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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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21.
Gleich einem angeschoßnen Wild,
Und wütend, eine Frau die ihn verschmäht zu lieben,
Hat er, verfolgt von Zoradinens bild,
Schon eine stunde sich im garten umgetrieben:
Der zufall leitet ihn in dieses myrtenrund;
Er glaubt die stimme von Almansaris zu hören,
Und, weil die Grottenthür nur angelehnet stund,
Geht er hinein, sich näher zu belehren.
22.
Der Dämon, der durch seiner Priesterinnen
Gefährlichste des Ritters Treu' bestritt,
Wird schon von fern an seinem Sultansschritt
Almansors nahe ankunft innen.
O hülfe, hülfe! schreyt das schnellgewarnte Weib,
Und wechselt straks mit Hüon's Ihre rolle,
Stellt sich, als kämpfte sie um ihren eignen leib
Mit einem Wütenden, der sie entehren wolle.
23.
Ihr wilder blik, ihr halbzerrissenes gewand,
Ihr fliegend haar, des jungen Gärtners schrecken,
Der von der unversehnen kecken
Beschuldigung wie blizgetroffen stand,
Der ort, wo ihn der Sultan fand,
Kurz, alles schien in ihm den Frefler zu entdecken.
O! Alla sey gelobt, rief die Betrügerin,
Daß ich Almansorn selbst die rettung schuldig bin!
24. Drauf
T
21.
Gleich einem angeſchoßnen Wild,
Und wuͤtend, eine Frau die ihn verſchmaͤht zu lieben,
Hat er, verfolgt von Zoradinens bild,
Schon eine ſtunde ſich im garten umgetrieben:
Der zufall leitet ihn in dieſes myrtenrund;
Er glaubt die ſtimme von Almanſaris zu hoͤren,
Und, weil die Grottenthuͤr nur angelehnet ſtund,
Geht er hinein, ſich naͤher zu belehren.
22.
Der Daͤmon, der durch ſeiner Prieſterinnen
Gefaͤhrlichſte des Ritters Treu' beſtritt,
Wird ſchon von fern an ſeinem Sultansſchritt
Almanſors nahe ankunft innen.
O huͤlfe, huͤlfe! ſchreyt das ſchnellgewarnte Weib,
Und wechſelt ſtraks mit Huͤon's Ihre rolle,
Stellt ſich, als kaͤmpfte ſie um ihren eignen leib
Mit einem Wuͤtenden, der ſie entehren wolle.
23.
Ihr wilder blik, ihr halbzerriſſenes gewand,
Ihr fliegend haar, des jungen Gaͤrtners ſchrecken,
Der von der unverſehnen kecken
Beſchuldigung wie blizgetroffen ſtand,
Der ort, wo ihn der Sultan fand,
Kurz, alles ſchien in ihm den Frefler zu entdecken.
O! Alla ſey gelobt, rief die Betruͤgerin,
Daß ich Almanſorn ſelbſt die rettung ſchuldig bin!
24. Drauf
T
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[0295] 21. Gleich einem angeſchoßnen Wild, Und wuͤtend, eine Frau die ihn verſchmaͤht zu lieben, Hat er, verfolgt von Zoradinens bild, Schon eine ſtunde ſich im garten umgetrieben: Der zufall leitet ihn in dieſes myrtenrund; Er glaubt die ſtimme von Almanſaris zu hoͤren, Und, weil die Grottenthuͤr nur angelehnet ſtund, Geht er hinein, ſich naͤher zu belehren. 22. Der Daͤmon, der durch ſeiner Prieſterinnen Gefaͤhrlichſte des Ritters Treu' beſtritt, Wird ſchon von fern an ſeinem Sultansſchritt Almanſors nahe ankunft innen. O huͤlfe, huͤlfe! ſchreyt das ſchnellgewarnte Weib, Und wechſelt ſtraks mit Huͤon's Ihre rolle, Stellt ſich, als kaͤmpfte ſie um ihren eignen leib Mit einem Wuͤtenden, der ſie entehren wolle. 23. Ihr wilder blik, ihr halbzerriſſenes gewand, Ihr fliegend haar, des jungen Gaͤrtners ſchrecken, Der von der unverſehnen kecken Beſchuldigung wie blizgetroffen ſtand, Der ort, wo ihn der Sultan fand, Kurz, alles ſchien in ihm den Frefler zu entdecken. O! Alla ſey gelobt, rief die Betruͤgerin, Daß ich Almanſorn ſelbſt die rettung ſchuldig bin! 24. Drauf T

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/295>, abgerufen am 24.11.2024.