Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 1. Berlin, 1893.I. 7. Die verfassung. wenden, in notfällen der strategos epi ta opla ein aufgebot machen,wie es Demosthenes gegen Konon schildert, es bleibt ein mangel: die landgensdarmen fehlen. wozu stehn über ganz Attika die warttürme, be- stimmt feuerzeichen zu geben, zu telegraphiren, wenn keine leute da sind, die aufpassen? wer greift den entlaufenen sclaven, den dieb oder mörder? ist alles der selbsthilfe oder dem guten willen der nachbarn freigegeben? ferner, wer passt auf die landstrassen, die wasserläufe, die capellen? soll auch das nur der einzelne tun oder lassen, wie er will? denn die gemeinde hat oft genug ein dem allgemeinen entgegen- laufendes interesse, fängt sich gern das wasser ab und wünscht, dass die reisenden wegen schlechten weges station machen. da ist eine lücke in der attischen organisation. es ist mir zweifelhaft, ob die wächter sie gut gefüllt haben, denn die demokratie denkt immer vorwiegend an die städter. Platon hat erkannt, was not tat; aber er bildet nur eine heimische institution weiter. es war ja auch nicht schwer, eine mässige zahl aus den jüngeren jahrgängen des katalogs auszulosen, die in den demen, zum teil auch an warttürmen und castellen, den sicherheitsdienst und die aufsicht über die anlagen des staates führten; verteilung nach demen und sold waren dabei selbstverständlich. dass wir diese leute selten erwähnt finden, noch seltener von wirklich militärischem auf- gebote sprechen können, ist nicht wunderbar; vielleicht findet man auch noch mehr belege. Zwei classen aber die oben angeführte stelle des Xenophon in betracht, die 355/4 geschrieben
ist und schlechterdings nicht auf andere als Athener bezogen werden kann; auch war 352 das geld viel zu knapp, als dass man ein söldnercorps von peripoloi gehalten hätte. also sehe ich in den peripolarchen die militärischen vorgesetzten der epheben, die natürlich nicht mehr existiren, als es sophronisten gibt. dass den offizieren, die die grenzen abzupatrouilliren haben, die neuen grenzsteine gezeigt werden, ist in der ordnung. dagegen in der spätern zeit sind die peripolarchen attische offiziere, unter denen fremde stratiotai stehn, CIA II 1208 (Eleusis, dedi- cation der soldaten für mehrere peripolarchen) Eph. arkh. 88, 21 (demenbeschluss der Eleusinier für den peripolarchen Smikythion), diese beiden aus den zeiten der könige Kassandros oder Demetrios, Eph. arkh. 91, 61 (Rhamnus, dedication der soldaten für einen strategen und einen peripolarchen, aus späterer zeit des dritten jahrhunderts; nach diesem steine dürfte II 1208 oi]stratiotai s[tephanosantes ton strategon kai] tous peripolarkhous [aretes eneka kai dikaiosun]es anethesan [toin theoin zu ergänzen sein.) I. 7. Die verfassung. wenden, in notfällen der στϱατηγὸς ἐπὶ τὰ ὅπλα ein aufgebot machen,wie es Demosthenes gegen Konon schildert, es bleibt ein mangel: die landgensdarmen fehlen. wozu stehn über ganz Attika die warttürme, be- stimmt feuerzeichen zu geben, zu telegraphiren, wenn keine leute da sind, die aufpassen? wer greift den entlaufenen sclaven, den dieb oder mörder? ist alles der selbsthilfe oder dem guten willen der nachbarn freigegeben? ferner, wer paſst auf die landstraſsen, die wasserläufe, die capellen? soll auch das nur der einzelne tun oder lassen, wie er will? denn die gemeinde hat oft genug ein dem allgemeinen entgegen- laufendes interesse, fängt sich gern das wasser ab und wünscht, daſs die reisenden wegen schlechten weges station machen. da ist eine lücke in der attischen organisation. es ist mir zweifelhaft, ob die wächter sie gut gefüllt haben, denn die demokratie denkt immer vorwiegend an die städter. Platon hat erkannt, was not tat; aber er bildet nur eine heimische institution weiter. es war ja auch nicht schwer, eine mäſsige zahl aus den jüngeren jahrgängen des katalogs auszulosen, die in den demen, zum teil auch an warttürmen und castellen, den sicherheitsdienst und die aufsicht über die anlagen des staates führten; verteilung nach demen und sold waren dabei selbstverständlich. daſs wir diese leute selten erwähnt finden, noch seltener von wirklich militärischem auf- gebote sprechen können, ist nicht wunderbar; vielleicht findet man auch noch mehr belege. Zwei classen aber die oben angeführte stelle des Xenophon in betracht, die 355/4 geschrieben
