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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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Die elegie emetera de polis.
er meint nicht gerade die einzelherrschaft, sondern eben so gut die herr-
schaft einer partei, die jetzt die oberhand hat, auf die bald eine andere
eben so gewalttätige folgt; man denke an die Alkmeoniden und ihre gegner,
oder an die Donati u. s. w. in Florenz. an dunasteiai, mit den Sokra-
tikern zu reden, denkt er, wie sie factisch bestanden. "das ist das übel,
das jetzt schon im demos, in der drakontischen gemeinde, im schwunge
geht. die besitzlosen aber, die opla me parekhomenoi, geraten durch
das schuldrecht in sclaverei. so kommt von dem übel der gemeinde
(demosion kakon) auf einen jeden sein teil unweigerlich. diese vorhal-
tung wollte ich den Athenern machen: das kommt bei der dusnomia
heraus. dagegen die eunomia führt zu eitel segen und wolstand."
mit diesem erfreulichen bilde schliesst er und malt es mit leuchtenden
farben. natürlich liegt darin der rat, für gute gesetze zu sorgen, und
wenn sie ihn beim worte nahmen und sagten 'wolan, schaffe uns die
guten gesetze', so war ihm das recht. auch dieses gedicht ist ein pro-
gramm des reformators. die art, wie er seine schilderung der beiden
classen des staates und ihrer verhältnisse abschliesst und zu der eunomia
übergeht, insbesondere, dass erst hier von dem adressaten seines ge-
dichtes die rede ist, zeigt deutlich, was wir vor dem jetzigen abgerissenen
anfange zu ergänzen haben. "rings um mich sehe ich gesetzlosig-
keit in Athen, und das volk weiss sich nicht rat; da will ich ihm die
zeichen der zeit künden. zwar nicht nach der götter willen, aber durch
eigne schuld treibt die stadt dem untergange zu." breit oder knapp: die
dem übergange 31. 32 entsprechende einleitung und die bezeichnung
des volkes als des adressaten, auf die auch noch emetera polis deutet,
konnte nicht fehlen.

Ich habe das ausgeführt, weil der gedanke nahe lag, dass die von

zeichnenden altertümlichen verschränkung nicht sofort scharf erfasst werden, lehrt sorg-
fältige überlegung. unsicher ist die verbesserung der letzten worte astu trukhetai
en sunodois tois adikousi philois. gemeint sind die vereinigungen, in denen sie
sunistantai turannein, die vorläufer der späteren clubbs. also ist zu sunodois
ein epitheton notwendig, und mir genügt Ahrens mit dem kühnen tais adikesiphi-
lois. denn solche kühnen zusammensetzungen wie prodosetairon, salaminaphetes,
axonelatein hat das alte attisch gern; darum leben sie in der komoedie fort. -- eine
curiosität ist, dass Bergk die praeposition lieber eis als es schreibt, obwol letzteres
sogar noch handschriften für sich hat, und dazu bemerkt, er wolle es nicht her-
stellen, weil nimis incerta est paradosis; Hiller copirt ihn getreulich. wie hat
denn Solon geschrieben? wendet er es nicht auch als kürze an? und wie lautet
die paradosis über das epos und die alte atthis? auf die lesart der handschriften
kommt in solchen dingen nicht das mindeste an.
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Die elegie ἡμετέϱα δὲ πόλις.
er meint nicht gerade die einzelherrschaft, sondern eben so gut die herr-
schaft einer partei, die jetzt die oberhand hat, auf die bald eine andere
eben so gewalttätige folgt; man denke an die Alkmeoniden und ihre gegner,
oder an die Donati u. s. w. in Florenz. an δυναστεῖαι, mit den Sokra-
tikern zu reden, denkt er, wie sie factisch bestanden. “das ist das übel,
das jetzt schon im demos, in der drakontischen gemeinde, im schwunge
geht. die besitzlosen aber, die ὅπλα μὴ παϱεχόμενοι, geraten durch
das schuldrecht in sclaverei. so kommt von dem übel der gemeinde
(δημόσιον κακόν) auf einen jeden sein teil unweigerlich. diese vorhal-
tung wollte ich den Athenern machen: das kommt bei der δυσνομία
heraus. dagegen die εὐνομία führt zu eitel segen und wolstand.”
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farben. natürlich liegt darin der rat, für gute gesetze zu sorgen, und
wenn sie ihn beim worte nahmen und sagten ‘wolan, schaffe uns die
guten gesetze’, so war ihm das recht. auch dieses gedicht ist ein pro-
gramm des reformators. die art, wie er seine schilderung der beiden
classen des staates und ihrer verhältnisse abschlieſst und zu der εὐνομία
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dichtes die rede ist, zeigt deutlich, was wir vor dem jetzigen abgerissenen
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keit in Athen, und das volk weiſs sich nicht rat; da will ich ihm die
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des volkes als des adressaten, auf die auch noch ἡμετέϱα πόλις deutet,
konnte nicht fehlen.

