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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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9.
Indeß verdoppelt er auf andre art die proben
Von seiner zärtlichkeit, beschenkt sie täglich schier
Mit neuem modekram, mit spitzen, schönen roben,
Juwelen, allem was er ihr
An augen ansehn kann. Es koste was es wolle,
Was ihr vergnügen macht, das ist für ihn genuß;
Er fodert nichts dafür als höchstens einen kuß,
Mit Einem wort, er spielt die alten mannes rolle.
10.
Rosette, jugendlich vergnügt mit ihrem loos,
Spart auch dagegen nichts den Alten zu vergnügen
Nach seiner art; sezt sich auf seinen schoos
So viel er will, und läßt auf seinem knie sich wiegen,
Läßt aus gefälligkeit ihn tändeln wie er kann,
Pflegt seiner, liebevoll, in seinem unvermögen,
Und, wandelt ihn, wie oft, die schlafsucht an,
Darf er sein schweres haupt auf ihren busen legen.
11.
So lebten sie in eintracht manches jahr
Zusammen, keusch und treu wie fromme turteltauben,
So treuergeben sie, und er so voller glauben,
Daß jedermann dadurch erbauet war.
Der gute alte mann vergaß bey ihren scherzen
Sein podagra und seine rückenschmerzen,
Und seinetwegen blos beklagt in ihrem herzen
Die junge frau sein zehntes stufenjahr.
12. Allein,
9.
Indeß verdoppelt er auf andre art die proben
Von ſeiner zaͤrtlichkeit, beſchenkt ſie taͤglich ſchier
Mit neuem modekram, mit ſpitzen, ſchoͤnen roben,
Juwelen, allem was er ihr
An augen anſehn kann. Es koſte was es wolle,
Was ihr vergnuͤgen macht, das iſt fuͤr ihn genuß;
Er fodert nichts dafuͤr als hoͤchſtens einen kuß,
Mit Einem wort, er ſpielt die alten mannes rolle.
10.
Roſette, jugendlich vergnuͤgt mit ihrem loos,
Spart auch dagegen nichts den Alten zu vergnuͤgen
Nach ſeiner art; ſezt ſich auf ſeinen ſchoos
So viel er will, und laͤßt auf ſeinem knie ſich wiegen,
Laͤßt aus gefaͤlligkeit ihn taͤndeln wie er kann,
Pflegt ſeiner, liebevoll, in ſeinem unvermoͤgen,
Und, wandelt ihn, wie oft, die ſchlafſucht an,
Darf er ſein ſchweres haupt auf ihren buſen legen.
11.
So lebten ſie in eintracht manches jahr
Zuſammen, keuſch und treu wie fromme turteltauben,
So treuergeben ſie, und er ſo voller glauben,
Daß jedermann dadurch erbauet war.
Der gute alte mann vergaß bey ihren ſcherzen
Sein podagra und ſeine ruͤckenſchmerzen,
Und ſeinetwegen blos beklagt in ihrem herzen
Die junge frau ſein zehntes ſtufenjahr.
12. Allein,
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[0142] 9. Indeß verdoppelt er auf andre art die proben Von ſeiner zaͤrtlichkeit, beſchenkt ſie taͤglich ſchier Mit neuem modekram, mit ſpitzen, ſchoͤnen roben, Juwelen, allem was er ihr An augen anſehn kann. Es koſte was es wolle, Was ihr vergnuͤgen macht, das iſt fuͤr ihn genuß; Er fodert nichts dafuͤr als hoͤchſtens einen kuß, Mit Einem wort, er ſpielt die alten mannes rolle. 10. Roſette, jugendlich vergnuͤgt mit ihrem loos, Spart auch dagegen nichts den Alten zu vergnuͤgen Nach ſeiner art; ſezt ſich auf ſeinen ſchoos So viel er will, und laͤßt auf ſeinem knie ſich wiegen, Laͤßt aus gefaͤlligkeit ihn taͤndeln wie er kann, Pflegt ſeiner, liebevoll, in ſeinem unvermoͤgen, Und, wandelt ihn, wie oft, die ſchlafſucht an, Darf er ſein ſchweres haupt auf ihren buſen legen. 11. So lebten ſie in eintracht manches jahr Zuſammen, keuſch und treu wie fromme turteltauben, So treuergeben ſie, und er ſo voller glauben, Daß jedermann dadurch erbauet war. Der gute alte mann vergaß bey ihren ſcherzen Sein podagra und ſeine ruͤckenſchmerzen, Und ſeinetwegen blos beklagt in ihrem herzen Die junge frau ſein zehntes ſtufenjahr. 12. Allein,

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/142>, abgerufen am 28.11.2024.