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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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er jenen altdeutschen Adel nicht anerkennt, daß
er jene altdeutsche, todte Gelehrsamkeit in die Grab¬
gewölbe ägyptischer Pyramiden verwünscht, und
daß er allem altdeutschen Philisterium den Krieg
erklärt und dasselbe bis unter den Zipfel der wohl¬
bekannten Nachtmütze unerbittlich zu verfolgen Wil¬
lens ist.

Dir junges Deutschland widme ich
diese Reden
, flüchtige Ergüsse wechselnder Auf¬
regung, aber alle aus der Sehnsucht des Ge¬
müths nach einem besseren und schöneren Volks¬
leben entsprungen. Ich hielt sie als Vorlesungen
auf einer norddeutschen Akademie, hoffe aber, sie
werden den Geruch der vier Fakultäten nicht mit
sich bringen, der bekanntlich nicht der frischeste
ist. Ich war noch von der Luft da draußen
angeweht und der Sommer 1833 war der erste
und letzte meines Dozirens. Universitätsluft, Hof¬
luft und sonstige schlechte und verdorbene Luftar¬
ten, die sich vom freien und sonnigen Völkertage
absondern, muß man entweder gänzlich vermeiden
oder nur auf kurze Zeit einathmen. Riechflaschen
mit scharfsatirischem Essig, wie ihn z. B. Börne
in Paris destillirt, sind in diesem Fall nicht zu

er jenen altdeutſchen Adel nicht anerkennt, daß
er jene altdeutſche, todte Gelehrſamkeit in die Grab¬
gewoͤlbe aͤgyptiſcher Pyramiden verwuͤnſcht, und
daß er allem altdeutſchen Philiſterium den Krieg
erklaͤrt und daſſelbe bis unter den Zipfel der wohl¬
bekannten Nachtmuͤtze unerbittlich zu verfolgen Wil¬
lens iſt.

Dir junges Deutſchland widme ich
dieſe Reden
, fluͤchtige Erguͤſſe wechſelnder Auf¬
regung, aber alle aus der Sehnſucht des Ge¬
muͤths nach einem beſſeren und ſchoͤneren Volks¬
leben entſprungen. Ich hielt ſie als Vorleſungen
auf einer norddeutſchen Akademie, hoffe aber, ſie
werden den Geruch der vier Fakultaͤten nicht mit
ſich bringen, der bekanntlich nicht der friſcheſte
iſt. Ich war noch von der Luft da draußen
angeweht und der Sommer 1833 war der erſte
und letzte meines Dozirens. Univerſitaͤtsluft, Hof¬
luft und ſonſtige ſchlechte und verdorbene Luftar¬
ten, die ſich vom freien und ſonnigen Voͤlkertage
abſondern, muß man entweder gaͤnzlich vermeiden
oder nur auf kurze Zeit einathmen. Riechflaſchen
mit ſcharfſatiriſchem Eſſig, wie ihn z. B. Boͤrne
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[VI/0010] er jenen altdeutſchen Adel nicht anerkennt, daß er jene altdeutſche, todte Gelehrſamkeit in die Grab¬ gewoͤlbe aͤgyptiſcher Pyramiden verwuͤnſcht, und daß er allem altdeutſchen Philiſterium den Krieg erklaͤrt und daſſelbe bis unter den Zipfel der wohl¬ bekannten Nachtmuͤtze unerbittlich zu verfolgen Wil¬ lens iſt. Dir junges Deutſchland widme ich dieſe Reden, fluͤchtige Erguͤſſe wechſelnder Auf¬ regung, aber alle aus der Sehnſucht des Ge¬ muͤths nach einem beſſeren und ſchoͤneren Volks¬ leben entſprungen. Ich hielt ſie als Vorleſungen auf einer norddeutſchen Akademie, hoffe aber, ſie werden den Geruch der vier Fakultaͤten nicht mit ſich bringen, der bekanntlich nicht der friſcheſte iſt. Ich war noch von der Luft da draußen angeweht und der Sommer 1833 war der erſte und letzte meines Dozirens. Univerſitaͤtsluft, Hof¬ luft und ſonſtige ſchlechte und verdorbene Luftar¬ ten, die ſich vom freien und ſonnigen Voͤlkertage abſondern, muß man entweder gaͤnzlich vermeiden oder nur auf kurze Zeit einathmen. Riechflaſchen mit ſcharfſatiriſchem Eſſig, wie ihn z. B. Boͤrne in Paris deſtillirt, ſind in dieſem Fall nicht zu

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/10>, abgerufen am 28.03.2024.