Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.2. Der junge Herr, des Alten wachsamkeitUnd Mentorblik ein wenig überdrüßig, Ist über diesen dienst des zufalls sehr erfreut Und ungesäumt ihn zu benutzen schlüßig. Freund, spricht er, jahr und tag geht noch vielleicht dahin, Eh mirs gelegen ist mich in Paris zu zeigen; Du weist daß ich vorerst nach Rom versprochen bin, Und dieser pflicht muß jede andre schweigen. 3. Indessen liegt mir ob, den Kayser sehn zu lassen,Daß ich mein wort erfüllt. Du bist mein lehensmann, Vollbringe du für mich, was ich nicht selber kann, Besteige flugs die eine der pinassen, Die nach Marseille steurt; dann eile sonder rast Nach hof, und übergieb, den Kayser zu versöhnen, Dies kästchen mit des Sultans bart und zähnen, Und sag ihm an, was du gesehen hast: 4. Und daß, sobald ich erst des heilgen Vaters segenZu Rom geholt, mich nichts verhindern soll, Die Sultanstochter auch zu füßen ihm zu legen. Fahr wohl, mein alter freund! der wind bläßt stark und voll, Die anker werden schon gelichtet, Glük auf die reis', und, hast du mein geschäft verrichtet, So komm und suche mich zu Rom im Lateran; Wer weiß, wir langen dort vielleicht zusammen an. 5. Der
2. Der junge Herr, des Alten wachſamkeitUnd Mentorblik ein wenig uͤberdruͤßig, Iſt uͤber dieſen dienſt des zufalls ſehr erfreut Und ungeſaͤumt ihn zu benutzen ſchluͤßig. Freund, ſpricht er, jahr und tag geht noch vielleicht dahin, Eh mirs gelegen iſt mich in Paris zu zeigen; Du weiſt daß ich vorerſt nach Rom verſprochen bin, Und dieſer pflicht muß jede andre ſchweigen. 3. Indeſſen liegt mir ob, den Kayſer ſehn zu laſſen,Daß ich mein wort erfuͤllt. Du biſt mein lehensmann, Vollbringe du fuͤr mich, was ich nicht ſelber kann, Beſteige flugs die eine der pinaſſen, Die nach Marſeille ſteurt; dann eile ſonder raſt Nach hof, und uͤbergieb, den Kayſer zu verſoͤhnen, Dies kaͤſtchen mit des Sultans bart und zaͤhnen, Und ſag ihm an, was du geſehen haſt: 4. Und daß, ſobald ich erſt des heilgen Vaters ſegenZu Rom geholt, mich nichts verhindern ſoll, Die Sultanstochter auch zu fuͤßen ihm zu legen. Fahr wohl, mein alter freund! der wind blaͤßt ſtark und voll, Die anker werden ſchon gelichtet, Gluͤk auf die reiſ', und, haſt du mein geſchaͤft verrichtet, So komm und ſuche mich zu Rom im Lateran; Wer weiß, wir langen dort vielleicht zuſammen an. 5. Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0164"/> <lg n="2"> <head> <hi rendition="#c">2.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>er junge Herr, des Alten wachſamkeit</l><lb/> <l>Und Mentorblik ein wenig uͤberdruͤßig,</l><lb/> <l>Iſt uͤber dieſen dienſt des zufalls ſehr erfreut</l><lb/> <l>Und ungeſaͤumt ihn zu benutzen ſchluͤßig.</l><lb/> <l>Freund, ſpricht er, jahr und tag geht noch vielleicht dahin,</l><lb/> <l>Eh mirs gelegen iſt mich in Paris zu zeigen;</l><lb/> <l>Du weiſt daß ich vorerſt nach Rom verſprochen bin,</l><lb/> <l>Und dieſer pflicht muß jede andre ſchweigen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head> <hi rendition="#c">3.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">I</hi>ndeſſen liegt mir ob, den Kayſer ſehn zu laſſen,</l><lb/> <l>Daß ich mein wort erfuͤllt. Du biſt mein lehensmann,</l><lb/> <l>Vollbringe du fuͤr mich, was ich nicht ſelber kann,</l><lb/> <l>Beſteige flugs die eine der pinaſſen,</l><lb/> <l>Die nach Marſeille ſteurt; dann eile ſonder raſt</l><lb/> <l>Nach hof, und uͤbergieb, den Kayſer zu verſoͤhnen,</l><lb/> <l>Dies kaͤſtchen mit des Sultans bart und zaͤhnen,</l><lb/> <l>Und ſag ihm an, was du geſehen haſt:</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <head> <hi rendition="#c">4.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">U</hi>nd daß, ſobald ich erſt des heilgen Vaters ſegen</l><lb/> <l>Zu Rom geholt, mich nichts verhindern ſoll,</l><lb/> <l>Die Sultanstochter auch zu fuͤßen ihm zu legen.</l><lb/> <l>Fahr wohl, mein alter freund! der wind blaͤßt ſtark und voll,</l><lb/> <l>Die anker werden ſchon gelichtet,</l><lb/> <l>Gluͤk auf die reiſ', und, haſt du mein geſchaͤft verrichtet,</l><lb/> <l>So komm und ſuche mich zu Rom im Lateran;</l><lb/> <l>Wer weiß, wir langen dort vielleicht zuſammen an.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">5. Der</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0164]
2.
Der junge Herr, des Alten wachſamkeit
Und Mentorblik ein wenig uͤberdruͤßig,
Iſt uͤber dieſen dienſt des zufalls ſehr erfreut
Und ungeſaͤumt ihn zu benutzen ſchluͤßig.
Freund, ſpricht er, jahr und tag geht noch vielleicht dahin,
Eh mirs gelegen iſt mich in Paris zu zeigen;
Du weiſt daß ich vorerſt nach Rom verſprochen bin,
Und dieſer pflicht muß jede andre ſchweigen.
3.
Indeſſen liegt mir ob, den Kayſer ſehn zu laſſen,
Daß ich mein wort erfuͤllt. Du biſt mein lehensmann,
Vollbringe du fuͤr mich, was ich nicht ſelber kann,
Beſteige flugs die eine der pinaſſen,
Die nach Marſeille ſteurt; dann eile ſonder raſt
Nach hof, und uͤbergieb, den Kayſer zu verſoͤhnen,
Dies kaͤſtchen mit des Sultans bart und zaͤhnen,
Und ſag ihm an, was du geſehen haſt:
4.
Und daß, ſobald ich erſt des heilgen Vaters ſegen
Zu Rom geholt, mich nichts verhindern ſoll,
Die Sultanstochter auch zu fuͤßen ihm zu legen.
Fahr wohl, mein alter freund! der wind blaͤßt ſtark und voll,
Die anker werden ſchon gelichtet,
Gluͤk auf die reiſ', und, haſt du mein geſchaͤft verrichtet,
So komm und ſuche mich zu Rom im Lateran;
Wer weiß, wir langen dort vielleicht zuſammen an.
5. Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |