Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767.Achtes Buch, drittes Capitel. zu der üppigen Schönheit einer Bacchantin herab --der Wuth eines Wein-trieffenden Satyrs würdiger als der zärtlichen Entzükungen, welcher er sich izt schämte; in einer unverzeyhlichen Bethörung seiner Seele, an sie ver- schwendet zu haben. Ohne Zweifel werden unsre tugendhafte Leserinnen, Danae mag wegen ihrer Schwachheit gegen unsern physi-
Achtes Buch, drittes Capitel. zu der uͤppigen Schoͤnheit einer Bacchantin herab —der Wuth eines Wein-trieffenden Satyrs wuͤrdiger als der zaͤrtlichen Entzuͤkungen, welcher er ſich izt ſchaͤmte; in einer unverzeyhlichen Bethoͤrung ſeiner Seele, an ſie ver- ſchwendet zu haben. Ohne Zweifel werden unſre tugendhafte Leſerinnen, Danae mag wegen ihrer Schwachheit gegen unſern phyſi-
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Achtes Buch, drittes Capitel.
zu der uͤppigen Schoͤnheit einer Bacchantin herab —
der Wuth eines Wein-trieffenden Satyrs wuͤrdiger als der
zaͤrtlichen Entzuͤkungen, welcher er ſich izt ſchaͤmte; in
einer unverzeyhlichen Bethoͤrung ſeiner Seele, an ſie ver-
ſchwendet zu haben.
Ohne Zweifel werden unſre tugendhafte Leſerinnen,
welche den Fall unſers Helden nicht ohne gerechten Un-
willen gegen die feine Buhler-Kuͤnſte der ſchoͤnen Danae
betraurt haben, von Herzen erfreut ſeyn, die Ehre der
Tugend, und gewiſſer maſſen das Jntereſſe ihres ganzen
Geſchlechts an dieſer Verfuͤhrerin gerochen zu ſehen.
Wir nehmen ſelbſt vielen Antheil an dieſer ihrer Freude;
aber wir koͤnnen uns doch, mit ihrer Erlaubniß nicht
entbrechen zu ſagen, daß Agathon in der Vergleichung
zwiſchen Danae und Pſyche eine Strenge bewies, welche
wir nicht allerdings billigen koͤnnen, ſo gerne wir ihn
auch von einer Leidenſchaft zuruͤkkommen ſehen, deren
laͤngere Dauer uns in die Unmoͤglichkeit geſezt haͤtte,
dieſen zweyten Theil ſeiner Geſchichte zu liefern.
Danae mag wegen ihrer Schwachheit gegen unſern
Helden ſo tadelnswuͤrdig ſeyn, als man will, ſo war
es doch offenbar unbillig, ſie zu verurtheilen, weil ſie
keine Pſyche war; oder, um beſtimmter zu reden, weil
ſie in aͤhnlichen Umſtaͤnden ſich nicht vollkommen ſo wie
Pſyche betragen hatte. Wenn Pſyche unſchnldiger ge-
weſen war, ſo war es weniger ein Verdienſt, als ein
phyſi-
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