Ich habe das ausgeführt, weil der gedanke nahe lag, daſs die von

zeichnenden altertümlichen verschränkung nicht sofort scharf erfaſst werden, lehrt sorg-
fältige überlegung. unsicher ist die verbesserung der letzten worte ἄστυ τϱύχεται
ἐν συνόδοις τοῖς ἀδικοῦσι φίλοις. gemeint sind die vereinigungen, in denen sie
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λοις. denn solche kühnen zusammensetzungen wie πϱοδωσέταιϱον, σαλαμιναφέτης,
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curiosität ist, daſs Bergk die praeposition lieber εἰς als ἐς schreibt, obwol letzteres
sogar noch handschriften für sich hat, und dazu bemerkt, er wolle ἐς nicht her-
stellen, weil nimis incerta est paradosis; Hiller copirt ihn getreulich. wie hat
denn Solon geschrieben? wendet er ἐς nicht auch als kürze an? und wie lautet
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kommt in solchen dingen nicht das mindeste an.
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[307/0317] Die elegie ἡμετέϱα δὲ πόλις. er meint nicht gerade die einzelherrschaft, sondern eben so gut die herr- schaft einer partei, die jetzt die oberhand hat, auf die bald eine andere eben so gewalttätige folgt; man denke an die Alkmeoniden und ihre gegner, oder an die Donati u. s. w. in Florenz. an δυναστεῖαι, mit den Sokra- tikern zu reden, denkt er, wie sie factisch bestanden. “das ist das übel, das jetzt schon im demos, in der drakontischen gemeinde, im schwunge geht. die besitzlosen aber, die ὅπλα μὴ παϱεχόμενοι, geraten durch das schuldrecht in sclaverei. so kommt von dem übel der gemeinde (δημόσιον κακόν) auf einen jeden sein teil unweigerlich. diese vorhal- tung wollte ich den Athenern machen: das kommt bei der δυσνομία heraus. dagegen die εὐνομία führt zu eitel segen und wolstand.” mit diesem erfreulichen bilde schlieſst er und malt es mit leuchtenden farben. natürlich liegt darin der rat, für gute gesetze zu sorgen, und wenn sie ihn beim worte nahmen und sagten ‘wolan, schaffe uns die guten gesetze’, so war ihm das recht. auch dieses gedicht ist ein pro- gramm des reformators. die art, wie er seine schilderung der beiden classen des staates und ihrer verhältnisse abschlieſst und zu der εὐνομία übergeht, insbesondere, daſs erst hier von dem adressaten seines ge- dichtes die rede ist, zeigt deutlich, was wir vor dem jetzigen abgerissenen anfange zu ergänzen haben. “rings um mich sehe ich gesetzlosig- keit in Athen, und das volk weiſs sich nicht rat; da will ich ihm die zeichen der zeit künden. zwar nicht nach der götter willen, aber durch eigne schuld treibt die stadt dem untergange zu.” breit oder knapp: die dem übergange 31. 32 entsprechende einleitung und die bezeichnung des volkes als des adressaten, auf die auch noch ἡμετέϱα πόλις deutet, konnte nicht fehlen. Ich habe das ausgeführt, weil der gedanke nahe lag, daſs die von 4) 4) zeichnenden altertümlichen verschränkung nicht sofort scharf erfaſst werden, lehrt sorg- fältige überlegung. unsicher ist die verbesserung der letzten worte ἄστυ τϱύχεται ἐν συνόδοις τοῖς ἀδικοῦσι φίλοις. gemeint sind die vereinigungen, in denen sie συνίστανται τυϱαννεῖν, die vorläufer der späteren clubbs. also ist zu συνόδοις ein epitheton notwendig, und mir genügt Ahrens mit dem kühnen ταῖσ̕ ἀδικησιφί- λοις. denn solche kühnen zusammensetzungen wie πϱοδωσέταιϱον, σαλαμιναφέτης, ἀξονηλατεῖν hat das alte attisch gern; darum leben sie in der komoedie fort. — eine curiosität ist, daſs Bergk die praeposition lieber εἰς als ἐς schreibt, obwol letzteres sogar noch handschriften für sich hat, und dazu bemerkt, er wolle ἐς nicht her- stellen, weil nimis incerta est paradosis; Hiller copirt ihn getreulich. wie hat denn Solon geschrieben? wendet er ἐς nicht auch als kürze an? und wie lautet die παϱάδοσις über das epos und die alte atthis? auf die lesart der handschriften kommt in solchen dingen nicht das mindeste an. 20*

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/317>, abgerufen am 24.11.2024.