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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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II. 12. Logos und euthuna.
dem rate überwiesen werden; für den fall, dass dieser eine katagnosis
ausspräche, sollte das gericht in besonders feierlicher weise auf der burg
abstimmen.47) dieser teil des antrages fiel zu gunsten eines amendements
von Hagnon, der 431/0 mit Perikles stratege gewesen war48) und jetzt
durchsetzte, dass die sache des Perikles einem besonders starken gerichte
überwiesen wurde, vor dem die anträge auf klope, doron, adikiou
zu erheben wären: noch also lagen formulirte strafanträge nicht vor.
so geschah es. es erfolgte die verurteilung wegen klope.49) das unter-
schlagene gut musste also zehnfältig ersetzt werden. das ist geschehen50),

47) Krateros bei Plut. Per. 32 psephisma kuroutai Dr. grapsantos, opos oi
logoi ton khrematon upo Perikleous eis tous prutaneis apotetheien, oi de dika-
stai ten psephon apo tou bomou pherontes en te polei krinoien. die sprache hat
Plutarch abscheulich verdorben. dass die prytanen mit den acten doch etwas tun
müssen, also ein mittelglied zwischen den beiden handlungen weggelassen ist, ist
eben so klar, wie dass man jetzt die lücke ergänzen kann. den vorsitz würden
wieder die thesmotheten gehabt haben.
48) Agnon de touto men apheile tou psephismatos, krinesthai de ten diken
egrapsen en dikastais khiliois kai pentakosiois, eite klopes e doron eit adikiou
bouloito tis onomazein ten dioxin. das hat doch wol gelautet ta men alla ka-
thaper Drakontides, krinesthai de ten diken kte., so dass nur der gerichtshof
anders constituirt ward, die katagnosis des rates blieb (die ja vom volke vorab
verordnet werden konnte). es ist ganz müssig zu ventiliren, was für Perikles gün-
stiger oder ungünstiger war. das zweite war in der ordnung, hielt sich an den
normalen geschäftsgang, und war dem Perikles günstig, weil er nicht gestohlen
hatte. Drakontides mag durch sein ausnahmegericht auch nichts anderes beabsichtigt
haben als einen möglichst wahrhaften spruch der geschwornen; ob der für den an-
geklagten günstig oder ungünstig ausfiel, hieng von dessen schuld ab, was Drakon-
tides wünschte, nicht bloss von seiner parteistellung, sondern auch von seiner beur-
teilung der schuldfrage. dass Hagnon 1500 (oder vielmehr 1501) richter beantragte,
nicht bloss 501, wie gewöhnlich war und hier durch eine bloss von fern leicht
scheinende conjectur hineingetragen werden soll, ist darin begründet, dass ein beson-
ders wichtiger fall vorliegt und ein noch viel weiter gehender antrag ersetzt wird.
49) Plat. Gorg. 515e klopen autou katepsephisanto, oligou de kai thanatou
etimesan, nämlich wenn sie strengere massregeln ergriffen hätten als den von
Hagnon beantragten rechenschaftsprocess.
50) Wenn Thukydides sagt khremasin ezemiosan, so sind wir verpflichtet zu
glauben, dass die strafe bezahlt worden ist: eine niederschlagung, wie sie bei Phormion
ein par jahre später stattfand, hätte als deutliches zeichen der wetterwendischen volks-
stimmung erwähnung gefunden. zu zahlen brauchte Perikles allerdings erst in der
neunten prytanie, frühsommer 429. aber den anstand können wir ihm und seinen
freunden schon zutrauen, dass er den bettel sofort bezahlte. er selbst hatte freilich
keine 50 talente, aber wie viele reichsstädte werden sich nicht beeifert haben, wie
viele zahlungsfähige clienten wie Kephalos konnte er nicht aufbieten. es ist auch
im gedächtnisse geblieben, dass er gezahlt hat, denn der gar nicht verächtliche, bei

II. 12. Λόγος und εὔϑυνα.
dem rate überwiesen werden; für den fall, daſs dieser eine κατάγνωσις
ausspräche, sollte das gericht in besonders feierlicher weise auf der burg
abstimmen.47) dieser teil des antrages fiel zu gunsten eines amendements
von Hagnon, der 431/0 mit Perikles stratege gewesen war48) und jetzt
durchsetzte, daſs die sache des Perikles einem besonders starken gerichte
überwiesen wurde, vor dem die anträge auf κλοπή, δώϱων, ἀδικίου
zu erheben wären: noch also lagen formulirte strafanträge nicht vor.
