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Wienbarg, Ludolf: Soll die plattdeutsche Sprache gepflegt oder ausgerottet werden? Gegen Ersteres und für Letzteres. Hamburg, 1834.

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Frage billig ausfällt, die dritte nicht ganz unbeantwortet. Welche Mittel halten Sie für die Ausrottung der plattdeutschen Sprache für die wirksamsten? Mir und meinen Kollegen, wie gesagt, liegt vorzüglich daran.

Ich trug meinem Freunde darauf den folgenden Abschnitt vor, bemerkte aber, daß ich von ihm selbst oder von einem Genossen seines Standes etwas Erschöpfenderes in dieser Hinsicht verhoffte.



Wer aber soll helfen gegen das Plattdeutsche im Volk? Wie kann dem Hochdeutschen geholfen werden?

Wer? Alle Welt, nur der Staat nicht. Was der Staat gegen das Plattdeutsche und für das Hochdeutsche thun konnte, hat er gethan, indem er jene aus der Kirche verbannt und sie vom Gerichtshofe ausschloß.

Wer diese Schrift verbreitet, sie selbst oder ihre Ideen, wer sie öffentlich angreift oder vertheidigt, wer ihr neue Gesichtspunkte hinzufügt, deren es noch so viele giebt, wer die bereits aufgestellten modificirt, rektificirt, der hilft, er mag wollen oder nicht; denn er hilft eine öffentliche Meinung bilden. Beleuchtet dieses gedankenlose Monstrum, Hannoversches Platt, Meklenburgisches Platt und wie es sich überall nennt, von hinten oder von vorne, von der besten oder von der schlechtesten Seite, beleuchtet es nur, und glaubt mir, jedes Licht übt eine chemische Zerstörung auf sein Volumen aus. Besprecht es, besprecht es nur und seid überzeugt, jedes Wort im Guten oder Bösen ist ein Zauberbann, der ihm einen Fuß seines Gebietes verengt.

Das ist das Schöne mit der guten Sache und der öffentlichen Meinung und der neuen Zeit; wenn die drei einmal in Bewegung sind und sich auch nicht suchen, so verfehlen sie sich doch nicht.

Ja, ich zweifle nicht, die öffentliche Meinung wird sich bilden und sie wird grollen, wie ich, mit dem Plattdeutschen und das Grollen wird über die Köpfe unserer Bauern hinfahren und wird - ansteckend sein.

Frage billig ausfällt, die dritte nicht ganz unbeantwortet. Welche Mittel halten Sie für die Ausrottung der plattdeutschen Sprache für die wirksamsten? Mir und meinen Kollegen, wie gesagt, liegt vorzüglich daran.

Ich trug meinem Freunde darauf den folgenden Abschnitt vor, bemerkte aber, daß ich von ihm selbst oder von einem Genossen seines Standes etwas Erschöpfenderes in dieser Hinsicht verhoffte.



Wer aber soll helfen gegen das Plattdeutsche im Volk? Wie kann dem Hochdeutschen geholfen werden?

Wer? Alle Welt, nur der Staat nicht. Was der Staat gegen das Plattdeutsche und für das Hochdeutsche thun konnte, hat er gethan, indem er jene aus der Kirche verbannt und sie vom Gerichtshofe ausschloß.

Wer diese Schrift verbreitet, sie selbst oder ihre Ideen, wer sie öffentlich angreift oder vertheidigt, wer ihr neue Gesichtspunkte hinzufügt, deren es noch so viele giebt, wer die bereits aufgestellten modificirt, rektificirt, der hilft, er mag wollen oder nicht; denn er hilft eine öffentliche Meinung bilden. Beleuchtet dieses gedankenlose Monstrum, Hannoversches Platt, Meklenburgisches Platt und wie es sich überall nennt, von hinten oder von vorne, von der besten oder von der schlechtesten Seite, beleuchtet es nur, und glaubt mir, jedes Licht übt eine chemische Zerstörung auf sein Volumen aus. Besprecht es, besprecht es nur und seid überzeugt, jedes Wort im Guten oder Bösen ist ein Zauberbann, der ihm einen Fuß seines Gebietes verengt.

Das ist das Schöne mit der guten Sache und der öffentlichen Meinung und der neuen Zeit; wenn die drei einmal in Bewegung sind und sich auch nicht suchen, so verfehlen sie sich doch nicht.

Ja, ich zweifle nicht, die öffentliche Meinung wird sich bilden und sie wird grollen, wie ich, mit dem Plattdeutschen und das Grollen wird über die Köpfe unserer Bauern hinfahren und wird – ansteckend sein.

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[42/0042] Frage billig ausfällt, die dritte nicht ganz unbeantwortet. Welche Mittel halten Sie für die Ausrottung der plattdeutschen Sprache für die wirksamsten? Mir und meinen Kollegen, wie gesagt, liegt vorzüglich daran. Ich trug meinem Freunde darauf den folgenden Abschnitt vor, bemerkte aber, daß ich von ihm selbst oder von einem Genossen seines Standes etwas Erschöpfenderes in dieser Hinsicht verhoffte. Wer aber soll helfen gegen das Plattdeutsche im Volk? Wie kann dem Hochdeutschen geholfen werden? Wer? Alle Welt, nur der Staat nicht. Was der Staat gegen das Plattdeutsche und für das Hochdeutsche thun konnte, hat er gethan, indem er jene aus der Kirche verbannt und sie vom Gerichtshofe ausschloß. Wer diese Schrift verbreitet, sie selbst oder ihre Ideen, wer sie öffentlich angreift oder vertheidigt, wer ihr neue Gesichtspunkte hinzufügt, deren es noch so viele giebt, wer die bereits aufgestellten modificirt, rektificirt, der hilft, er mag wollen oder nicht; denn er hilft eine öffentliche Meinung bilden. Beleuchtet dieses gedankenlose Monstrum, Hannoversches Platt, Meklenburgisches Platt und wie es sich überall nennt, von hinten oder von vorne, von der besten oder von der schlechtesten Seite, beleuchtet es nur, und glaubt mir, jedes Licht übt eine chemische Zerstörung auf sein Volumen aus. Besprecht es, besprecht es nur und seid überzeugt, jedes Wort im Guten oder Bösen ist ein Zauberbann, der ihm einen Fuß seines Gebietes verengt. Das ist das Schöne mit der guten Sache und der öffentlichen Meinung und der neuen Zeit; wenn die drei einmal in Bewegung sind und sich auch nicht suchen, so verfehlen sie sich doch nicht. Ja, ich zweifle nicht, die öffentliche Meinung wird sich bilden und sie wird grollen, wie ich, mit dem Plattdeutschen und das Grollen wird über die Köpfe unserer Bauern hinfahren und wird – ansteckend sein.

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Soll die plattdeutsche Sprache gepflegt oder ausgerottet werden? Gegen Ersteres und für Letzteres. Hamburg, 1834, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_plattdeutsch_1834/42>, abgerufen am 16.04.2024.