Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Einleitung in die attische Tragödie (Euripides Herakles erklärt, Bd. 1). Berlin, 1889.Geschichte des tragikertextes. vom fünften Ptolemaeer bis auf Hadrian, und lässt sich bezeichnen alsdie zeit des wirklich grammatischen studiums. sie ist in ihrer studen- richtung uns modernen vergleichbar. die beschäftigung mit den tragikern ist sehr rege und productiv an büchern, von denen aber sehr wenig auf die nachwelt kommt, denn ein commentar verdrängt den andern, eine special- ausgabe die andere. das verdienst dieser zeit liegt auf dem gebiete der kritik lediglich in der conservirung des aristophanischen textes und der sicherung des verständnisses, so weit es die einzelnen worte und sätze des dichters angeht. tieferes eindringen in die kunstwerke ist fast nirgend vorhanden, und selbst der versuch wird nicht häufig gemacht. die con- jecturalkritik hat so gut wie gar nichts gutes geleistet, würde aber viel verdorben haben, wenn ihre einfälle bestand gehabt hätten. Neben Kallistratos, den die verehrung für seinen meister in die hef- 66) Et. M. Dionusios Thrax. das upomnema Lukourgou Aiskhulou citirt schol. Theokr. 10, 18. 67) Schol. Androm. 616, Hipp. 683, Ar. Ach. 345. 68) Z. b. schol. Hek. 3. 4. 1279. eine anzahl solcher stellen ist gesammelt in
der sonst unbrauchbaren arbeit von Barthold de scholiorum in Eur. fontibus Bonn 1864 p. 12. ganz ähnliches findet sich auch in den Pindarscholien, Horn de Ar. stud. Pindar. Greisswald 1883, p. 76. vereinzelt findet sich auch eine solche be- ziehung auf Aristophanische lehren; Phoen. 886 und Tr. 44 (zu lesen sesemeiotai os [kai cod.] meketi autes oikoumenes) beziehen sich auf seine homerischen arbeiten, auf seine paroimiai schol. Soph. Ai. 746, auf seine lexeis Phoen. 684, häufig wird sein suggenikon stillschweigend berücksichtigt, z. b. Hipp. 634 Alk. 988 Pind. Ol. 9, 96: aber dies buch ist bis in byzantinische zeit in gebrauch gewesen und von den lexikographen reichlichst ausgenutzt, also konnten solche bemerkungen jederzeit aufgenommen werden und für die tragikercommentare des Aristophanes beweisen sie gar nichts. Geschichte des tragikertextes. vom fünften Ptolemaeer bis auf Hadrian, und läſst sich bezeichnen alsdie zeit des wirklich grammatischen studiums. sie ist in ihrer studen- richtung uns modernen vergleichbar. die beschäftigung mit den tragikern ist sehr rege und productiv an büchern, von denen aber sehr wenig auf die nachwelt kommt, denn ein commentar verdrängt den andern, eine special- ausgabe die andere. das verdienst dieser zeit liegt auf dem gebiete der kritik lediglich in der conservirung des aristophanischen textes und der sicherung des verständnisses, so weit es die einzelnen worte und sätze des dichters angeht. tieferes eindringen in die kunstwerke ist fast nirgend vorhanden, und selbst der versuch wird nicht häufig gemacht. die con- jecturalkritik hat so gut wie gar nichts gutes geleistet, würde aber viel verdorben haben, wenn ihre einfälle bestand gehabt hätten. Neben Kallistratos, den die verehrung für seinen meister in die hef- 66) Et. M. Διονύσιος Θρᾷξ. das ὑπόμνημα Λυκούργου Αἰσχύλου citirt schol. Theokr. 10, 18. 67) Schol. Androm. 616, Hipp. 683, Ar. Ach. 345. 68) Z. b. schol. Hek. 3. 4. 1279. eine anzahl solcher stellen ist gesammelt in
