sich Luft zu machen. Dazu komm' ich nach Haus! fahre Tag und Nacht! und steh' hier nun wie ein Narr! wie ein -- -- Er suchte mit nutzloser Bemühung nach dem rechten Wort, warf seinen Hut auf die Erde und ließ ihn den Gang zwischen den Beeten hinunterrollen.

Du sagst selbst, wie du hier stehst! nahm Liesbeth wieder das Wort, mit einem Blick, aus dem ihr ganzer beleidigter Stolz ihn bedrohte. Du weißt nicht mehr, was du thust; komm erst wieder zu dir! Wenn du da hinter dem Busch deine Ohren aufgemacht hast, so weißt du auch, daß

anders überlegt hast, so kann ich ja gleich wieder gehen, mich für das freundliche Wiedersehen bedanken und mir eine Andere aussuchen! Ich bin ja nicht so, daß ich mich aufdränge —

Du sprichst lauter unsinniges Zeug! unterbrach ihn die junge Frau mit harter Stimme, ohne sich daran zu kehren, daß ihm allmählich mehr und mehr die Zornader anlief. Ist das die Art, wie man seine Frau wiedersieht? Du schämst dich nicht, da hinter dem Busch zu stecken, als wär' ich ein schlechtes Weib, dem man bei Tag und bei Nacht auflauern muß? Lauf' ich dir nach China und Brasilien nach, um hinter deinem Rücken zuzuhören, was du den Chinesinnen vormachst? — Wozu hast du mich denn geheirathet, wenn du mir nicht traust?

Johann Ohlerich ward durch diese Frage etwas außer Fassung gesetzt, erröthete über sein ganzes wetterbraunes Gesicht, — doch dann auf einmal brach die Wuth bei ihm aus. Wozu — wozu ich dich geheirathet habe? Damit ich 'ne ordentliche Frau im Hause hätte, die mir meinen Jungen aufzieht, statt mit so jungen Herren Bruder und Schwester zu spielen! Blitz und Hagelschlag! Und statt so vornehm zu thun und sich eine halbe Stunde lang vorreden zu lassen, daß sie für einen Warnemünder Steuermann zu gut ist — und still dabei zu sitzen, wenn man ihr Heirathsanträge macht — — Herr Gott! — — Es war, als wenn die Wuth ihn ersticken müßte, er spuckte aus, um sich Luft zu machen. Dazu komm' ich nach Haus! fahre Tag und Nacht! und steh' hier nun wie ein Narr! wie ein — — Er suchte mit nutzloser Bemühung nach dem rechten Wort, warf seinen Hut auf die Erde und ließ ihn den Gang zwischen den Beeten hinunterrollen.

