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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Der regent.
es tritt also Athen durch seine reception zugleich in die wichtigsten
internationalen beziehungen der alten zeit. das älteste dürfte die feier
der Thargelien sein, das grosse sühnfest der gemeinde, dem in folge
dessen der archon als gemeindehaupt vorsteht. zum sühnfeste ist es ge-
worden, als der dienst des Phoibos sich nach der kathartischen seite
entwickelte; da thargelia die ersten ährenbüschel bedeutet, die der gott
erhält, ist ein ursprünglich rein agrarisches fest zu tieferer ethischer
bedeutung erhoben. Thargelien feiern die Ionier im weitesten sinne;
da sie über Kyme auch nach Rom gekommen sind, dürfen wir sie auch
den Euboeern zutrauen. dem kreise von Delphi sind sie fremd. gleich-
wol sind sie in Athen mit dem pythischen Apollon verbunden worden,
der in dem volksbewusstsein der sühnung heischende und lehrende gott
ist18); er ist der patroos der Athener geworden, der vater der vier
phylenheroen, als solcher in den phratrien verehrt.19) ich zweifele nicht,
dass die grotte in den Makrai am burgfelsen schon früher dem grossen
fremden gotte zugewiesen war: aber erst durch die einführung des py-
thischen gottes, dessen blitze man von dort beobachtete, als des väter-
lichen ist Apollon ein staatsgott geworden. wir finden die archonten an
dem culte in der grotte beteiligt: die vertreter des volkes.20) mit seiner
reception trat Athen in die delphische Amphiktionie, für die es einen
eigenen hohen beamten schuf, den ieromnemon, und für die delphische
religion, die dem staate immer die wichtigste künderin der zukunft ge-
blieben ist, trat nun ein besonderer exeget ein, vergleichbar den Puthioi
Spartas. auch die beschickung des delischen festes, durch die Athen
mit dem meere und den Ioniern in verbindung tritt, besorgt der archon.
da mit Delos das älteste stück der städtischen Theseussage zusammen-
hängt, die feste der oskhophoria und puanopsia, so wird dieser wichtige

und der Puthaeus, Puthios, mitgebracht worden; so steht es noch in Kreta. um
aufschluss über das wesen des gottes und seine wurzel zu erhalten, muss man also
in seiner heimat nachfragen. die delphische tradition, die ihn dem Dionysos sehr
nahe rückt, hat hohe bedeutung. die korykische grotte hat Dionysos von ihm geerbt,
als Apollon in die kastalische schlucht hinabzog.
18) Dass der Thargeliengott den Athenern später der pythische war, ist da-
durch sicher, dass die dreifüsse der sieger in das Pythion kommen. die modernen
waren geneigt, den delischen vorzuziehn, was mit der falschen datirung des delischen
festes im Thargelion ohne weiteres fortfällt.
19) Damit dürfte die stiftung so vieler Pythien in Attika zusammenhängen.
wenn die Ikarier in ihrem abgelegenen talkessel ein Puthion Ikarieon haben, so
ist die annahme unhaltbar, dass die Puthia mit den landstrassen gegründet wären.
20) Köhler Mitteil. III 144.

Der regent.
es tritt also Athen durch seine reception zugleich in die wichtigsten
internationalen beziehungen der alten zeit. das älteste dürfte die feier
der Thargelien sein, das groſse sühnfest der gemeinde, dem in folge
dessen der archon als gemeindehaupt vorsteht. zum sühnfeste ist es ge-
worden, als der dienst des Φοῖβος sich nach der kathartischen seite
entwickelte; da ϑαϱγήλια die ersten ährenbüschel bedeutet, die der gott
erhält, ist ein ursprünglich rein agrarisches fest zu tieferer ethischer
bedeutung erhoben. Thargelien feiern die Ionier im weitesten sinne;
da sie über Kyme auch nach Rom gekommen sind, dürfen wir sie auch
den Euboeern zutrauen. dem kreise von Delphi sind sie fremd. gleich-
wol sind sie in Athen mit dem pythischen Apollon verbunden worden,
der in dem volksbewuſstsein der sühnung heischende und lehrende gott
ist18); er ist der πατϱῷος der Athener geworden, der vater der vier
phylenheroen, als solcher in den phratrien verehrt.19) ich zweifele nicht,
daſs die grotte in den Μακϱαί am burgfelsen schon früher dem groſsen
fremden gotte zugewiesen war: aber erst durch die einführung des py-
thischen gottes, dessen blitze man von dort beobachtete, als des väter-
lichen ist Apollon ein staatsgott geworden. wir finden die archonten an
dem culte in der grotte beteiligt: die vertreter des volkes.20) mit seiner
reception trat Athen in die delphische Amphiktionie, für die es einen
eigenen hohen beamten schuf, den ἱεϱομνήμων, und für die delphische
religion, die dem staate immer die wichtigste künderin der zukunft ge-
blieben ist, trat nun ein besonderer exeget ein, vergleichbar den Πύϑιοι
Spartas. auch die beschickung des delischen festes, durch die Athen
mit dem meere und den Ioniern in verbindung tritt, besorgt der archon.
da mit Delos das älteste stück der städtischen Theseussage zusammen-
hängt, die feste der ὀσχοφόϱια und πυανόψια, so wird dieser wichtige

