Stärke der athenischen bürgerschaft. stärke des heeres 432.
verlangt werden. die sehr alte verordnung, welche 6000 stimmen für die beschlussfähigkeit eines nomos ep andri verlangt, hat damit offen- bar die beteiligung der majorität vorschreiben wollen.14) aber dass das zu wenig war, lehrte die Athener sehr bald der katalog ihrer wehr- fähigen, und so verschwindet diese schätzung.
Im jahre 445/4 haben 14240 Athener von einer getreidespende von 40000 scheffeln ihr teil bekommen; 4760 sind in die sclaverei als pareggraphoi verkauft. so hat Philochoros berichtet, (schol. Ar. Wesp. 718): erst Plutarch (Per. 37) hat die empfänger mit der gesammtbürgerschaft identificirt: als ob Kleon und Sophokles und die ratsherrn und Areopagiten mit einem scheffelsack in das Odeion zu den getreidemessern gelaufen wären. dass die beiden zahlen die runde summe 19000 ergeben, ist allerdings verdächtig, und die höhere dürfte durch rechnung gefunden sein: aber bezeugt wird hier nur eine zahl vergleichbar den zahlen der römischen largitionenempfänger, nicht eine censuszahl. wenn 19000 oder auch 14000 Athener einen sack mehl nahmen, gehn wir fehl, wenn wir die gesammtbürgerschaft auf das vierfache schätzen?
Ein besonderes gewicht hat man immer auf die angaben des Thuky-Stärke des heeres 432. dides gelegt; es lässt sich aber sehr leicht zeigen, dass sie auf einer ebenso durchsichtigen wie unzuverlässigen rechnung beruhen. er sagt 2, 31, dass bei dem ersten einfalle in Megara wenigstens 10000 hopliten waren, zu denen er noch 3000 vor Poteidaia zählt, ausserdem 3000 hopliten aus dem metökenstande und die nicht gezählten theten. ver- gessen hat er dabei sämmtliche hopliten in den garnisonen, die wir nun mit 2500 vermutlich zu niedrig, da es krieg war, in anschlag bringen können. das hat er in der allgemeinen übersicht 2, 13 richtiger mit in anschlag gebracht, wo er die hopliten eben nach der zahl von cap. 31 auf 13000 aneu ton en tois phrouriois angiebt. dazu fügt er als wächter der städtischen befestigung 16000 apo te ton presbutaton kai ton neotaton kai metoikon osoi oplitai esan. die letzte zahl kennen wir schon als 3000. es bleiben also 13000 für die hopliten unter 20 und über 60 jahren; eine recht oberflächliche schätzung, denn sie beruht auf der gleichsetzung mit den 13000 zwischen 20 und 60. endlich gibt er die etatsmässigen zahlen für schützen und reiter ganz wie der oligarch des Aristoteles. somit bleibt das einzige brauchbare, dass 432 effectiv 15500 hopliten zur verwendung gekommen sind. so viele
14) Das gesetz kann sehr gut aus einer zeit stammen, wo die politeia apede- doto tois opla parekhomenois.
v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 14
Stärke der athenischen bürgerschaft. stärke des heeres 432.
verlangt werden. die sehr alte verordnung, welche 6000 stimmen für die beschluſsfähigkeit eines νόμος ἐπ̕ ἀνδϱί verlangt, hat damit offen- bar die beteiligung der majorität vorschreiben wollen.14) aber daſs das zu wenig war, lehrte die Athener sehr bald der katalog ihrer wehr- fähigen, und so verschwindet diese schätzung.
Im jahre 445/4 haben 14240 Athener von einer getreidespende von 40000 scheffeln ihr teil bekommen; 4760 sind in die sclaverei als παϱέγγϱαφοι verkauft. so hat Philochoros berichtet, (schol. Ar. Wesp. 718): erst Plutarch (Per. 37) hat die empfänger mit der gesammtbürgerschaft identificirt: als ob Kleon und Sophokles und die ratsherrn und Areopagiten mit einem scheffelsack in das Odeion zu den getreidemessern gelaufen wären. daſs die beiden zahlen die runde summe 19000 ergeben, ist allerdings verdächtig, und die höhere dürfte durch rechnung gefunden sein: aber bezeugt wird hier nur eine zahl vergleichbar den zahlen der römischen largitionenempfänger, nicht eine censuszahl. wenn 19000 oder auch 14000 Athener einen sack mehl nahmen, gehn wir fehl, wenn wir die gesammtbürgerschaft auf das vierfache schätzen?
