geprägten Stempel betrachten, die schöne, die freie, die plastische, die persönliche, die harmoni¬ sche, die rein menschliche; Namen für eine Sache, Strahlen eines Lichts, Blumen auf einem Stän¬ gel; denn nur als Persönlichkeit, nur als freie und schöne Persönlichkeit ist der Mensch ein rei¬ ner Mensch, ein nach allen Kräften seiner Natur durchgearbeitetes Wesen, ein wachendes, handeln¬ des, freudiges Geschöpf, das den schönen Kreis, der seine bewußte Existenz umgibt, nur dann durchbricht, wenn Schlaf, Traum oder Tod es unwillkührlich herbeiführen. Dem träumenden In¬ dier ward das ganze Leben zum Traum und der Traum selber eine Sehnsucht nach dem Austräu¬ men, das heißt nicht nach dem Erwachen, son¬ dern nach Stillstand, Tod, Auflösung.
Vor Traum und Tod, welche die Lebendigen und Wachenden umlauern, fand der Grieche kei¬ nen Schutz, aber er träumte nicht, wenn er wachte und er tödtete sich nicht ab, um dem Tode den Sieg zu verschaffen; ja die Vorstellung des letztern suchte er sich zu verschönern und zu erheitern und statt eines grinsenden Schädels blickte ihn auf Grabmalen der Jüngling mit umgekehrter Fackel an. Die Spanne zwischen Geburt und Grab; die Stunden zwischen Schlaf und Wachen, die nannte er seine Welt, seine Zeit, sein Eigen¬
gepraͤgten Stempel betrachten, die ſchoͤne, die freie, die plaſtiſche, die perſoͤnliche, die harmoni¬ ſche, die rein menſchliche; Namen fuͤr eine Sache, Strahlen eines Lichts, Blumen auf einem Staͤn¬ gel; denn nur als Perſoͤnlichkeit, nur als freie und ſchoͤne Perſoͤnlichkeit iſt der Menſch ein rei¬ ner Menſch, ein nach allen Kraͤften ſeiner Natur durchgearbeitetes Weſen, ein wachendes, handeln¬ des, freudiges Geſchoͤpf, das den ſchoͤnen Kreis, der ſeine bewußte Exiſtenz umgibt, nur dann durchbricht, wenn Schlaf, Traum oder Tod es unwillkuͤhrlich herbeifuͤhren. Dem traͤumenden In¬ dier ward das ganze Leben zum Traum und der Traum ſelber eine Sehnſucht nach dem Austraͤu¬ men, das heißt nicht nach dem Erwachen, ſon¬ dern nach Stillſtand, Tod, Aufloͤſung.
Vor Traum und Tod, welche die Lebendigen und Wachenden umlauern, fand der Grieche kei¬ nen Schutz, aber er traͤumte nicht, wenn er wachte und er toͤdtete ſich nicht ab, um dem Tode den Sieg zu verſchaffen; ja die Vorſtellung des letztern ſuchte er ſich zu verſchoͤnern und zu erheitern und ſtatt eines grinſenden Schaͤdels blickte ihn auf Grabmalen der Juͤngling mit umgekehrter Fackel an. Die Spanne zwiſchen Geburt und Grab; die Stunden zwiſchen Schlaf und Wachen, die nannte er ſeine Welt, ſeine Zeit, ſein Eigen¬
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gepraͤgten Stempel betrachten, die ſchoͤne, die
freie, die plaſtiſche, die perſoͤnliche, die harmoni¬
ſche, die rein menſchliche; Namen fuͤr eine Sache,
Strahlen eines Lichts, Blumen auf einem Staͤn¬
gel; denn nur als Perſoͤnlichkeit, nur als freie
und ſchoͤne Perſoͤnlichkeit iſt der Menſch ein rei¬
ner Menſch, ein nach allen Kraͤften ſeiner Natur
durchgearbeitetes Weſen, ein wachendes, handeln¬
des, freudiges Geſchoͤpf, das den ſchoͤnen Kreis,
der ſeine bewußte Exiſtenz umgibt, nur dann
durchbricht, wenn Schlaf, Traum oder Tod es
unwillkuͤhrlich herbeifuͤhren. Dem traͤumenden In¬
dier ward das ganze Leben zum Traum und der
Traum ſelber eine Sehnſucht nach dem Austraͤu¬
men, das heißt nicht nach dem Erwachen, ſon¬
dern nach Stillſtand, Tod, Aufloͤſung.
Vor Traum und Tod, welche die Lebendigen
und Wachenden umlauern, fand der Grieche kei¬
nen Schutz, aber er traͤumte nicht, wenn er wachte
und er toͤdtete ſich nicht ab, um dem Tode den
Sieg zu verſchaffen; ja die Vorſtellung des letztern
ſuchte er ſich zu verſchoͤnern und zu erheitern und
ſtatt eines grinſenden Schaͤdels blickte ihn auf
Grabmalen der Juͤngling mit umgekehrter Fackel
an. Die Spanne zwiſchen Geburt und Grab;
die Stunden zwiſchen Schlaf und Wachen, die
nannte er ſeine Welt, ſeine Zeit, ſein Eigen¬
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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/119>, abgerufen am 22.11.2024.
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