der sonst unbrauchbaren arbeit von Barthold de scholiorum in Eur. fontibus Bonn 1864 p. 12. ganz ähnliches findet sich auch in den Pindarscholien, Horn de Ar. stud. Pindar. Greiſswald 1883, p. 76. vereinzelt findet sich auch eine solche be- ziehung auf Aristophanische lehren; Phoen. 886 und Tr. 44 (zu lesen σεσημείωται ὡς [καὶ cod.] μηκέτι αὐτῆς οἰκουμένης) beziehen sich auf seine homerischen arbeiten, auf seine παροιμίαι schol. Soph. Ai. 746, auf seine λέξεις Phoen. 684, häufig wird sein συγγενικόν stillschweigend berücksichtigt, z. b. Hipp. 634 Alk. 988 Pind. Ol. 9, 96: aber dies buch ist bis in byzantinische zeit in gebrauch gewesen und von den lexikographen reichlichst ausgenutzt, also konnten solche bemerkungen jederzeit aufgenommen werden und für die tragikercommentare des Aristophanes beweisen sie gar nichts. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0174" n="154"/><fw place="top" type="header">Geschichte des tragikertextes.</fw><lb/> vom fünften Ptolemaeer bis auf Hadrian, und läſst sich bezeichnen als<lb/> die zeit des wirklich grammatischen studiums. sie ist in ihrer studen-<lb/> richtung uns modernen vergleichbar. die beschäftigung mit den tragikern<lb/> ist sehr rege und productiv an büchern, von denen aber sehr wenig auf die<lb/> nachwelt kommt, denn ein commentar verdrängt den andern, eine special-<lb/> ausgabe die andere. das verdienst dieser zeit liegt auf dem gebiete der<lb/> kritik lediglich in der conservirung des aristophanischen textes und der<lb/> sicherung des verständnisses, so weit es die einzelnen worte und sätze<lb/> des dichters angeht. tieferes eindringen in die kunstwerke ist fast nirgend<lb/> vorhanden, und selbst der versuch wird nicht häufig gemacht. die con-<lb/> jecturalkritik hat so gut wie gar nichts gutes geleistet, würde aber viel<lb/> verdorben haben, wenn ihre einfälle bestand gehabt hätten.</p><lb/> <note place="left">Aristarch.</note> <p>Neben Kallistratos, den die verehrung für seinen meister in die hef-<lb/> tigste fehde mit Aristarch verwickelte, wird man diesen vor allem als<lb/> erklärer tätig zu sehen erwarten. sein schüler Dionysios Thrax sagt, er<lb/> hätte die ganze tragödie auswendig gekonnt <note place="foot" n="66)">Et. M. Διονύσιος Θρᾷξ. das ὑπόμνημα Λυκούργου Αἰσχύλου citirt schol.<lb/> Theokr. 10, 18.</note>, und daſs er ὑπομνήματα<lb/> verfaſst hat, steht fest. aber es ist nicht nur so gut wie gar nichts er-<lb/> halten, man spürt auch nichts von seinem einfluſs, oder doch nichts was<lb/> den tragikern nützte. denn daſs wir seine homerischen doctrinen nicht<lb/> selten in den scholien der tragiker vorgetragen finden, nützt für das<lb/> verständnis der vorliegenden stellen nicht das mindeste. oder was läge<lb/> daran, daſs wir lernen, Homer unterscheide im gegensatze zu den attikern<lb/> οὐτάσαι und βαλεῖν <note place="foot" n="67)">Schol. Androm. 616, Hipp. 683, Ar. Ach. 345.</note>; und gar die mythographische erudition würde<lb/> ganz zu grunde gegangen sein, wenn die aristarchische mode durchge-<lb/> drungen wäre, bloſs den unterschied der νεώτεροι vom ποιητής einzu-<lb/> schärfen <note place="foot" n="68)">Z. b. schol. Hek. 3. 4. 1279. eine anzahl solcher stellen ist gesammelt in<lb/> der sonst unbrauchbaren arbeit von Barthold <hi rendition="#i">de scholiorum in Eur. fontibus</hi> Bonn<lb/> 1864 p. 12. ganz ähnliches findet sich auch in den Pindarscholien, Horn <hi rendition="#i">de Ar.<lb/> stud. Pindar</hi>. Greiſswald 1883, p. 76. vereinzelt findet sich auch eine solche be-<lb/> ziehung auf Aristophanische lehren; Phoen. 886 und Tr. 44 (zu lesen σεσημείωται<lb/> ὡς [καὶ cod.] μηκέτι αὐτῆς οἰκουμένης) beziehen sich auf seine homerischen arbeiten,<lb/> auf seine παροιμίαι schol. Soph. Ai. 746, auf seine λέξεις Phoen. 684, häufig wird<lb/> sein συγγενικόν stillschweigend berücksichtigt, z. b. Hipp. 634 Alk. 988 Pind. Ol.<lb/> 9, 96: aber dies buch ist bis in byzantinische zeit in gebrauch gewesen und von den<lb/> lexikographen reichlichst ausgenutzt, also konnten solche bemerkungen jederzeit<lb/> aufgenommen werden und für die tragikercommentare des Aristophanes beweisen<lb/> sie gar nichts.</note>. gewiſs wird Aristarchs besonnene exegese auch hier sehr<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0174]
Geschichte des tragikertextes.