so geschah es. es erfolgte die verurteilung wegen κλοπή.49) das unter-
schlagene gut muſste also zehnfältig ersetzt werden. das ist geschehen50),

47) Krateros bei Plut. Per. 32 ψήφισμα κυϱοῦται Δϱ. γϱάψαντος, ὅπως οἱ
λόγοι τῶν χϱημάτων ὑπὸ Πεϱικλέους εἰς τοὺς πϱυτάνεις ἀποτεϑεῖεν, οἱ δὲ δικα-
σταὶ τὴν ψῆφον ἀπὸ τοῦ βωμοῦ φέϱοντες ἐν τῇ πόλει κϱίνοιεν. die sprache hat
Plutarch abscheulich verdorben. daſs die prytanen mit den acten doch etwas tun
müssen, also ein mittelglied zwischen den beiden handlungen weggelassen ist, ist
eben so klar, wie daſs man jetzt die lücke ergänzen kann. den vorsitz würden
wieder die thesmotheten gehabt haben.
48) Ἅγνων δὲ τοῦτο μὲν ἀφεῖλε τοῦ ψηφίσματος, κϱίνεσϑαι δὲ τὴν δίκην
ἔγϱαψεν ἐν δικασταῖς χιλίοις καὶ πεντακοσίοις, εἴτε κλοπῆς ἢ δώϱων εἴτ̕ ἀδικίου
βούλοιτό τις ὀνομάζειν τὴν δίωξιν. das hat doch wol gelautet τὰ μὲν ἄλλα κα-
ϑάπεϱ Δϱακοντίδης, κϱίνεσϑαι δὲ τὴν δίκην κτἑ., so daſs nur der gerichtshof
anders constituirt ward, die κατάγνωσις des rates blieb (die ja vom volke vorab
verordnet werden konnte). es ist ganz müſsig zu ventiliren, was für Perikles gün-
stiger oder ungünstiger war. das zweite war in der ordnung, hielt sich an den
normalen geschäftsgang, und war dem Perikles günstig, weil er nicht gestohlen
hatte. Drakontides mag durch sein ausnahmegericht auch nichts anderes beabsichtigt
haben als einen möglichst wahrhaften spruch der geschwornen; ob der für den an-
geklagten günstig oder ungünstig ausfiel, hieng von dessen schuld ab, was Drakon-
tides wünschte, nicht bloſs von seiner parteistellung, sondern auch von seiner beur-
teilung der schuldfrage. daſs Hagnon 1500 (oder vielmehr 1501) richter beantragte,
nicht bloſs 501, wie gewöhnlich war und hier durch eine bloſs von fern leicht
scheinende conjectur hineingetragen werden soll, ist darin begründet, daſs ein beson-
ders wichtiger fall vorliegt und ein noch viel weiter gehender antrag ersetzt wird.
49) Plat. Gorg. 515e κλοπὴν αὐτοῦ κατεψηφίσαντο, ὀλίγου δὲ καὶ ϑανατου
ἐτίμησαν, nämlich wenn sie strengere maſsregeln ergriffen hätten als den von
Hagnon beantragten rechenschaftsproceſs.
