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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Verwickelung mit Persien.
die demokratie der führer entraten kann, so wenig verschwand die
macht der geschlechter damit, dass sie im aufbau des staates durch die
gemeinde ersetzt wurden. und ein staat mag in ein par jahren die
verschiedenste politische richtung versuchen: der einzelne wechselt nicht
so rasch seine stimmung und seine ansicht. Kleisthenes zumal musste
immer ein todfeind Spartas bleiben, seit dieses darüber aufgeklärt war,
von ihm glänzend dupirt zu sein. es hat das, wenigstens im hasse con-
sequent, den Alkmeoniden nie vergessen. er wird auch die annäherung
an Persien, deren man sich nachher so sehr schämte, zu verantworten
haben. was weiter aus ihm geworden ist, ist gänzlich unbekannt. die
führung des geschlechtes gieng vielleicht zunächst auf seinen bruder
Hippokrates über, der geboren sein muss, als der ältere Megakles mit
Peisistratos freundliche beziehungen suchte, denn er ist nach dem vater
des Peisistratos benannt. als er auch starb, übernahm sein junger
sohn Megakles die führung der partei, und dieser trat den alten freun-
den des Hippias wirklich nahe. das war begreiflich. oligarchische ten-
denzen hatten beide parteien nicht, und das gefühl, hoch über dem
demos zu stehn, obwol sie ihn beschützten, hatten sie beide. und
wenn die tyrannenfreunde vielleicht am ehesten mit Persien sympathi-
sirten, so gieng das mit der alkmeonidischen verfeindung mit Sparta
gut zusammen. wenn wir die archontenliste wenigstens noch vollstän-
dig besässen, so liesse sich hoffen, aus den namen etwas zu lernen.
denn seit dem sturze der tyrannen waren die wahlen directe, und noch
immer galt der beamte, der das jahr benannte, für den einflussreichsten.
Isagoras hat seine revolution als archon gemacht; dass sich Kleisthenes
an seinen platz gestellt hat, ist eine kaum abweisbare vermutung, und
das nächste jahr scheint einem Alkmeon zu gehören, dem vater jenes
Leobotes, der den Themistokles beim Areopage denunzirt hat. aber dann
fehlen viele namen und die bekannten sind für uns leer.14) auch den

14) 504/3 Akestorides. der name kehrt 474/3 wieder. das war also ein vor-
nehmes haus damals. der name Akestor steht in dem pherekydeischen stemma der
Philaiden; zu Aristophanes zeit heisst ein tragiker so, der in vornehmen clubs ver-
kehrt, aber für einen Skythen gilt (Wesp. 1221 mit schol.). es ist ein name von
zweifelhafter vornehmheit, denn er bedeutet 'flickschneider'; aber die gentilicische
endung macht ihn vornehm. 501/0 Ermokreon klingt sehr ionisch. 500/499 ep
arkhontos Murou oder Smurou ist corrupt (Dionys 5, 50. apologia uper Murrou ist
titel einer antiphontischen rede, aber auch diese form ist seltsam). vielleicht gehört
in diese zeit der erste Phainippos, denn der archon der Marathonschlacht führt das
distinctiv to deuteron. der name erinnert an den vater des daduchen Kallias
(Herod. 6, 121). ferner Lakrateides (schol. Ar. Ach. 220), aus dem geschlechte der
v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 6

Verwickelung mit Persien.
die demokratie der führer entraten kann, so wenig verschwand die
macht der geschlechter damit, daſs sie im aufbau des staates durch die
gemeinde ersetzt wurden. und ein staat mag in ein par jahren die
verschiedenste politische richtung versuchen: der einzelne wechselt nicht
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immer ein todfeind Spartas bleiben, seit dieses darüber aufgeklärt war,
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sequent, den Alkmeoniden nie vergessen. er wird auch die annäherung
an Persien, deren man sich nachher so sehr schämte, zu verantworten
haben. was weiter aus ihm geworden ist, ist gänzlich unbekannt. die
führung des geschlechtes gieng vielleicht zunächst auf seinen bruder
Hippokrates über, der geboren sein muſs, als der ältere Megakles mit
Peisistratos freundliche beziehungen suchte, denn er ist nach dem vater
des Peisistratos benannt. als er auch starb, übernahm sein junger
sohn Megakles die führung der partei, und dieser trat den alten freun-
den des Hippias wirklich nahe. das war begreiflich. oligarchische ten-
denzen hatten beide parteien nicht, und das gefühl, hoch über dem
demos zu stehn, obwol sie ihn beschützten, hatten sie beide. und
wenn die tyrannenfreunde vielleicht am ehesten mit Persien sympathi-
sirten, so gieng das mit der alkmeonidischen verfeindung mit Sparta
gut zusammen. wenn wir die archontenliste wenigstens noch vollstän-
dig besäſsen, so lieſse sich hoffen, aus den namen etwas zu lernen.
denn seit dem sturze der tyrannen waren die wahlen directe, und noch
immer galt der beamte, der das jahr benannte, für den einfluſsreichsten.
Isagoras hat seine revolution als archon gemacht; daſs sich Kleisthenes
an seinen platz gestellt hat, ist eine kaum abweisbare vermutung, und
das nächste jahr scheint einem Alkmeon zu gehören, dem vater jenes
Leobotes, der den Themistokles beim Areopage denunzirt hat. aber dann
fehlen viele namen und die bekannten sind für uns leer.14) auch den