vom fünften Ptolemaeer bis auf Hadrian, und läſst sich bezeichnen als
die zeit des wirklich grammatischen studiums. sie ist in ihrer studen-
richtung uns modernen vergleichbar. die beschäftigung mit den tragikern
ist sehr rege und productiv an büchern, von denen aber sehr wenig auf die
nachwelt kommt, denn ein commentar verdrängt den andern, eine special-
ausgabe die andere. das verdienst dieser zeit liegt auf dem gebiete der
kritik lediglich in der conservirung des aristophanischen textes und der
sicherung des verständnisses, so weit es die einzelnen worte und sätze
des dichters angeht. tieferes eindringen in die kunstwerke ist fast nirgend
vorhanden, und selbst der versuch wird nicht häufig gemacht. die con-
jecturalkritik hat so gut wie gar nichts gutes geleistet, würde aber viel
verdorben haben, wenn ihre einfälle bestand gehabt hätten.
Neben Kallistratos, den die verehrung für seinen meister in die hef-
tigste fehde mit Aristarch verwickelte, wird man diesen vor allem als
erklärer tätig zu sehen erwarten. sein schüler Dionysios Thrax sagt, er
hätte die ganze tragödie auswendig gekonnt 66), und daſs er ὑπομνήματα
verfaſst hat, steht fest. aber es ist nicht nur so gut wie gar nichts er-
halten, man spürt auch nichts von seinem einfluſs, oder doch nichts was
den tragikern nützte. denn daſs wir seine homerischen doctrinen nicht
selten in den scholien der tragiker vorgetragen finden, nützt für das
verständnis der vorliegenden stellen nicht das mindeste. oder was läge
daran, daſs wir lernen, Homer unterscheide im gegensatze zu den attikern
οὐτάσαι und βαλεῖν 67); und gar die mythographische erudition würde
ganz zu grunde gegangen sein, wenn die aristarchische mode durchge-
drungen wäre, bloſs den unterschied der νεώτεροι vom ποιητής einzu-
schärfen 68). gewiſs wird Aristarchs besonnene exegese auch hier sehr
66) Et. M. Διονύσιος Θρᾷξ. das ὑπόμνημα Λυκούργου Αἰσχύλου citirt schol.
Theokr. 10, 18.
67) Schol. Androm. 616, Hipp. 683, Ar. Ach. 345.
68) Z. b. schol. Hek. 3. 4. 1279. eine anzahl solcher stellen ist gesammelt in
der sonst unbrauchbaren arbeit von Barthold de scholiorum in Eur. fontibus Bonn
1864 p. 12. ganz ähnliches findet sich auch in den Pindarscholien, Horn de Ar.
stud. Pindar. Greiſswald 1883, p. 76. vereinzelt findet sich auch eine solche be-
ziehung auf Aristophanische lehren; Phoen. 886 und Tr. 44 (zu lesen σεσημείωται
ὡς [καὶ cod.] μηκέτι αὐτῆς οἰκουμένης) beziehen sich auf seine homerischen arbeiten,
auf seine παροιμίαι schol. Soph. Ai. 746, auf seine λέξεις Phoen. 684, häufig wird
sein συγγενικόν stillschweigend berücksichtigt, z. b. Hipp. 634 Alk. 988 Pind. Ol.
9, 96: aber dies buch ist bis in byzantinische zeit in gebrauch gewesen und von den
lexikographen reichlichst ausgenutzt, also konnten solche bemerkungen jederzeit
aufgenommen werden und für die tragikercommentare des Aristophanes beweisen
sie gar nichts.
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