ist und schlechterdings nicht auf andere als Athener bezogen werden kann; auch war 352 das geld viel zu knapp, als daſs man ein söldnercorps von πεϱίπολοι gehalten hätte. also sehe ich in den peripolarchen die militärischen vorgesetzten der epheben, die natürlich nicht mehr existiren, als es sophronisten gibt. daſs den offizieren, die die grenzen abzupatrouilliren haben, die neuen grenzsteine gezeigt werden, ist in der ordnung. dagegen in der spätern zeit sind die peripolarchen attische offiziere, unter denen fremde στϱατιῶται stehn, CIA II 1208 (Eleusis, dedi- cation der soldaten für mehrere peripolarchen) Ἐφ. ἀϱχ. 88, 21 (demenbeschluſs der Eleusinier für den peripolarchen Smikythion), diese beiden aus den zeiten der könige Kassandros oder Demetrios, Ἐφ. ἀϱχ. 91, 61 (Rhamnus, dedication der soldaten für einen strategen und einen peripolarchen, aus späterer zeit des dritten jahrhunderts; nach diesem steine dürfte II 1208 οἱ]στϱατιῶται σ[τεφανώσαντες τὸν στϱατηγὸν καὶ] τοὺς πεϱιπολάϱχους [ἀϱετῆς ἕνεκα καὶ δικαιοσύν]ης ἀνέϑεσαν [τοῖν ϑεοῖν zu ergänzen sein.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0214" n="200"/><fw place="top" type="header">I. 7. Die verfassung.</fw><lb/> wenden, in notfällen der στϱατηγὸς ἐπὶ τὰ ὅπλα ein aufgebot machen,<lb/> wie es Demosthenes gegen Konon schildert, es bleibt ein mangel: die<lb/> landgensdarmen fehlen. wozu stehn über ganz Attika die warttürme, be-<lb/> stimmt feuerzeichen zu geben, zu telegraphiren, wenn keine leute da<lb/> sind, die aufpassen? wer greift den entlaufenen sclaven, den dieb oder<lb/> mörder? ist alles der selbsthilfe oder dem guten willen der nachbarn<lb/> freigegeben? ferner, wer paſst auf die landstraſsen, die wasserläufe,<lb/> die capellen? soll auch das nur der einzelne tun oder lassen, wie er<lb/> will? denn die gemeinde hat oft genug ein dem allgemeinen entgegen-<lb/> laufendes interesse, fängt sich gern das wasser ab und wünscht, daſs<lb/> die reisenden wegen schlechten weges station machen. da ist eine lücke<lb/> in der attischen organisation. es ist mir zweifelhaft, ob die wächter sie<lb/> gut gefüllt haben, denn die demokratie denkt immer vorwiegend an die<lb/> städter. Platon hat erkannt, was not tat; aber er bildet nur eine<lb/> heimische institution weiter. es war ja auch nicht schwer, eine mäſsige<lb/> zahl aus den jüngeren jahrgängen des katalogs auszulosen, die in den<lb/> demen, zum teil auch an warttürmen und castellen, den sicherheitsdienst<lb/> und die aufsicht über die anlagen des staates führten; verteilung nach<lb/> demen und sold waren dabei selbstverständlich. daſs wir diese leute<lb/> selten erwähnt finden, noch seltener von wirklich militärischem auf-<lb/> gebote sprechen können, ist nicht wunderbar; vielleicht findet man auch<lb/> noch mehr belege.</p><lb/> <p><note place="left">Zwei classen<lb/> von<lb/> losbeamten.</note>Daſs wir zwei classen von losbeamten kennen lernen, ist noch viel<lb/> merkwürdiger; ich kann nicht umhin, dabei zu verweilen. die vertretung<lb/> der demen im rate war freilich jüngst durch die prytanenlisten bekannt<lb/> geworden, aber man fragt nun, welches sind die beamten, die früher<lb/><note xml:id="note-0214" prev="#note-0213" place="foot" n="25)">aber die oben angeführte stelle des Xenophon in betracht, die 355/4 geschrieben<lb/> ist und schlechterdings nicht auf andere als Athener bezogen werden kann; auch<lb/> war 352 das geld viel zu knapp, als daſs man ein söldnercorps von πεϱίπολοι<lb/> gehalten hätte. also sehe ich in den peripolarchen die militärischen vorgesetzten<lb/> der epheben, die natürlich nicht mehr existiren, als es sophronisten gibt. daſs den<lb/> offizieren, die die grenzen abzupatrouilliren haben, die neuen grenzsteine gezeigt<lb/> werden, ist in der ordnung. dagegen in der spätern zeit sind die peripolarchen<lb/> attische offiziere, unter denen fremde στϱατιῶται stehn, CIA II 1208 (Eleusis, dedi-<lb/> cation der soldaten für mehrere peripolarchen) Ἐφ. ἀϱχ. 88, 21 (demenbeschluſs<lb/> der Eleusinier für den peripolarchen Smikythion), diese beiden aus den zeiten der<lb/> könige Kassandros oder Demetrios, Ἐφ. ἀϱχ. 91, 61 (Rhamnus, dedication der<lb/> soldaten für einen strategen und einen peripolarchen, aus späterer zeit des dritten<lb/> jahrhunderts; nach diesem steine dürfte II 1208 οἱ]στϱατιῶται σ[τεφανώσαντες<lb/> τὸν στϱατηγὸν καὶ] τοὺς πεϱιπολάϱχους [ἀϱετῆς ἕνεκα καὶ δικαιοσύν]ης ἀνέϑεσαν<lb/> [τοῖν ϑεοῖν zu ergänzen sein.)</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [200/0214]
