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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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Sprache wiederspiegelt, einer Sprache, welche die
Geister des Lichts erfunden haben -- alles dieses
muß man glauben, wenn man begreifen will,
wie ein Volk, das sie im neunten Jahrhundert
noch Barbaren nannten, im zwölften und drei¬
zehnten Jahrhundert schon so herrlich schaffen und
bilden konnte. Woher ist alles das Namenlose
und Unendliche, was jene frühste Zeit geboren
hat? Aus welcher Brust klang zuerst das Nibe¬
lungenlied und so viele süße Volksgesänge? Wer
hat die Dome in Mailand, Ulm, Köln, Wien,
Straßburg und Pisa gebaut? Woher entspran¬
gen die unendlichen Bilder, gleichsam aller Welt¬
kräfte Spiegel, die in tausend Gestalten uns wie
Träume und Dämmerungen aus einer lange ver¬
gangenen oder wie Andeutungen und Weissagun¬
gen einer zukünftigen Zeit zu umflattern scheinen?
Wahrlich, diese Werke und Bilder sind Beides,
denn diese freudigen Menschen lebten mitten in
Gott und er selbst schuf aus ihnen.

In der That, wenn es nach des schönen
Griechenlands Entartung eine Epoche in der Welt¬
geschichte gab, welche sich durch ihr reges Walten
und Wirken und durch ihren Sinn für Kunst und
Schönheit die Auszeichnung erwarb, nicht mit
Griechenland verglichen, sondern Griechenland an

Sprache wiederſpiegelt, einer Sprache, welche die
Geiſter des Lichts erfunden haben — alles dieſes
muß man glauben, wenn man begreifen will,
wie ein Volk, das ſie im neunten Jahrhundert
noch Barbaren nannten, im zwoͤlften und drei¬
zehnten Jahrhundert ſchon ſo herrlich ſchaffen und
bilden konnte. Woher iſt alles das Namenloſe
und Unendliche, was jene fruͤhſte Zeit geboren
hat? Aus welcher Bruſt klang zuerſt das Nibe¬
lungenlied und ſo viele ſuͤße Volksgeſaͤnge? Wer
hat die Dome in Mailand, Ulm, Koͤln, Wien,
Straßburg und Piſa gebaut? Woher entſpran¬
gen die unendlichen Bilder, gleichſam aller Welt¬
kraͤfte Spiegel, die in tauſend Geſtalten uns wie
Traͤume und Daͤmmerungen aus einer lange ver¬
gangenen oder wie Andeutungen und Weiſſagun¬
gen einer zukuͤnftigen Zeit zu umflattern ſcheinen?
Wahrlich, dieſe Werke und Bilder ſind Beides,
denn dieſe freudigen Menſchen lebten mitten in
Gott und er ſelbſt ſchuf aus ihnen.

In der That, wenn es nach des ſchoͤnen
Griechenlands Entartung eine Epoche in der Welt¬
geſchichte gab, welche ſich durch ihr reges Walten
und Wirken und durch ihren Sinn fuͤr Kunſt und
Schoͤnheit die Auszeichnung erwarb, nicht mit
Griechenland verglichen, ſondern Griechenland an

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[22/0036] Sprache wiederſpiegelt, einer Sprache, welche die Geiſter des Lichts erfunden haben — alles dieſes muß man glauben, wenn man begreifen will, wie ein Volk, das ſie im neunten Jahrhundert noch Barbaren nannten, im zwoͤlften und drei¬ zehnten Jahrhundert ſchon ſo herrlich ſchaffen und bilden konnte. Woher iſt alles das Namenloſe und Unendliche, was jene fruͤhſte Zeit geboren hat? Aus welcher Bruſt klang zuerſt das Nibe¬ lungenlied und ſo viele ſuͤße Volksgeſaͤnge? Wer hat die Dome in Mailand, Ulm, Koͤln, Wien, Straßburg und Piſa gebaut? Woher entſpran¬ gen die unendlichen Bilder, gleichſam aller Welt¬ kraͤfte Spiegel, die in tauſend Geſtalten uns wie Traͤume und Daͤmmerungen aus einer lange ver¬ gangenen oder wie Andeutungen und Weiſſagun¬ gen einer zukuͤnftigen Zeit zu umflattern ſcheinen? Wahrlich, dieſe Werke und Bilder ſind Beides, denn dieſe freudigen Menſchen lebten mitten in Gott und er ſelbſt ſchuf aus ihnen. In der That, wenn es nach des ſchoͤnen Griechenlands Entartung eine Epoche in der Welt¬ geſchichte gab, welche ſich durch ihr reges Walten und Wirken und durch ihren Sinn fuͤr Kunſt und Schoͤnheit die Auszeichnung erwarb, nicht mit Griechenland verglichen, ſondern Griechenland an

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/36>, abgerufen am 21.11.2024.