Du sagst selbst, wie du hier stehst! nahm Liesbeth wieder das Wort, mit einem Blick, aus dem ihr ganzer beleidigter Stolz ihn bedrohte. Du weißt nicht mehr, was du thust; komm erst wieder zu dir! Wenn du da hinter dem Busch deine Ohren aufgemacht hast, so weißt du auch, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0020"/>
anders                überlegt hast, so kann ich ja gleich wieder gehen, mich für das freundliche                Wiedersehen bedanken und mir eine Andere aussuchen! Ich bin ja nicht so, daß ich mich                aufdränge &#x2014;</p><lb/>
        <p>Du sprichst lauter unsinniges Zeug! unterbrach ihn die junge Frau mit harter Stimme,                ohne sich daran zu kehren, daß ihm allmählich mehr und mehr die Zornader anlief. Ist                das die Art, wie man seine Frau wiedersieht? Du schämst dich nicht, da hinter dem                Busch zu stecken, als wär' ich ein schlechtes Weib, dem man bei Tag und bei Nacht                auflauern muß? Lauf' ich dir nach China und Brasilien nach, um hinter deinem Rücken                zuzuhören, was du den Chinesinnen vormachst? &#x2014; Wozu hast du mich denn geheirathet,                wenn du mir nicht traust?</p><lb/>
        <p>Johann Ohlerich ward durch diese Frage etwas außer Fassung gesetzt, erröthete über                sein ganzes wetterbraunes Gesicht, &#x2014; doch dann auf einmal brach die Wuth bei ihm aus.                Wozu &#x2014; wozu ich dich geheirathet habe? Damit ich 'ne ordentliche Frau im Hause hätte,                die mir meinen Jungen aufzieht, statt mit so jungen Herren Bruder und Schwester zu                spielen! Blitz und Hagelschlag! Und statt so vornehm zu thun und sich eine halbe                Stunde lang vorreden zu lassen, daß sie für einen Warnemünder Steuermann zu gut ist &#x2014;                und still dabei zu sitzen, wenn man ihr Heirathsanträge macht &#x2014; &#x2014; Herr Gott! &#x2014; &#x2014; Es                war, als wenn die Wuth ihn ersticken müßte, er spuckte aus, um sich Luft zu machen.                Dazu komm' ich nach Haus! fahre Tag und Nacht! und steh' hier nun wie ein Narr! wie                ein &#x2014; &#x2014; Er suchte mit nutzloser Bemühung nach dem rechten Wort, warf seinen Hut auf                die Erde und ließ ihn den Gang zwischen den Beeten hinunterrollen.</p><lb/>
        <p>Du sagst selbst, wie du hier stehst! nahm Liesbeth wieder das Wort, mit einem Blick,                aus dem ihr ganzer beleidigter Stolz ihn bedrohte. Du weißt nicht mehr, was du thust;                komm erst wieder zu dir! Wenn du da hinter dem Busch deine Ohren aufgemacht hast, so                weißt du auch, daß<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0020] anders überlegt hast, so kann ich ja gleich wieder gehen, mich für das freundliche Wiedersehen bedanken und mir eine Andere aussuchen! Ich bin ja nicht so, daß ich mich aufdränge — Du sprichst lauter unsinniges Zeug! unterbrach ihn die junge Frau mit harter Stimme, ohne sich daran zu kehren, daß ihm allmählich mehr und mehr die Zornader anlief. Ist das die Art, wie man seine Frau wiedersieht? Du schämst dich nicht, da hinter dem Busch zu stecken, als wär' ich ein schlechtes Weib, dem man bei Tag und bei Nacht auflauern muß? Lauf' ich dir nach China und Brasilien nach, um hinter deinem Rücken zuzuhören, was du den Chinesinnen vormachst? — Wozu hast du mich denn geheirathet, wenn du mir nicht traust? Johann Ohlerich ward durch diese Frage etwas außer Fassung gesetzt, erröthete über sein ganzes wetterbraunes Gesicht, — doch dann auf einmal brach die Wuth bei ihm aus. Wozu — wozu ich dich geheirathet habe? Damit ich 'ne ordentliche Frau im Hause hätte, die mir meinen Jungen aufzieht, statt mit so jungen Herren Bruder und Schwester zu spielen! Blitz und Hagelschlag! Und statt so vornehm zu thun und sich eine halbe Stunde lang vorreden zu lassen, daß sie für einen Warnemünder Steuermann zu gut ist — und still dabei zu sitzen, wenn man ihr Heirathsanträge macht — — Herr Gott! — — Es war, als wenn die Wuth ihn ersticken müßte, er spuckte aus, um sich Luft zu machen. Dazu komm' ich nach Haus! fahre Tag und Nacht! und steh' hier nun wie ein Narr! wie ein — — Er suchte mit nutzloser Bemühung nach dem rechten Wort, warf seinen Hut auf die Erde und ließ ihn den Gang zwischen den Beeten hinunterrollen. Du sagst selbst, wie du hier stehst! nahm Liesbeth wieder das Wort, mit einem Blick, aus dem ihr ganzer beleidigter Stolz ihn bedrohte. Du weißt nicht mehr, was du thust; komm erst wieder zu dir! Wenn du da hinter dem Busch deine Ohren aufgemacht hast, so weißt du auch, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:21:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:21:33Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/20
Zitationshilfe: Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/20>, abgerufen am 27.11.2024.