50) Wenn Thukydides sagt χϱήμασιν ἐζημίωσαν, so sind wir verpflichtet zu
glauben, daſs die strafe bezahlt worden ist: eine niederschlagung, wie sie bei Phormion
ein par jahre später stattfand, hätte als deutliches zeichen der wetterwendischen volks-
stimmung erwähnung gefunden. zu zahlen brauchte Perikles allerdings erst in der
neunten prytanie, frühsommer 429. aber den anstand können wir ihm und seinen
freunden schon zutrauen, daſs er den bettel sofort bezahlte. er selbst hatte freilich
keine 50 talente, aber wie viele reichsstädte werden sich nicht beeifert haben, wie
viele zahlungsfähige clienten wie Kephalos konnte er nicht aufbieten. es ist auch
im gedächtnisse geblieben, daſs er gezahlt hat, denn der gar nicht verächtliche, bei
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[246/0256] II. 12. Λόγος und εὔϑυνα. dem rate überwiesen werden; für den fall, daſs dieser eine κατάγνωσις ausspräche, sollte das gericht in besonders feierlicher weise auf der burg abstimmen. 47) dieser teil des antrages fiel zu gunsten eines amendements von Hagnon, der 431/0 mit Perikles stratege gewesen war 48) und jetzt durchsetzte, daſs die sache des Perikles einem besonders starken gerichte überwiesen wurde, vor dem die anträge auf κλοπή, δώϱων, ἀδικίου zu erheben wären: noch also lagen formulirte strafanträge nicht vor. so geschah es. es erfolgte die verurteilung wegen κλοπή. 49) das unter- schlagene gut muſste also zehnfältig ersetzt werden. das ist geschehen 50), 47) Krateros bei Plut. Per. 32 ψήφισμα κυϱοῦται Δϱ. γϱάψαντος, ὅπως οἱ λόγοι τῶν χϱημάτων ὑπὸ Πεϱικλέους εἰς τοὺς πϱυτάνεις ἀποτεϑεῖεν, οἱ δὲ δικα- σταὶ τὴν ψῆφον ἀπὸ τοῦ βωμοῦ φέϱοντες ἐν τῇ πόλει κϱίνοιεν. die sprache hat Plutarch abscheulich verdorben. daſs die prytanen mit den acten doch etwas tun müssen, also ein mittelglied zwischen den beiden handlungen weggelassen ist, ist eben so klar, wie daſs man jetzt die lücke ergänzen kann. den vorsitz würden wieder die thesmotheten gehabt haben. 48) Ἅγνων δὲ τοῦτο μὲν ἀφεῖλε τοῦ ψηφίσματος, κϱίνεσϑαι δὲ τὴν δίκην ἔγϱαψεν ἐν δικασταῖς χιλίοις καὶ πεντακοσίοις, εἴτε κλοπῆς ἢ δώϱων εἴτ̕ ἀδικίου βούλοιτό τις ὀνομάζειν τὴν δίωξιν. das hat doch wol gelautet τὰ μὲν ἄλλα κα- ϑάπεϱ Δϱακοντίδης, κϱίνεσϑαι δὲ τὴν δίκην κτἑ., so daſs nur der gerichtshof anders constituirt ward, die κατάγνωσις des rates blieb (die ja vom volke vorab verordnet werden konnte). es ist ganz müſsig zu ventiliren, was für Perikles gün- stiger oder ungünstiger war. das zweite war in der ordnung, hielt sich an den normalen geschäftsgang, und war dem Perikles günstig, weil er nicht gestohlen hatte. Drakontides mag durch sein ausnahmegericht auch nichts anderes beabsichtigt haben als einen möglichst wahrhaften spruch der geschwornen; ob der für den an- geklagten günstig oder ungünstig ausfiel, hieng von dessen schuld ab, was Drakon- tides wünschte, nicht bloſs von seiner parteistellung, sondern auch von seiner beur- teilung der schuldfrage. daſs Hagnon 1500 (oder vielmehr 1501) richter beantragte, nicht bloſs 501, wie gewöhnlich war und hier durch eine bloſs von fern leicht scheinende conjectur hineingetragen werden soll, ist darin begründet, daſs ein beson- ders wichtiger fall vorliegt und ein noch viel weiter gehender antrag ersetzt wird. 49) Plat. Gorg. 515e κλοπὴν αὐτοῦ κατεψηφίσαντο, ὀλίγου δὲ καὶ ϑανατου ἐτίμησαν, nämlich wenn sie strengere maſsregeln ergriffen hätten als den von Hagnon beantragten rechenschaftsproceſs. 50) Wenn Thukydides sagt χϱήμασιν ἐζημίωσαν, so sind wir verpflichtet zu glauben, daſs die strafe bezahlt worden ist: eine niederschlagung, wie sie bei Phormion ein par jahre später stattfand, hätte als deutliches zeichen der wetterwendischen volks- stimmung erwähnung gefunden. zu zahlen brauchte Perikles allerdings erst in der neunten prytanie, frühsommer 429. aber den anstand können wir ihm und seinen freunden schon zutrauen, daſs er den bettel sofort bezahlte. er selbst hatte freilich keine 50 talente, aber wie viele reichsstädte werden sich nicht beeifert haben, wie viele zahlungsfähige clienten wie Kephalos konnte er nicht aufbieten. es ist auch im gedächtnisse geblieben, daſs er gezahlt hat, denn der gar nicht verächtliche, bei

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/256>, abgerufen am 24.11.2024.