Ein besonderes gewicht hat man immer auf die angaben des Thuky-Stärke des heeres 432. dides gelegt; es läſst sich aber sehr leicht zeigen, daſs sie auf einer ebenso durchsichtigen wie unzuverlässigen rechnung beruhen. er sagt 2, 31, daſs bei dem ersten einfalle in Megara wenigstens 10000 hopliten waren, zu denen er noch 3000 vor Poteidaia zählt, auſserdem 3000 hopliten aus dem metökenstande und die nicht gezählten theten. ver- gessen hat er dabei sämmtliche hopliten in den garnisonen, die wir nun mit 2500 vermutlich zu niedrig, da es krieg war, in anschlag bringen können. das hat er in der allgemeinen übersicht 2, 13 richtiger mit in anschlag gebracht, wo er die hopliten eben nach der zahl von cap. 31 auf 13000 ἄνευ τῶν ἐν τοῖς φϱουϱίοις angiebt. dazu fügt er als wächter der städtischen befestigung 16000 ἀπό τε τῶν πϱεσβυτάτων καὶ τῶν νεωτάτων καὶ μετοίκων ὅσοι ὁπλῖται ἦσαν. die letzte zahl kennen wir schon als 3000. es bleiben also 13000 für die hopliten unter 20 und über 60 jahren; eine recht oberflächliche schätzung, denn sie beruht auf der gleichsetzung mit den 13000 zwischen 20 und 60. endlich gibt er die etatsmäſsigen zahlen für schützen und reiter ganz wie der oligarch des Aristoteles. somit bleibt das einzige brauchbare, daſs 432 effectiv 15500 hopliten zur verwendung gekommen sind. so viele
14) Das gesetz kann sehr gut aus einer zeit stammen, wo die πολιτεία ἀπεδέ- δοτο τοὶς ὅπλα παϱεχομένοις.
v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 14
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0219"n="209"/><fwplace="top"type="header">Stärke der athenischen bürgerschaft. stärke des heeres 432.</fw><lb/>
verlangt werden. die sehr alte verordnung, welche 6000 stimmen für<lb/>
die beschluſsfähigkeit eines νόμοςἐπ̕ἀνδϱί verlangt, hat damit offen-<lb/>
bar die beteiligung der majorität vorschreiben wollen.<noteplace="foot"n="14)">Das gesetz kann sehr gut aus einer zeit stammen, wo die πολιτείαἀπεδέ-<lb/>δοτοτοὶςὅπλαπαϱεχομένοις.</note> aber daſs das<lb/>
zu wenig war, lehrte die Athener sehr bald der katalog ihrer wehr-<lb/>
fähigen, und so verschwindet diese schätzung.</p><lb/><p>Im jahre 445/4 haben 14240 Athener von einer getreidespende<lb/>
von 40000 scheffeln ihr teil bekommen; 4760 sind in die sclaverei als<lb/>παϱέγγϱαφοι verkauft. so hat Philochoros berichtet, (schol. Ar. Wesp. 718):<lb/>
erst Plutarch (Per. 37) hat die empfänger mit der gesammtbürgerschaft<lb/>
identificirt: als ob Kleon und Sophokles und die ratsherrn und Areopagiten<lb/>
mit einem scheffelsack in das Odeion zu den getreidemessern gelaufen<lb/>
wären. daſs die beiden zahlen die runde summe 19000 ergeben, ist<lb/>
allerdings verdächtig, und die höhere dürfte durch rechnung gefunden<lb/>
sein: aber bezeugt wird hier nur eine zahl vergleichbar den zahlen der<lb/>
römischen largitionenempfänger, nicht eine censuszahl. wenn 19000<lb/>
oder auch 14000 Athener einen sack mehl nahmen, gehn wir fehl,<lb/>
wenn wir die gesammtbürgerschaft auf das vierfache schätzen?</p><lb/><p>Ein besonderes gewicht hat man immer auf die angaben des Thuky-<noteplace="right">Stärke des<lb/>
heeres 432.</note><lb/>
dides gelegt; es läſst sich aber sehr leicht zeigen, daſs sie auf einer<lb/>
ebenso durchsichtigen wie unzuverlässigen rechnung beruhen. er sagt<lb/>
2, 31, daſs bei dem ersten einfalle in Megara wenigstens 10000 hopliten<lb/>
waren, zu denen er noch 3000 vor Poteidaia zählt, auſserdem 3000<lb/>
hopliten aus dem metökenstande und die nicht gezählten theten. ver-<lb/>
gessen hat er dabei sämmtliche hopliten in den garnisonen, die wir nun<lb/>
mit 2500 vermutlich zu niedrig, da es krieg war, in anschlag bringen<lb/>
können. das hat er in der allgemeinen übersicht 2, 13 richtiger mit<lb/>
in anschlag gebracht, wo er die hopliten eben nach der zahl von cap. 31<lb/>
auf 13000 ἄνευτῶνἐντοῖςφϱουϱίοις angiebt. dazu fügt er als<lb/>
wächter der städtischen befestigung 16000 ἀπότετῶνπϱεσβυτάτων<lb/>καὶτῶννεωτάτωνκαὶμετοίκωνὅσοιὁπλῖταιἦσαν. die letzte zahl<lb/>
kennen wir schon als 3000. es bleiben also 13000 für die hopliten<lb/>
unter 20 und über 60 jahren; eine recht oberflächliche schätzung, denn<lb/>
sie beruht auf der gleichsetzung mit den 13000 zwischen 20 und 60.<lb/>
endlich gibt er die etatsmäſsigen zahlen für schützen und reiter ganz wie<lb/>
der oligarch des Aristoteles. somit bleibt das einzige brauchbare, daſs<lb/>
432 effectiv 15500 hopliten zur verwendung gekommen sind. so viele<lb/><fwplace="bottom"type="sig">v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 14</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[209/0219]
Stärke der athenischen bürgerschaft. stärke des heeres 432.