I. 7. Die verfassung.
wenden, in notfällen der στϱατηγὸς ἐπὶ τὰ ὅπλα ein aufgebot machen,
wie es Demosthenes gegen Konon schildert, es bleibt ein mangel: die
landgensdarmen fehlen. wozu stehn über ganz Attika die warttürme, be-
stimmt feuerzeichen zu geben, zu telegraphiren, wenn keine leute da
sind, die aufpassen? wer greift den entlaufenen sclaven, den dieb oder
mörder? ist alles der selbsthilfe oder dem guten willen der nachbarn
freigegeben? ferner, wer paſst auf die landstraſsen, die wasserläufe,
die capellen? soll auch das nur der einzelne tun oder lassen, wie er
will? denn die gemeinde hat oft genug ein dem allgemeinen entgegen-
laufendes interesse, fängt sich gern das wasser ab und wünscht, daſs
die reisenden wegen schlechten weges station machen. da ist eine lücke
in der attischen organisation. es ist mir zweifelhaft, ob die wächter sie
gut gefüllt haben, denn die demokratie denkt immer vorwiegend an die
städter. Platon hat erkannt, was not tat; aber er bildet nur eine
heimische institution weiter. es war ja auch nicht schwer, eine mäſsige
zahl aus den jüngeren jahrgängen des katalogs auszulosen, die in den
demen, zum teil auch an warttürmen und castellen, den sicherheitsdienst
und die aufsicht über die anlagen des staates führten; verteilung nach
demen und sold waren dabei selbstverständlich. daſs wir diese leute
selten erwähnt finden, noch seltener von wirklich militärischem auf-
gebote sprechen können, ist nicht wunderbar; vielleicht findet man auch
noch mehr belege.
Daſs wir zwei classen von losbeamten kennen lernen, ist noch viel
merkwürdiger; ich kann nicht umhin, dabei zu verweilen. die vertretung
der demen im rate war freilich jüngst durch die prytanenlisten bekannt
geworden, aber man fragt nun, welches sind die beamten, die früher
25)
Zwei classen
von
losbeamten.
25) aber die oben angeführte stelle des Xenophon in betracht, die 355/4 geschrieben
ist und schlechterdings nicht auf andere als Athener bezogen werden kann; auch
war 352 das geld viel zu knapp, als daſs man ein söldnercorps von πεϱίπολοι
gehalten hätte. also sehe ich in den peripolarchen die militärischen vorgesetzten
der epheben, die natürlich nicht mehr existiren, als es sophronisten gibt. daſs den
offizieren, die die grenzen abzupatrouilliren haben, die neuen grenzsteine gezeigt
werden, ist in der ordnung. dagegen in der spätern zeit sind die peripolarchen
attische offiziere, unter denen fremde στϱατιῶται stehn, CIA II 1208 (Eleusis, dedi-
cation der soldaten für mehrere peripolarchen) Ἐφ. ἀϱχ. 88, 21 (demenbeschluſs
der Eleusinier für den peripolarchen Smikythion), diese beiden aus den zeiten der
könige Kassandros oder Demetrios, Ἐφ. ἀϱχ. 91, 61 (Rhamnus, dedication der
soldaten für einen strategen und einen peripolarchen, aus späterer zeit des dritten
jahrhunderts; nach diesem steine dürfte II 1208 οἱ]στϱατιῶται σ[τεφανώσαντες
τὸν στϱατηγὸν καὶ] τοὺς πεϱιπολάϱχους [ἀϱετῆς ἕνεκα καὶ δικαιοσύν]ης ἀνέϑεσαν
[τοῖν ϑεοῖν zu ergänzen sein.)
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