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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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Für diejenigen nun, welche gewohnt sind,
die Natur als ein rein Materielles, Todtes, Be¬
griffloses zu betrachten, welche daher die Schön¬
heit selber nur in der Ausdehnung und in räum¬
lichen Verhältnissen finden, hat eine solche Ansicht
wenig Empfehlendes. Sie gehen weder in der
Natur noch in der Kunst von der Seele aus und
unbekannt bleibt ihnen daher jene gemeinschaftliche
Quelle dessen, was ihr Auge an den Produkten
der Natur und Kunst in Entzückung setzt.

Erkennen wir jene positive geistige Kraft an,
welche den zufälligen und willkührlichen Stoff zur
Einheit des Begriffes verbindet und die widerstre¬
benden Atome zwingt, sich um diesen zu versam¬
meln. Eine geistige Symmetrie beherrscht die
körperliche, der Blick des Auges, die ausstrahlende
Seele wirkt der äußere Bau und die Wohl- oder
Mißverhältnisse unsers Sehorgans. Kann man
daher behaupten, daß es blos körperliche Schwin¬
gungen, Winkel und Linien sind, womit uns das
Auge der Schönheit anlächelt, oder ist es nicht
vielmehr das geistige Etwas, das sich durch diese
Linien und Winkel symbolisch verräth?

Ich berühre hier einen Punkt, um den sich
die deutsche Naturphilosophie wie um ihr Zentrum
dreht. Wenn die Natur nicht eben so gut Ver¬
stand und Kunst besäße, als wir Menschen, wenn

Fuͤr diejenigen nun, welche gewohnt ſind,
die Natur als ein rein Materielles, Todtes, Be¬
griffloſes zu betrachten, welche daher die Schoͤn¬
heit ſelber nur in der Ausdehnung und in raͤum¬
lichen Verhaͤltniſſen finden, hat eine ſolche Anſicht
wenig Empfehlendes. Sie gehen weder in der
Natur noch in der Kunſt von der Seele aus und
unbekannt bleibt ihnen daher jene gemeinſchaftliche
Quelle deſſen, was ihr Auge an den Produkten
der Natur und Kunſt in Entzuͤckung ſetzt.

Erkennen wir jene poſitive geiſtige Kraft an,
welche den zufaͤlligen und willkuͤhrlichen Stoff zur
Einheit des Begriffes verbindet und die widerſtre¬
benden Atome zwingt, ſich um dieſen zu verſam¬
meln. Eine geiſtige Symmetrie beherrſcht die
koͤrperliche, der Blick des Auges, die ausſtrahlende
Seele wirkt der aͤußere Bau und die Wohl- oder
Mißverhaͤltniſſe unſers Sehorgans. Kann man
daher behaupten, daß es blos koͤrperliche Schwin¬
gungen, Winkel und Linien ſind, womit uns das
Auge der Schoͤnheit anlaͤchelt, oder iſt es nicht
vielmehr das geiſtige Etwas, das ſich durch dieſe
Linien und Winkel ſymboliſch verraͤth?

Ich beruͤhre hier einen Punkt, um den ſich
die deutſche Naturphiloſophie wie um ihr Zentrum
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[199/0213] Fuͤr diejenigen nun, welche gewohnt ſind, die Natur als ein rein Materielles, Todtes, Be¬ griffloſes zu betrachten, welche daher die Schoͤn¬ heit ſelber nur in der Ausdehnung und in raͤum¬ lichen Verhaͤltniſſen finden, hat eine ſolche Anſicht wenig Empfehlendes. Sie gehen weder in der Natur noch in der Kunſt von der Seele aus und unbekannt bleibt ihnen daher jene gemeinſchaftliche Quelle deſſen, was ihr Auge an den Produkten der Natur und Kunſt in Entzuͤckung ſetzt. Erkennen wir jene poſitive geiſtige Kraft an, welche den zufaͤlligen und willkuͤhrlichen Stoff zur Einheit des Begriffes verbindet und die widerſtre¬ benden Atome zwingt, ſich um dieſen zu verſam¬ meln. Eine geiſtige Symmetrie beherrſcht die koͤrperliche, der Blick des Auges, die ausſtrahlende Seele wirkt der aͤußere Bau und die Wohl- oder Mißverhaͤltniſſe unſers Sehorgans. Kann man daher behaupten, daß es blos koͤrperliche Schwin¬ gungen, Winkel und Linien ſind, womit uns das Auge der Schoͤnheit anlaͤchelt, oder iſt es nicht vielmehr das geiſtige Etwas, das ſich durch dieſe Linien und Winkel ſymboliſch verraͤth? Ich beruͤhre hier einen Punkt, um den ſich die deutſche Naturphiloſophie wie um ihr Zentrum dreht. Wenn die Natur nicht eben ſo gut Ver¬ ſtand und Kunſt beſaͤße, als wir Menſchen, wenn

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/213>, abgerufen am 23.11.2024.