verlangt werden. die sehr alte verordnung, welche 6000 stimmen für
die beschluſsfähigkeit eines νόμος ἐπ̕ ἀνδϱί verlangt, hat damit offen-
bar die beteiligung der majorität vorschreiben wollen. 14) aber daſs das
zu wenig war, lehrte die Athener sehr bald der katalog ihrer wehr-
fähigen, und so verschwindet diese schätzung.
Im jahre 445/4 haben 14240 Athener von einer getreidespende
von 40000 scheffeln ihr teil bekommen; 4760 sind in die sclaverei als
παϱέγγϱαφοι verkauft. so hat Philochoros berichtet, (schol. Ar. Wesp. 718):
erst Plutarch (Per. 37) hat die empfänger mit der gesammtbürgerschaft
identificirt: als ob Kleon und Sophokles und die ratsherrn und Areopagiten
mit einem scheffelsack in das Odeion zu den getreidemessern gelaufen
wären. daſs die beiden zahlen die runde summe 19000 ergeben, ist
allerdings verdächtig, und die höhere dürfte durch rechnung gefunden
sein: aber bezeugt wird hier nur eine zahl vergleichbar den zahlen der
römischen largitionenempfänger, nicht eine censuszahl. wenn 19000
oder auch 14000 Athener einen sack mehl nahmen, gehn wir fehl,
wenn wir die gesammtbürgerschaft auf das vierfache schätzen?
Ein besonderes gewicht hat man immer auf die angaben des Thuky-
dides gelegt; es läſst sich aber sehr leicht zeigen, daſs sie auf einer
ebenso durchsichtigen wie unzuverlässigen rechnung beruhen. er sagt
2, 31, daſs bei dem ersten einfalle in Megara wenigstens 10000 hopliten
waren, zu denen er noch 3000 vor Poteidaia zählt, auſserdem 3000
hopliten aus dem metökenstande und die nicht gezählten theten. ver-
gessen hat er dabei sämmtliche hopliten in den garnisonen, die wir nun
mit 2500 vermutlich zu niedrig, da es krieg war, in anschlag bringen
können. das hat er in der allgemeinen übersicht 2, 13 richtiger mit
in anschlag gebracht, wo er die hopliten eben nach der zahl von cap. 31
auf 13000 ἄνευ τῶν ἐν τοῖς φϱουϱίοις angiebt. dazu fügt er als
wächter der städtischen befestigung 16000 ἀπό τε τῶν πϱεσβυτάτων
καὶ τῶν νεωτάτων καὶ μετοίκων ὅσοι ὁπλῖται ἦσαν. die letzte zahl
kennen wir schon als 3000. es bleiben also 13000 für die hopliten
unter 20 und über 60 jahren; eine recht oberflächliche schätzung, denn
sie beruht auf der gleichsetzung mit den 13000 zwischen 20 und 60.
endlich gibt er die etatsmäſsigen zahlen für schützen und reiter ganz wie
der oligarch des Aristoteles. somit bleibt das einzige brauchbare, daſs
432 effectiv 15500 hopliten zur verwendung gekommen sind. so viele
Stärke des
heeres 432.
14) Das gesetz kann sehr gut aus einer zeit stammen, wo die πολιτεία ἀπεδέ-
δοτο τοὶς ὅπλα παϱεχομένοις.
v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 14
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/219>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.