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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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42.
So seyd ihr, sprach Rosett', indem sie seinem kuß
Sanftsträubend sich entzog, so seyd ihr männer alle!
Erst lokt ihr uns so schmeichelnd in die falle,
Und habt ihr uns, macht ruhiger genuß
Statt frischem blut bey euch nur böse galle.
Weh dann der armen frau, die euch befried'gen muß!
Das flämmchen selbst, das ihr so eifrig angeblasen,
Giebt euch zum argwohn stoff, und macht euch heimlich rasen.
43.
Der gute Mann, den sehr zur ungelegnen zeit
Sein hüftweh überfällt, weiß seinem armen leibe
Sonst keinen rath, als dem getreuen weibe
Betheurungen zu thun von seiner zärtlichkeit,
Und daß der schatten nur von argwohn himmelweit
Von seinem herzen sey und bleibe.
Somit bestätigt dann der neue friedensschluß
Von beyden theilen sich mit einem süßen kuß.
44.
Das wakre Ehpaar sank, aus leerheit oder fülle
Des herzens, wie ihr wollt, in eine tiefe stille.
Rosette seufzt. Der Alte fragt, warum?
Nichts, sagt sie wiederseufzend, und bleibt stumm.
Er dringt in sie. "Sey unbesorgt, mein Lieber,
Es ist nur ein gelust und geht vielleicht vorüber." --
Was sagst du, ein gelust? Wie glüklich machtest du
Mein alter noch! -- Sie schweigt und seufzt noch eins dazu.
45. Da
K 2
42.
So ſeyd ihr, ſprach Roſett', indem ſie ſeinem kuß
Sanftſtraͤubend ſich entzog, ſo ſeyd ihr maͤnner alle!
Erſt lokt ihr uns ſo ſchmeichelnd in die falle,
Und habt ihr uns, macht ruhiger genuß
Statt friſchem blut bey euch nur boͤſe galle.
Weh dann der armen frau, die euch befried'gen muß!
Das flaͤmmchen ſelbſt, das ihr ſo eifrig angeblaſen,
Giebt euch zum argwohn ſtoff, und macht euch heimlich raſen.
43.
Der gute Mann, den ſehr zur ungelegnen zeit
Sein huͤftweh uͤberfaͤllt, weiß ſeinem armen leibe
Sonſt keinen rath, als dem getreuen weibe
Betheurungen zu thun von ſeiner zaͤrtlichkeit,
Und daß der ſchatten nur von argwohn himmelweit
Von ſeinem herzen ſey und bleibe.
Somit beſtaͤtigt dann der neue friedensſchluß
Von beyden theilen ſich mit einem ſuͤßen kuß.
44.
Das wakre Ehpaar ſank, aus leerheit oder fuͤlle
Des herzens, wie ihr wollt, in eine tiefe ſtille.
Roſette ſeufzt. Der Alte fragt, warum?
Nichts, ſagt ſie wiederſeufzend, und bleibt ſtumm.
Er dringt in ſie. „Sey unbeſorgt, mein Lieber,
Es iſt nur ein geluſt und geht vielleicht voruͤber.“ —
Was ſagſt du, ein geluſt? Wie gluͤklich machteſt du
Mein alter noch! — Sie ſchweigt und ſeufzt noch eins dazu.
45. Da
K 2
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[0153] 42. So ſeyd ihr, ſprach Roſett', indem ſie ſeinem kuß Sanftſtraͤubend ſich entzog, ſo ſeyd ihr maͤnner alle! Erſt lokt ihr uns ſo ſchmeichelnd in die falle, Und habt ihr uns, macht ruhiger genuß Statt friſchem blut bey euch nur boͤſe galle. Weh dann der armen frau, die euch befried'gen muß! Das flaͤmmchen ſelbſt, das ihr ſo eifrig angeblaſen, Giebt euch zum argwohn ſtoff, und macht euch heimlich raſen. 43. Der gute Mann, den ſehr zur ungelegnen zeit Sein huͤftweh uͤberfaͤllt, weiß ſeinem armen leibe Sonſt keinen rath, als dem getreuen weibe Betheurungen zu thun von ſeiner zaͤrtlichkeit, Und daß der ſchatten nur von argwohn himmelweit Von ſeinem herzen ſey und bleibe. Somit beſtaͤtigt dann der neue friedensſchluß Von beyden theilen ſich mit einem ſuͤßen kuß. 44. Das wakre Ehpaar ſank, aus leerheit oder fuͤlle Des herzens, wie ihr wollt, in eine tiefe ſtille. Roſette ſeufzt. Der Alte fragt, warum? Nichts, ſagt ſie wiederſeufzend, und bleibt ſtumm. Er dringt in ſie. „Sey unbeſorgt, mein Lieber, Es iſt nur ein geluſt und geht vielleicht voruͤber.“ — Was ſagſt du, ein geluſt? Wie gluͤklich machteſt du Mein alter noch! — Sie ſchweigt und ſeufzt noch eins dazu. 45. Da K 2

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/153>, abgerufen am 27.11.2024.