und der Πυϑαεύς, Πύϑιος, mitgebracht worden; so steht es noch in Kreta. um
aufschluſs über das wesen des gottes und seine wurzel zu erhalten, muſs man also
in seiner heimat nachfragen. die delphische tradition, die ihn dem Dionysos sehr
nahe rückt, hat hohe bedeutung. die korykische grotte hat Dionysos von ihm geerbt,
als Apollon in die kastalische schlucht hinabzog.
18) Daſs der Thargeliengott den Athenern später der pythische war, ist da-
durch sicher, daſs die dreifüſse der sieger in das Pythion kommen. die modernen
waren geneigt, den delischen vorzuziehn, was mit der falschen datirung des delischen
festes im Thargelion ohne weiteres fortfällt.
19) Damit dürfte die stiftung so vieler Pythien in Attika zusammenhängen.
wenn die Ikarier in ihrem abgelegenen talkessel ein Πύϑιον Ἰκαϱιέων haben, so
ist die annahme unhaltbar, daſs die Πύϑια mit den landstraſsen gegründet wären.
20) Köhler Mitteil. III 144.
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[45/0055] Der regent. es tritt also Athen durch seine reception zugleich in die wichtigsten internationalen beziehungen der alten zeit. das älteste dürfte die feier der Thargelien sein, das groſse sühnfest der gemeinde, dem in folge dessen der archon als gemeindehaupt vorsteht. zum sühnfeste ist es ge- worden, als der dienst des Φοῖβος sich nach der kathartischen seite entwickelte; da ϑαϱγήλια die ersten ährenbüschel bedeutet, die der gott erhält, ist ein ursprünglich rein agrarisches fest zu tieferer ethischer bedeutung erhoben. Thargelien feiern die Ionier im weitesten sinne; da sie über Kyme auch nach Rom gekommen sind, dürfen wir sie auch den Euboeern zutrauen. dem kreise von Delphi sind sie fremd. gleich- wol sind sie in Athen mit dem pythischen Apollon verbunden worden, der in dem volksbewuſstsein der sühnung heischende und lehrende gott ist 18); er ist der πατϱῷος der Athener geworden, der vater der vier phylenheroen, als solcher in den phratrien verehrt. 19) ich zweifele nicht, daſs die grotte in den Μακϱαί am burgfelsen schon früher dem groſsen fremden gotte zugewiesen war: aber erst durch die einführung des py- thischen gottes, dessen blitze man von dort beobachtete, als des väter- lichen ist Apollon ein staatsgott geworden. wir finden die archonten an dem culte in der grotte beteiligt: die vertreter des volkes. 20) mit seiner reception trat Athen in die delphische Amphiktionie, für die es einen eigenen hohen beamten schuf, den ἱεϱομνήμων, und für die delphische religion, die dem staate immer die wichtigste künderin der zukunft ge- blieben ist, trat nun ein besonderer exeget ein, vergleichbar den Πύϑιοι Spartas. auch die beschickung des delischen festes, durch die Athen mit dem meere und den Ioniern in verbindung tritt, besorgt der archon. da mit Delos das älteste stück der städtischen Theseussage zusammen- hängt, die feste der ὀσχοφόϱια und πυανόψια, so wird dieser wichtige 17) 18) Daſs der Thargeliengott den Athenern später der pythische war, ist da- durch sicher, daſs die dreifüſse der sieger in das Pythion kommen. die modernen waren geneigt, den delischen vorzuziehn, was mit der falschen datirung des delischen festes im Thargelion ohne weiteres fortfällt. 19) Damit dürfte die stiftung so vieler Pythien in Attika zusammenhängen. wenn die Ikarier in ihrem abgelegenen talkessel ein Πύϑιον Ἰκαϱιέων haben, so ist die annahme unhaltbar, daſs die Πύϑια mit den landstraſsen gegründet wären. 20) Köhler Mitteil. III 144. 17) und der Πυϑαεύς, Πύϑιος, mitgebracht worden; so steht es noch in Kreta. um aufschluſs über das wesen des gottes und seine wurzel zu erhalten, muſs man also in seiner heimat nachfragen. die delphische tradition, die ihn dem Dionysos sehr nahe rückt, hat hohe bedeutung. die korykische grotte hat Dionysos von ihm geerbt, als Apollon in die kastalische schlucht hinabzog.

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/55>, abgerufen am 24.11.2024.