14) 504/3 Ἀκεστοϱίδης. der name kehrt 474/3 wieder. das war also ein vor-
nehmes haus damals. der name Ἀκέστωϱ steht in dem pherekydeischen stemma der
Philaiden; zu Aristophanes zeit heiſst ein tragiker so, der in vornehmen clubs ver-
kehrt, aber für einen Skythen gilt (Wesp. 1221 mit schol.). es ist ein name von
zweifelhafter vornehmheit, denn er bedeutet ‘flickschneider’; aber die gentilicische
endung macht ihn vornehm. 501/0 Ἑϱμοκϱέων klingt sehr ionisch. 500/499 ἐπ̕
ἀϱχόντος Μύϱου oder Σμύϱου ist corrupt (Dionys 5, 50. ἀπολογία ὑπὲϱ Μύϱϱου ist
titel einer antiphontischen rede, aber auch diese form ist seltsam). vielleicht gehört
in diese zeit der erste Phainippos, denn der archon der Marathonschlacht führt das
distinctiv τὸ δεύτεϱον. der name erinnert an den vater des daduchen Kallias
(Herod. 6, 121). ferner Lakrateides (schol. Ar. Ach. 220), aus dem geschlechte der
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[81/0091] Verwickelung mit Persien. die demokratie der führer entraten kann, so wenig verschwand die macht der geschlechter damit, daſs sie im aufbau des staates durch die gemeinde ersetzt wurden. und ein staat mag in ein par jahren die verschiedenste politische richtung versuchen: der einzelne wechselt nicht so rasch seine stimmung und seine ansicht. Kleisthenes zumal muſste immer ein todfeind Spartas bleiben, seit dieses darüber aufgeklärt war, von ihm glänzend dupirt zu sein. es hat das, wenigstens im hasse con- sequent, den Alkmeoniden nie vergessen. er wird auch die annäherung an Persien, deren man sich nachher so sehr schämte, zu verantworten haben. was weiter aus ihm geworden ist, ist gänzlich unbekannt. die führung des geschlechtes gieng vielleicht zunächst auf seinen bruder Hippokrates über, der geboren sein muſs, als der ältere Megakles mit Peisistratos freundliche beziehungen suchte, denn er ist nach dem vater des Peisistratos benannt. als er auch starb, übernahm sein junger sohn Megakles die führung der partei, und dieser trat den alten freun- den des Hippias wirklich nahe. das war begreiflich. oligarchische ten- denzen hatten beide parteien nicht, und das gefühl, hoch über dem demos zu stehn, obwol sie ihn beschützten, hatten sie beide. und wenn die tyrannenfreunde vielleicht am ehesten mit Persien sympathi- sirten, so gieng das mit der alkmeonidischen verfeindung mit Sparta gut zusammen. wenn wir die archontenliste wenigstens noch vollstän- dig besäſsen, so lieſse sich hoffen, aus den namen etwas zu lernen. denn seit dem sturze der tyrannen waren die wahlen directe, und noch immer galt der beamte, der das jahr benannte, für den einfluſsreichsten. Isagoras hat seine revolution als archon gemacht; daſs sich Kleisthenes an seinen platz gestellt hat, ist eine kaum abweisbare vermutung, und das nächste jahr scheint einem Alkmeon zu gehören, dem vater jenes Leobotes, der den Themistokles beim Areopage denunzirt hat. aber dann fehlen viele namen und die bekannten sind für uns leer. 14) auch den 14) 504/3 Ἀκεστοϱίδης. der name kehrt 474/3 wieder. das war also ein vor- nehmes haus damals. der name Ἀκέστωϱ steht in dem pherekydeischen stemma der Philaiden; zu Aristophanes zeit heiſst ein tragiker so, der in vornehmen clubs ver- kehrt, aber für einen Skythen gilt (Wesp. 1221 mit schol.). es ist ein name von zweifelhafter vornehmheit, denn er bedeutet ‘flickschneider’; aber die gentilicische endung macht ihn vornehm. 501/0 Ἑϱμοκϱέων klingt sehr ionisch. 500/499 ἐπ̕ ἀϱχόντος Μύϱου oder Σμύϱου ist corrupt (Dionys 5, 50. ἀπολογία ὑπὲϱ Μύϱϱου ist titel einer antiphontischen rede, aber auch diese form ist seltsam). vielleicht gehört in diese zeit der erste Phainippos, denn der archon der Marathonschlacht führt das distinctiv τὸ δεύτεϱον. der name erinnert an den vater des daduchen Kallias (Herod. 6, 121). ferner Lakrateides (schol. Ar. Ach. 220), aus dem geschlechte der v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 6

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/91>, abgerufen am 25.11.2024.